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Die Runen#

Text und Fotos: Peter Diem

Odalsrune
Odalsrune
Unter Runen (altnord. Geheimnis - vgl. raunen) versteht man gemein-germanische Kult- und Schriftzeichen, die sich wahrscheinlich um 100 v. Chr. aus einem norditalienisch-etruskischen Mischalphabet unter Einbeziehung von archaischen Sinnzeichen (Radkreuz, Hakenkreuz, Leiter u. a.) bildeten. Sie wurden in Holz geritzt und in Stein gemeißelt. Als Ursymbol werden die Runen durch die Überlieferung charakterisiert, dass sie der germanische Held Odin durch sein Selbstopfer gefunden habe. Nach der Edda sind sie oft durch Blut gefärbt worden, um ihre Wirkung zu steigern. Ursprünglich hatte das Runenalphabet 24 Zeichen in drei Reihen zu acht Runen („Futhark" nach den ersten sechs Lauten): diese Zahl gilt als Zusammenfassung aller magischen Kräfte.

Runen können einerseits als Zeichen für jeweils einen Laut geschrieben werden (Alphabetschrift), andererseits als Zeichen stehen für die jeweiligen Begriffe, deren Namen sie tragen. Daneben können sie Zahlen darstellen oder als magisches Zeichen verwendet werden. Die Entwicklung der Zeichenformen zielte nicht auf eine flüssige Gebrauchsschrift ab. Abgesehen von einer kurzen Phase im hochmittelalterlichen Skandinavien wurde die Runenschrift nicht zur Alltagskommunikation verwendet.

Runen waren vom 2. bis zum 14. Jahrhundert n. Chr. überwiegend für geritzte und gravierte Inschriften auf Gegenständen und auf Steindenkmalen in Gebrauch. Ihre Verbreitung zeigt einen deutlichen Fundschwerpunkt in Südskandinavien (einschließlich Jütlands). Dies ist zum Teil durch die lokalen Traditionen von Runensteinen begründet.


Hier ein Runenstein bei Tälby, nödlich von Stockholm an der einstigen Fällbro-Brücke

Runenstein von Tälby
Runenstein von Tälby - Foto: Margareta Cronholm
Tälby
Standort lt. OpenStreetMap
Die Inschrift lautet:

þurkel × auk × fuluhi × litu × ahkua × eli ' þisa × auk × bru kia * eftiR stain × faþur sen × ulayifr iak
--> Übersetzung: Torkel und Fulluge ließen diesen Runenstein errichten und auch die Brücke, beanannt nach ihrem Vater Sten. Die Runen schuf Olev.




Anfang des 20. Jahrhunderts hat sich der österreichische Esoteriker und Prä-Nationalsozialist Guido von List (1848-1919) ausführlich mit Runen beschäftigt. Vergleiche hiezu den Beitrag über das Hakenkreuz.

In jüngster Zeit hat sich der oberösterreichische Maler Manfred Wiesinger (*1961) mit der Odalsrunde identifiziert, mit der er seine Bilder signiert.
--> "Die Presse" vom 23.3.2016



Bild 'Runen'
 

Die Sig- oder Sigel-Rune (verfremdet zu „Sieg-Rune") war die elfte Rune im sogenannten „dänischen" oder „gewöhnlichen", sechzehntypigen Runenalphabet. Sie entwickelte sich im Deutschland des 19./20. Jahrhunderts zu einem Symbol für alles Nordische, Germanische und war schon vor der Hitlerzeit in Gebrauch. Im Nationalsozialismus erlangte die Sig-Rune folgende drei Bedeutungen, bei deren symbolpsychologischer Analyse man sich immer den oben erwähnten archetypischen Sinngehalt der Runen (Selbstopfer, Tränkung mit Blut, magische Kräfte) ins Gedächtnis rufen sollte:

Bild 'ss_schwarz'
1. Einzeln in Weiß auf schwarzem Grund war sie das allgemeine Erkennungszeichen des Deutschen Jungvolks (Vorstufe zu HJ/Hitlerjugend und BDM/Bund Deutscher Mädchen). Sie wurde auf den Fähnleinfahnen und auf den Fanfarentüchern geführt.

2. Verdoppelt in Silber bildete sie zusammen mit dem Totenkopf das Symbol der SS (SS = Schutzstaffel), einer Elite-Einheit der NSDAP, denen der Schutz Hitlers und vor allem die Judenvernichtung aufgetragen waren).

3. Ebenfalls doppelt auf Stahlhelm und Uniform kennzeichnete sie die Waffen-SS, eine auf Vernichtung des Bolschewismus zielende militärische Formation, in der auch viele Angehörige nichtdeutscher Völker, zum Teil aus Idealismus als Freiwillige (Niederländer, Belgier, Skandinavier, Balkanvölker) dienten.

Durch die Aufgabenstellung der nach strengen „rassischen" Regeln ausgewählten und auf besonderen Kriegsschulen indoktrinierten SS-Angehörigen wurde die doppelte Sig-Rune auf immer zum Symbol für Rassenhass und Brutalität. Als eine Art Blitzsymbol signalisierte sie die Aggressivität und das stets drohende Äußere ihrer Träger, verstärkt durch den vom italienischen Faschismus übernommenen silbernen Totenkopf, der an der Uniformmütze und als Ring getragen wurde. Der sogenannte SS-Ehrenring, von dem aus Wien stammenden SS-Ideologen Karl Maria Wiligut unter Einbeziehung von Runen entworfen, war etwa 16.000 mal an die Elite der SS vergeben worden.

Die Attraktivität der nach dem Muster eines Ordens mit absoluter Treue zum Führer organisierten SS auf junge Männer mag groß gewesen sein. Dem SS-Zeichen verschrieben sich deshalb viele Tausende „reinrassige" Deutsche und Österreicher - viele aus Idealismus, ohne zu ahnen, an welchen grauenhaften Verbrechen sie mitzuwirken haben würden. Innen am linken Oberarm (bzw. unter der Achsel) hatte man ihnen ihren Blutgruppenbuchstaben - nicht nur für den Fall einer Verwundung, sondern auch als unauslöschliches Zeichen ihrer Mission eintätowiert. Diese bestand vor allem aus der Reinhaltung der germanischen Rasse und der Ausschaltung alles „Minderwertigen". Die heute unbegreiflich starke Identifikation mit dem Männerbund der SS zeigt sich auch im Testament des illegalen Nationalsozialisten und Gründers einer SS-Standarte, des Dollfuß-Mörders Otto Planetta- siehe Bild rechts unten.

Ehrenring der SS
Ehrenring der SS

Stampilie
Stampilie

Testament Planettas
Testament Planettas

Bemerkenswert ist, dass Schreib- und Setzmaschinen im Dritten Reich eine eigene Type für die doppelte Sig-Rune haben mussten, wie man bei der Lektüre von Originaldokumenten aus jener Zeit feststellen kann.

Die Waffen-SS verstand sich als eine vorwiegend militärische Organisation, bei der der unbedingte Glaube an den Nationalsozialismus nicht in dem Maße Pflicht und Gepflogenheit war wie bei der eigentlichen SS. Freilich schloss das deren Mitwirkung an den Kriegsverbrechen der Nazi-Maschinerie nicht aus. Vergleiche hierzu die ausführliche Darstellung der Waffen-SS in der Wikipedia



Bild 'waffen_ss'
Bild 'waffen_ss_fahnw'


Beachte: Der Autor distanziert sich ausdrücklich von jeglicher Absicht, das Gedankengut autoritärer, faschistischer, nationalsozialistischer und anderer antidemokratischer oder unmenschlicher Systeme zu verherrlichen oder zu propagieren. Die Aufnahme der obigen Texte und Abbildungen in das Austria-Forum dient einzig und allein wissenschaftlichen und aufklärererischen Zielen und einem vertieften Verständnis der österreichischen Zeitgeschichte.
Bild 'sim-link'
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