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Coudenhove-Kalergi, Barbara#

* 15. 1. 1932, Prag


Journalistin und ORF-Kommentatorin

Coudenhove
Barbara Coudenhove-Kalergi
Foto: Wikipedia
Barbara Coudenhove-Kalergi stammt aus einer großen, kosmopolitischen Adelsfamilie, die unter anderem in Böhmen ansässig war. Barbara Coudenhove-Kalergis Großvater Heinrich von Coudenhove-Kalergi (1859–1906), k.u.k. Diplomat und Verfasser des bahnbrechenden Werks "Antisemitismus", war mit der Japanerin Mitsuko Aoyama (1874–1941) verheiratet. Die beiden hatten sieben Kinder (Hans, Richard, Gerolf, Elisabeth, genannt Elsa, Olga, Ida und Karl Heinrich, genannt Ery). Barbara Coudenhove-Kalergi hat ihre Großmutter väterlicherseits nicht kennengelernt, obwohl sie in Mödling bei Wien lebte und erst starb, als Barbara neun Jahre alt war. Barbaras anderer Großvater war Hans Graf Pálffy aus der ungarischen Adelsfamilie, die in Südböhmen das Gut Breznitz erworben hatte, auf dem Barbara einige Sommer ihrer Kindheit verbrachte.

Barbaras Vater war der Jurist und Japanologe Gerolf Coudenhove-Kalergi (1896–1978), ihre Mutter war Sophie Pálffy. Ein Bruder des Vaters war Richard Coudenhove-Kalergi, der Gründer der Paneuropa-Bewegung. Obwohl der Adel in der Tschechoslowakischen Republik seit Dezember 1918 abgeschafft war, gehörten Barbaras Eltern in Prag auch danach dem deutschsprachigen böhmischen Adel an, einer eher geschlossenen Gesellschaft, die auch zur deutschen bürgerlichen Gesellschaft kaum Kontakt hielt. Ein weiterer Onkel war Johann Graf Coudenhove-Kalergi, Autor des Menschenfresser-Romans „Ich fraß die weiße Chinesin“, 1967 unter dem Pseudonym Duca di Centigloria posthum veröffentlicht. Ihre Brüder sind Hans Heinrich (* 1927), Jakob (* 1928) und der sechs Jahre nach ihr geborene Maler Michael (1937–2018).

Die Familie Coudenhove-Kalergi bekannte sich auf Grund ihrer Muttersprache 1939 zum Deutschtum, ohne in ihren Reihen Nationalsozialisten oder Widerstandskämpfer zu haben; Gerolf Coudenhove-Kalergi arbeitete kurze Zeit als Übersetzer für Reichsprotektor Konstantin von Neurath. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 wurde die Familie Coudenhove-Kalergi auf Basis der Beneš-Dekrete enteignet, verlor ihren Besitz in Ronsperg (Poběžovice) in Westböhmen. Der Familie wurde - wie vielen anderen Prager Deutschen - von der tschechischen Polizei nahegelegt, sich Richtung Bayern abziehenden deutschen Truppenteilen anzuschließen. Die Familie floh in die Steiermark.

Im Wintersemester 1951 begann Coudenhove-Kalergi ein Studium am Dolmetschinstitut der Universität Wien und finanzierte ihr Studium durch eine Tätigkeit bei der Caritas. Diese Arbeit regte sie an, ihr Dolmetschstudium zu beenden und zur Soziologie zu wechseln. Doch auch ihr Zweitstudium brach sie, enttäuscht von der geistigen Enge der Universität der 1950er Jahre, erleichtert ab, als ihr Fritz Molden die Chance gab, als Reporterin in der Lokalredaktion der "Presse" einzusteigen. Danach arbeitete sie als Journalistin bei den Tageszeitungen "Die Presse", "Neues Österreich", ab 1967 bei der Arbeiterzeitung und später auch bei "Kurier" und "Profil".

Einem breiteren Publikum wurde Frau Coudenhove-Kalergi ab Mitte der 1970er Jahre als ORF-Journalistin in der von Gerd Bacher initiierten Osteuroparedaktion bekannt. Ihre Reportagen befassten sich mit den damals noch zum sogenannten "Ostblock" gehörenden Ländern, vor allem mit Polen und der Tschechoslowakei. Nach dem Fall der kommunistischen Regierung in der Tschechoslowakei kehrte sie in ihr Geburtsland zurück. In den Jahren 1991 bis 1995 war sie als ORF-Korrespondentin in Prag tätig.

Seither wirkt Coudenhove-Kalergi als freie Journalistin vor allem für verschiedene tschechische und österreichische Zeitungen und gab zudem mehrere Bücher heraus. Sie ist ständige Kolumnistin der Tageszeitung "Der Standard". 2013 erschienen ihre Erinnerungen unter dem Titel "Zuhause ist überall" im Zsolnay-Verlag. Darin erzählt sie in einigen Kapiteln auch von ihrer Beziehung zu dem österreichischen Kommunisten Franz Marek, den sie 1964 kennenlernte und 1975 heiratete – und schildert damit auch die Geschichte der kommunistischen Remigration in Österreich.

Der mehrfach geehrten Journalistin wurden immer wieder auch politische Funktionen wie eine Kandidatur für das Amt der Bundespräsidentin angetragen, was sie aber ablehnte. Sie engagiert sich für Zuwandernde und den interreligiösen Dialog.

Werke (Auswahl)#

  • Barbara Coudenhove-Kalergi / Winnie Jakob: Die Herren Lipizzaner. Wien: Forum 1963
  • Barbara Coudenhove-Kalergi, Beitrag in: Hans Benedict (Hg.): Revolution! Die Befreiung Osteuropas vom kommunistischen Absolutismus. Wien: Jugend & Volk 1990
  • Barbara Coudenhove-Kalergi(Hg.): Meine Wurzeln sind anderswo. Österreichische Identitäten. Wien: Czernin 2001
  • Barbara Coudenhove-Kalergi / Oliver Rathkolb (Hg.): Die Beneš-Dekrete. Wien: Czernin 2002
  • Barbara Coudenhove-Kalergi: Zuhause ist überall. Erinnerungen. Wien: Zsolnay 2013

Auszeichnungen, Ehrungen#

Karl-Renner-Preis, 1981
  • Preis der Stadt Wien für Publizistik, 1982
  • Masaryk-Orden (Tschechien, für „Besondere Verdienste um Demokratie und Menschenrechte), 2001
  • Ehrenpreis der Concordia für ihr Lebenswerk, 2005
  • Axel-Corti-Preis der österreichischen Volksbildung, 2005
  • Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln, 2013
  • Journalist des Jahres (Ehrenpreis für ihr Lebenswerk), 2013
  • Georg Dehio-Buchpreis (des Deutschen Kulturforums östliches Europa), 2014
  • Preis der Waldviertel Akademie (Ehrung "für Verdienste um die österreichisch-tschechische Nachbarschaft"), 2014

Werke (Auswahl)#

  • Barbara Coudenhove-Kalergi / Winnie Jakob: Die Herren Lipizzaner. Wien: Forum 1963
  • Revolution. Die Befreiung Osteuropas vom kommunistischen Absolutismus (Hg. m. H. Benedict), 1990
  • Meine Wurzeln sind anderswo. Österreichische Identitäten. 2001
  • Die Beneš-Dekrete. Czernin Verlag, (Hg. m. O. Rathkolb), 2002
  • Zuhause ist überall. Erinnerungen, 2013

Weiterführendes#

Quellen#

  • Furche
  • ORF
  • die Standard
  • APA / OTS Presseaussendungen
  • I. Ackerl, F. Weissensteiner, Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik, 1992
  • Wien-Wiki


Redaktion: K. Ziegler, I. Schinnerl, P. Diem