Bahr, Hermann#
* 19. 7. 1863, Linz
† 15. 1. 1934, München
Dichter, Essayist, Kritiker
Hermann Bahr wurde am 19. Juli 1863 in Linz als Sohn des Rechtsanwalts, Notars und Landtagsabgeordneten Alois Bahr und seiner Frau Wilhelmine, geb. Weidlich, geboren.
Bahr besuchte die Volksschule in Linz und anschließend, das Benediktiner-Gymnasium in Salzburg. Dieses beendete er 1881 mit einer Abschlussrede zum Thema „Der Wert der Arbeit“, die über die Grenzen Salzburgs für Turbulenzen sorgte.
Ab 1881 studierte Bahr in Wien, Graz, Czernowitz und Berlin Nationalökonomie, Rechtswissenschaften, Altphilologie und Philosophie. Bahr wurde Mitglied der deutschnationalen Burschenschaft Albia. Er wurde von seinem Onkel Robiscek in die Gesellschaft des Café Scheidl eingeführt, lernte Georg von Schönerer, den Führer der Deutschnationalen kennen und wurde auch aktives Mitglied der 'Alldeutschen Bewegung'.
Wegen einer Trauerrede auf Richard Wagner wurde Bahr von der Universität Wien ausgeschlossen und die Immatrikulation 1883 an der Universität Graz wurde ihm aufgrund seines Antisemitismus verwehrt, schließlich aber konnte Bahr in Czernowitz weiterstudieren.
Im März 1884 musste Bahr wegen erneut antiösterreichischer und antisemitischer Reden auch diese Universität verlassen, worauf er Österreich zunächst den Rücken kehrte und sich von 1884 bis 1887 in Berlin aufhielt und an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin einschrieb, wo er Nationalökonomie bei Adolf Wagner und Gustav von Schmoller hörte, aber auch Vorlesungen über Philosophie, Geschichte, Literatur und Kunstgeschichte besuchte. In Berlin entstanden auch erste Werke, u. a. das Drama "Die neuen Menschen (1887)".
1887 verließ Bahr Berlin, allerdings ohne Studienabschluss, leistete zunächst ein Freiwilligenjahr beim 84. Linzer Regiment in Wien ab und studierte danach in Paris, wo er die Werke Baudelaires, Barrès und Maeterlincks kennenlernte und Essaybände (u.a. "Zur Kritik der Moderne", 1890 und "Die Überwindung des Naturalismus", 1891) verfasste, die als Programmschriften des Impressionismus galten. Zu dieser Zeit entstand auch sein erster Roman "Die gute Schule. Seelenzustände" (1890).
Bahr übersiedelte nach Berlin, arbeitete dort u.a. für die Zeitschrift "Freie Bühne", kehrte 1891 nach Wien zurück, wo er bis 1899 als Kulturredakteur für die Zeitschrift "Die Zeit" tätig war.
1895 bis 1909 war Bahr mit der Schauspielerin Rosa Jokl, ab 1909 mit der Opernsängerin Anna Mildenburg verheiratet. 1912 übersiedelte das Paar nach Salzburg, 1922 weiter nach München.
Max Reinhardt berief Bahr 1906/07 als Regisseur an das Deutsche Theater in Berlin, 1918 arbeitete er als erster Dramaturg am Wiener Burgtheater, später wurde er Lektor des S. Fischer-Verlages und schloss Bekanntschaft mit Arno Hol, einem deutschen Dramatiker.
Bahr zählte zu den vielseitigsten und einflussreichsten Persönlichkeiten im Kulturleben Wiens um 1900. Von größter Bedeutung für die Entwicklung der Künste in Österreich sind seine kritischen, essayistischen und organisatorischen Leistungen als "Bahnbrecher der Moderne" in der Vermittlung europäischer Kunsttendenzen und der Unterstützung neuer Autoren ("Jung-Wien"). Zudem war er ein engagierter Förderer der Wiener Secession.
Bahrs künstlerisches Schaffen im engeren Sinne erreichte nicht den Rang seiner kritischen Schriften und ist heute großteils vergessen. Als Dramatiker war Bahr allerdings einer der meistgespielten Wiener Autoren seiner Zeit. Nach epigonalen Anfängen erhob er den Publikumserfolg zum obersten Gebot und schuf rund vierzig Theaterstücke von großer Bühnenwirksamkeit, oft jedoch ohne ausgewogene Charakterzeichnung und Handlungsstruktur. Die meisten Stücke sind Komödien, die zum Teil an die Wiener Volkstück- und Lustspieltradition anknüpfen.
In acht Romanen, in formaler und thematischer Hinsicht eher konventionell, verarbeitete Hermann Bahr Erfahrungen im Theatermilieu bzw. gestaltete sein persönliches Österreichbild in einem unvollendeten Roman-Zyklus zur österreichischen Vor- und Nachkriegszeit (Die Himmelfahrt, 1916; Die Rotte Korahs, 1919, u. a.).
"Der zürnend-liebende" Sohn Österreichs hat die Ungereimtheiten Spätkakaniens wie nur wenige sowohl verkörpert als auch beschrieben" (William M. Johnston)
Hermann Bahr starb am 15. Januar 1934 in München.
Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#
- Er ist gemeinsam mit seiner Gattin auf dem Salzburger Kommunalfriedhof Salzburger Kommunalfriedhof in einem Ehrengrab bestattet.
- Eine Gedenktafel befindet sich auf der nach ihm benannten (von Josef Maria Olbrich gebauten) Villa, Wien 13., Winzerstr. 22. 1130 Winzerstraße 22
- Im Theatermuseum im Bundestheaterverband, Wien 1, Hanuschg. 3, 1010 Hanuschgasse 3 ist für ihn und seine Gattin ein Gedenkraum eingerichtet .
- Im 21. Bezirk ist ihm eine Straße gewidmet. 1210 Hermann-Bahr-Straße
Werke (Auswahl)#
(Das Gesamtwerk umfasst annähernd 150 Titel)
Prosa
- Die gute Schule. Seelenstände, 1890
- Fin de siècle, 1891
- Symbolisten, 1894
- Theater, 1897
- Wien, 1907
- Die Rahl, 1908
- Drut, 1909
- O Mensch, 1910
- Austriaca, 1911
- Himmelfahrt, 1916
- Schwarzgelb, 1917
- Die Rotte Korahs, 1919
- Österreich in Ewigkeit, 1929
Dramen
- Die neuen Menschen, 1887
- Die Mutter, 1891
- Das Tschaperl, 1897
- Der Querulant, 1914
Lustspiele
- Wienerinnen, 1900
- Der Franzl, 1900
- Der Krampus, 1902
- Der Meister, 1904
- Ringelspiel, 1907
- Das Konzert, 1909
- Die Kinder, 1911
- Das Prinzip, 1912
Essays:
- Zur Kritik der Moderne,1890
- Die Überwindung des Naturalismus, 1891
- Expressionismus, 1916
- Tagebücher, Skizzenbücher und Notizhefte (5 Bände, herausgegeben von M. Csáky, 1994ff.)
Literatur#
- A. Schnitzler, H. Bahr
- D. G. Daviau, Der Mann von Übermorgen, 1984
- R. Farkas, H. Bahr, 1989
- M. Meier, Prometheus und Pandora. "Persönlicher Mythos" als Schlüssel zum Werk von H. Bahr (1863-1934), 1997
Sonderpostmarke anl. des 100. Geburtstag von Hermann Bahr (Briefmarken)
Historische Bilder zu Hermann Bahr (IMAGNO)
Quellen#
- AEIOU
- Österreichisches Literaturarchiv / Sichtungen online
- F. Czeike Historisches Lexikon Wien
Redaktion: I. Schinnerl