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vom 31.05.2019, aktuelle Version,

Walter Ferber

Walter Ferber (* 24. Dezember 1907 in Gelsenkirchen; † 13. April 1996 in Lungern) war ein deutscher Publizist und Journalist. Er setzte sich für einen christlich geprägten Föderalismus ein und engagierte sich nach dem Zweiten Weltkrieg erfolglos für den Wiederaufbau der Zentrumspartei. Unter „Föderalismus“ verstand Ferber ein durchgängiges Sozialprinzip, das für alle Bereiche des menschlichen Gemeinschaftslebens Geltung beanspruche.[1]

Leben und Werk

Der als neuntes von 14 Kindern einer Bergarbeiter­familie in Erle geborene Ferber besuchte von 1914 bis 1924 die Volksschule und ein Progymnasium, das er verließ, um eine kaufmännische Lehre zu beginnen. Er schloss sich dem „Ruhrkaplan“ Carl Klinkhammer an und trat seit 1925/26 auf Parteiversammlungen des Zentrums auf. Nach der Lehre begab er sich auf Wanderschaft und arbeitete unter anderem in einer Kugellager­fabrik in Schweinfurt und bildete sich autodidaktisch in Geschichte, Soziologie und Politikwissenschaft weiter.

1932 emigrierte Ferber nach Österreich, wo er in Wien als Feuilleton­redakteur der christlichen Gewerkschaftszeitung Die neue Zeitung unter Eugen Kogon arbeitete. Aufgrund von Differenzen über die politische Ausrichtung der Zeitung schied Ferber aus der Redaktion aus und lebte als freier Publizist. Er veröffentlichte regelmäßig in der Wochenzeitschrift Der christliche Ständestaat unter Dietrich von Hildebrand und war Mitglied der Studienrunde katholischer Soziologen unter der Leitung von Ernst Karl Winter.

Beim Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich am 11. März 1938 sollte Ferber in Schutzhaft genommen werden. Er floh, aber es gelang ihm nicht mehr, über die tschechoslowakische Grenze zu kommen. Zurück in Wien wurde er festgenommen und in das KZ Dachau verbracht. Am 27. September 1939 wurde Ferber in das KZ Flossenbürg überstellt, von wo er am 2. März 1940 nach Dachau zurückgebracht wurde. In Dachau war er im „Österreicherblock“ unter anderem gemeinsam mit Leopold Figl, Alfons Gorbach, Alfred Maleta und Viktor Matejka untergebracht.

Am 24. Oktober 1942 wurde Ferber aus dem KZ Dachau entlassen und zu einer Bewährungseinheit der deutschen Wehrmacht überstellt. Auf dem Transport nach Nordafrika, wo diese Einheit zur Minenräumung eingesetzt werden sollte, gelang Ferber bei Héricourt in Frankreich im November 1942 die Flucht in die Schweiz. Nachdem er einige Zeit interniert war, kam er nach Fribourg, wo er die Neugründung der Zentrumspartei vorbereitete. Über seine Zeit im Konzentrationslager veröffentlichte er 1945 unter dem Pseudonym Walter Feuerbach den Bericht 55 Monate Dachau.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Ferber zunächst erster Chefredakteur der neuen stark katholisch geprägten Monatszeitschrift Neues Abendland in München bzw. in Augsburg, wo er mit dem Verleger Johann Wilhelm Naumann im selben Haus wohnte.[2] Daneben nahm er einen Lehrauftrag für Politologie an der Theologischen Hochschule in Dillingen an der Donau wahr. Im Sommer 1946 zog er in die französische Besatzungszone, wo er hoffte, eine föderalistische Zeitung redigieren zu können. Auf Grund der restriktiven Papierzuteilung kam dieses Projekt nicht zu Stande. Ferber fand Anstellung bei der Schwarzwälder Post. Ab 1948 bis 1950 gab er die von ihm gegründeten Föderalistischen Hefte heraus. Von 1950 bis 1953 arbeitete er als freier Publizist in Deutschland. Ferber scheiterte jedoch mit seinem Ziel, zuletzt 1955 mit der Gründung des Bundes entschiedener Föderalisten, eine föderalistische Partei zu etablieren, da sich in der Bundesrepublik Deutschland CDU und SPD durchsetzten und die Zentrumspartei weitgehend in der CDU aufging.

1953 zog Ferber mit Frau und Kindern von Singen nach Luzern in die Schweiz. Er war seit 1947 mit einer Schweizerin verheiratet. Hier konzentrierte er sich auf sein publizistisches Werk. Unter anderem veröffentlichte er Die Vorgeschichte der NSDAP in Österreich, bei dem er den Nationalsozialismus als ein Phänomen beschrieb, das von Deutschland nach Österreich exportiert worden sei. Von 1957 an lebte er in Sachseln.[3][4] Sein Sohn Rafael Ferber war Professor für Philosophie, sein Sohn Christoph Ferber ist ein Übersetzer und Literaturwissenschaftler.

Schriften

  • als Walter Feuerbach: 55 Monate Dachau. Ein Tatsachenbericht. 2. Auflage. Rex-Verlag, Luzern 1945.
  • Hedwig Dransfeld (1871–1925). Essen 1927.
  • Grosspreussen oder Deutscher Bund? Ein Beitrag zur Umerziehung der deutschen Katholiken. Paulusdruckerei, Freiburg [i.Üe.] 1945.
  • Der Föderalismus. 1. Auflage. Naumann, Augsburg 1946.
  • Die Vorgeschichte der N. S. D. A. P. in Österreich. Ein Beitrag zur Geschichtsrevision. Merk, Konstanz 1954.
  • Geist und Politik in Österreich. Die Intelligenz und der Nationalsozialismus vor dem Anschluß. Merk, Konstanz 1955.
  • Kleine Geschichte der katholischen Bewegung. Echter-Verl, Würzburg 1959.
  • Ludwig Windthorst. Der große deutsche Katholikenführer. 1. Auflage. Winfried-Werk, Augsburg 1962.
  • Deutsche Reformkatholiken. [W. Ferber], [Sachseln] 1980.
  • Walter Ferber, Barbara Distel und Reinhard Bockhofer: 55 Monate Dachau. Ein Tatsachenbericht. Donat, Bremen 1993, ISBN 3-924444-28-5.
  • Walter Ferber: Föderalistische Hefte. 1948–1950; eine Auswahl. 1. Auflage. Nomos-Verl.-Ges, Baden-Baden 1996, ISBN 3-7890-4549-7.

Literatur

  • Rafael Ferber: Aufrechter Gang. Leben und Werk des Föderalismustheoretikers Walter Ferber (1907–1996). In: Schweizer Monatshefte 77, H. 5. (1997), S. 31–34. doi:10.5169/seals-165747
  • Jürgen Klöckler: Abendland – Alpenland – Alemannien: Frankreich und die Neugliederungsdiskussion in Südwestdeutschland 1945–1947. Oldenbourg, München 1998, ISBN 3-486-56345-9.

Einzelnachweise

  1. Undine Ruge: Die Erfindung des „Europa der Regionen“. Kritische Ideengeschichte eines konservativen Konzepts. Campus, Frankfurt/Main 2003, S. 159.
  2. Jürgen Klöckler: Abendland – Alpenland – Alemannien: Frankreich und die Neugliederungsdiskussion in Südwestdeutschland. Oldenbourg, München 1998, S. 90 ff.
  3. Reinhard Bockhofer: Walter Ferber – ein deutscher Föderalist und Demokrat. In: Walter Ferber: 55 Jahre Dachau. Ein Tatsachenbericht. Donat Verlag, Bremen 1993, S. 63–81, ISBN 3-924444-28-5. (Hier: S. 71.)
  4. Johannes Ch. Traut: Nachruf auf Walter Ferber (1907–1996), S. 82. (PDF) (Memento vom 16. August 2014 im Internet Archive)