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vom 19.03.2016, aktuelle Version,

Max Pechstein

Max Pechstein, 1920, Porträtfoto von Minya Diez-Dührkoop

Hermann Max Pechstein (* 31. Dezember 1881 in Zwickau; † 29. Juni 1955 in West-Berlin) war ein deutscher Maler, Grafiker und zeitweise Mitglied der Künstlervereinigung „Brücke“. Pechstein war ein Vertreter des deutschen Expressionismus. Er schuf vor allem Figurenbilder, teilweise mit exotischen Motiven von den Palauinseln, Stillleben sowie Landschaften (u.a. vom Lebasee in Hinterpommern) und von der Kurischen Nehrung, wo er die Künstlerkolonie Nidden während seiner mehrmonatigen Aufenthalte zwischen 1909 und 1939 maßgeblich beeinflusste.

Leben

Max Pechstein mit seinem Sohn Frank, 1913, Porträtfoto von Minya Diez-Dührkoop
Max Pechstein in seinem Haus in Berlin-Zehlendorf, 1915, Foto von Waldemar Titzenthaler
Die Jahresmappe der Brücke von 1912, Entwurf Otto Mueller, wurde wegen Pechsteins Ausschluss aus der Brücke nie veröffentlicht.

Pechstein studierte nach einer Lehre als Dekorationsmaler in Zwickau (1896–1900) an der Staatlichen Gewerbeschule und 1903–06 als Meisterschüler von Otto Gussmann an der Kunstakademie in Dresden. Schon damals entwarf er Glas- und Wandmalerei sowie Mosaiken für verschiedene Architekten. Nach der Begegnung mit Ernst Ludwig Kirchner und Erich Heckel trat er 1906 als einziger akademisch ausgebildeter Maler der Künstlervereinigung „Brücke“ bei und reiste nach Erhalt des Sächsischen Staatspreises 1907 nach Italien (und zwar nach Monterosso, einem der „Fünf Dörfer“ in Ligurien) und 1907/08 nach Paris.

Ab 1908 war Pechstein in Berlin ansässig. Im Winter 1908/09 lernte er Lotte (Taufname Charlotte) Kaprolat (1893–1955) als Modell des Bildhauers Georg Kolbe (1877–1947) in dessen Berliner Atelier kennen. Von 1909 bis 1920 war sie Pechsteins beliebtestes Modell. Sie ist auf seinen Werken unter anderem leicht daran zu erkennen, dass Pechstein sie als eine etwas füllige Erscheinung mit wulstigen Lippen und ausgeprägten Tränensäcken darstellte.

Nicht nur auf vielen Zeichnungen aus den Jahren 1909–1910 blieb Lotte unerkannt, sondern sogar auf dem „Doppelbildnis“, auf dem Pechstein Lotte als seine, ihm zugehörige Frau präsentiert. Sich selbst und Lotte in bürgerlicher Kleidung darstellend, demonstrierte Pechstein – heute wie damals verständlich – alleine durch die gleichgearteten Hüte seine tiefe Verbundenheit mit Lotte. Pechsteins Blick und die helle Farbgebung des Bildes vermitteln dem Betrachter darüber hinaus eine heitere Ausgeglichenheit und den seelischen Einklang eines Liebespaares. Diese im Bild zur Schau getragene Zusammengehörigkeit besiegelten Lotte und Pechstein im Frühjahr 1911, indem sie die Ehe schlossen, aus der 1913 der Sohn Frank hervorging.[1]

1908 wurde Pechstein Mitglied der „Berliner Secession“ und war 1910 Mitbegründer und Präsident der „Neuen Secession“. Eine Wiederwahl scheiterte Ende 1911. Die beteiligten „Brücke“-Künstler verließen die „Neue Secession“ und beschlossen, nur noch als Gruppe an Ausstellungen teilzunehmen. Aufgrund seiner Teilnahme an einer Ausstellung der „Berliner Secession“ wurde Pechstein daher 1912 aus der „Brücke“ ausgeschlossen.

Pechsteins Südseereise (1913/14), die zum Teil erst mit den Palau-Bildern von 1917 verarbeitet wurde, sowie seine Teilnahme am Ersten Weltkrieg fanden ihren Niederschlag in Reisebildern und -lithographien sowie in Radierungen (u. a. „Somme-Schlacht“, 1916/17). Er war Mitbegründer der „Novembergruppe“ sowie des Arbeitsrats für Kunst.

1923 trennte sich Pechstein von Lotte und heiratete in zweiter Ehe Marta Möller.[2] Im selben Jahr ernannte ihn die Preußische Akademie der Künste zu ihrem Mitglied; gleichzeitig wurde ihm eine Professur übertragen. 1933 seines Lehramtes enthoben, erhielt er im selben Jahr als „entarteter“ Künstler Ausstellungsverbot[3] und wurde 1937 aus der Akademie ausgeschlossen. Im Juli desselben Jahres wurden 16 seiner Bilder in der NS-Ausstellung Entartete Kunst diffamiert und 326 seiner Werke konfisziert.[4] 1944 verbrannte ein großer Teil seiner Werke durch Kriegseinwirkungen.

Pechstein entdeckte 1921 die Gegend um den Lebasee in Pommern mit der Lontzkedüne, 1922/23 dann den westlich gelegenen Garder See. Er machte diese Natur und die in ihr arbeitenden Menschen zu Gegenständen seiner Bilder. In Pommern erlebte er 1945 die Besetzung durch die Rote Armee und musste zeitweise für die Besatzungsmacht arbeiten, konnte aber noch im Jahre 1945 nach Berlin ausreisen.

Grab Max Pechsteins auf dem Friedhof Schmargendorf in Berlin

Später schrieb er über seine Arbeit in Pommern:

„…  aber was ist das gegen meine Arbeitswut im geliebten Pommern, ich komme nicht darüber hinweg, das unverfälschte Leben in unverfälschter Natur fehlt mir. Ich zapple hin und wieder sehr, und sehne mich unentwegt danach, und hoffe doch es noch einmal zu erleben, einmal wieder hinauffahren zu können  …“ [5]

Tatsächlich sollte Pechstein Hinterpommern nicht wieder sehen.

1945 wurde Pechstein zum Professor an der Universität der Künste Berlin ernannt. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof Schmargendorf.[6]

Ehrungen

Werke (Auswahl)

  • 1908: Junges Mädchen, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie
  • 1909: Mädchen in Rot unterm Sonnenschirm
  • 1909: Am Kurischen Haff, Privatsammlung
  • 1910: Früchte II. / Weib mit Inder auf Teppich (Doppelgemälde, Ende 2011 zu einem Rekordpreis versteigert)[8]
  • 1910: Das grüne Sofa, Museum Ludwig Köln
  • 1910: Rotes Fischerhaus und blühender Baum
  • 1910: Mädchen mit rotem Fächer, Neue Galerie New York
  • 1911: Liegender Rückenakt
  • 1911: Sonnenaufgang (bei Nidden)
  • 1911: Frauen am Waldrand, Öl auf Leinwand, Kunstmuseum Gelsenkirchen
  • 1913: Fischerboot, Brücke-Museum, Berlin
  • 1913: Beerdigung der Revolutionsopfer II
  • 1914: Bildnis Luise Maas, The Family of Louise and Erich Mendelsohn
  • 1917: Palau-Triptychon, linkes Seitenstück, Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen[9]
  • 1918: Selbstbildnis mit Hut und Pfeife, Kunsthaus Zürich
  • 1919: Drohendes Wetter, Städtisches Museum Abteiberg, Mönchengladbach
  • 1919: Die Italien- und Südseereise. 50 Original-Lithographien, Maecenas Sammlung Wien
  • 1920: Mutter mit Kind (Frau des Künstlers mit Sohn), Städtisches Museum Abteiberg, Mönchengladbach
  • 1924: Monterosso al Mare, Öl auf Leinwand, Privatbesitz
  • 1925: Modellpause, Kunstmuseum Luzern
  • 1927: Lupowmündung
  • 1927: Hinter den Dünen, Öl auf Leinwand, 51 x 59,5 cm
  • 1929: Morgensonne (über dem Garder See)
  • 1932: Heringsfischer am Strand, Öl auf Leinwand, 95 x 120 cm, Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Regensburg
  • 1933: Kutter zur Reparatur (in Leba)
  • 1937: Fischerbucht
  • 1939: Morgen bei Purwin (Kurische Nehrung), Öl auf Leinwand, 70 x 80,5 cm[10]

Würdigungen

Max-Pechstein-Museum in Zwickau

Pechstein wurde 1947 Ehrenbürger der Stadt Zwickau. Zwickau vergibt alle zwei Jahre den Max-Pechstein-Preis. In mehreren deutschen Städten gibt es nach ihm benannte Max-Pechstein-Straßen. Nach ihm wurde der Asteroid (43724) Pechstein und das Museum Kunstsammlungen Zwickau benannt.

Ausstellungen

Als Mitglied des Deutschen Künstlerbundes[11] stellte Pechstein u.a. auf folgenden großen DKB-Jahresausstellungen aus:

1912 bis 1936

Nach 1945

  • 1997: Kunsthalle Tübingen Max Pechstein. Das malerische Werk, 11. Januar - 6. April 1997
  • 2010: Max Pechstein. Ein Expressionist aus Leidenschaft. Retrospektive. 19. September 2010 bis 9. Januar 2011 in der Kunsthalle zu Kiel, dann in Regensburg („Ostdeutsche Galerie“) und vom 10. Juli bis 1. November 2011 in Ahlen (Pechstein-Retrospektive mit Handzeichnungen, Druckgrafiken, Glasfenstern, Mosaiken, Briefen, Postkarten und über 100 Gemälden).[13]
  • 2013: Max Pechstein auf Reisen. Utopie und Wirklichkeit. 1. Juni bis 1. September 2013. Museum im Kulturspeicher, Würzburg.
  • 2015/2016: Max Pechstein. Körper. Farbe. Licht. Ende Dezember 2015 bis 10. April 2016. Kunstmuseum Ravensburg.

Fälschungen

Im Oktober 2011 endete ein Kunstfälscherprozess mit einer Verurteilung der Angeklagten. Neben anderen Werken bekannter Künstler wie Max Ernst und Heinrich Campendonk waren bei Versteigerungen der angeblichen Sammlung Werner Jägers aus den vergangenen Jahren auch zwei Gemälde, die als Werke von Max Pechstein galten, als Fälschung aufgedeckt worden.[14]

Literatur

  • Eva Chrambach: Pechstein, Hermann Max. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, ISBN 3-428-00201-6, S. 154–156 (Digitalisat).
  • Siegfried Gliewe: Auf dem Garder See. Begegnung mit Max Pechstein. In: Pommern. Zeitschrift für Kultur und Geschichte. Jg. 45, Heft 4, 2007, ISSN 0032-4167, S. 24–30.
  • Horst Jähner: Künstlergruppe Brücke. Geschichte einer Gemeinschaft und das Lebenswerk ihrer Repräsentanten. 5., verb. und erg. Aufl. Henschel, Berlin 1996, ISBN 3-89487-254-3.
  • Wolfgang Maier-Preusker: Hermann Max Pechstein. 1881–1955. Lithographische Erinnerungen von 1919 an die Italien- und Südseereise aus dem Bestand der Maecenas-Sammlung. Eigenverlag, Wien 2004, ISBN 3-900208-17-4 (Begleitkatalog zur Ausstellung in der Hansestadt Wismar).
  • Wolfgang Maier-Preusker (Hrsg.): Buch- und Mappenwerke mit Grafik des Deutschen Expressionismus. Eigenverlag, Wien 2006, ISBN 3-900208-37-9 (Begleitkatalog zur Ausstellung in der Hansestadt Wismar 2006).
  • Magdalena M. Moeller (Hrsg.): Max Pechstein. Sein malerisches Werk. Hirmer, München 1996, ISBN 3-7774-7070-8.
  • Magdalena M. Moeller (Hrsg.): Die großen Expressionisten. DuMont, Köln 2000, ISBN 3-7701-5348-0.
  • Magdalena M. Moeller: Künstlergruppe Brücke. Prestel, München u.a. 2005, ISBN 3-7913-3306-2.
  • Bernard S. Myers: Malerei des Expressionismus. Eine Generation im Aufbruch. Aus dem Amerikanischen übers. von Elke Kaspar. DuMont Schauberg, Köln 1957.
  • Max Pechstein: Erinnerungen. Herausgegeben von L. Reidemeister. Limes, Wiesbaden 1960.
  • Gerd Presler: Die Brücke. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2007, ISBN 3-499-50642-4.
  • Christian Saehrendt: „Die Brücke“ zwischen Staatskunst und Verfemung. Expressionistische Kunst als Politikum in der Weimarer Republik, im „Dritten Reich“ und im Kalten Krieg. Steiner, Stuttgart 2005, ISBN 3-515-08614-5 (Pallas Athene. Bd. 13).
  • Aya Soika: Max Pechstein. Das Werkverzeichnis der Ölgemälde: Das Werkverzeichnis der Ölgemälde, Bd. 1: von 1905 bis 1918, Bd 2: von 1919 bis 1954. Hirmer München 2011, ISBN 978-3-777-43091-1
  • Paul Vogt: Geschichte der deutschen Malerei im 20. Jahrhundert. 3., erw. Aufl. DuMont, Köln 1989, ISBN 3-7701-0892-2.
  Commons: Max Pechstein  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. Bernd Fäthke: Die unterschlagene Frau. Lotte Pechstein, geb. Kaprolat. WELTKUNST, 4/2005, S. 70
  2. Leonie von Rüxleben: Lebensdaten 1881–1955. In: Max Pechstein: Sein malerisches Werk, Brücke-Museum, Berlin 1996, S. 22
  3. Er durfte zwar malen, aber nichts ausstellen oder verkaufen.
  4. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 452.
  5. Pommern. Zeitschrift für Kultur und Geschichte. Heft 4/2007, S. 30.
  6. Bei knerger.de: Grab Max Pechstein in Berlin-Schmargendorf
  7. Harald Ruppert: Einer, der sich durchbeißen musste. In: Südkurier vom 4. Dezember 2015.
  8. Rekord für Pechstein mittelbayerische.de, 12. Dezember 2011
  9. Print leicht zugänglich in Berghof (Red.): Kunst in der Verfolgung: Entartete Kunst (Ausstellung) 1937 in München. Beispiele. Neckar, Villingen 1998, ohne ISBN, Großformat
  10. Werke von Max Pechstein, www.das-alte-nidden.de, abgerufen am 8. September 2011
  11. kuenstlerbund.de: Ordentliche Mitglieder des Deutschen Künstlerbundes seit der Gründung 1903 / Pechstein, Max (abgerufen am 4. Dezember 2015)
  12. alle Angaben aus 1936 verbotene Bilder. 34. Jahresausstellung Bonn, Ausstellungskatalog, Berlin 1986. (S.68/69)
  13. Bernd Berke: Max Pechstein: Verlorenes Paradies. In: revierpassagen.de. 7. Juli 2011; abgerufen am 30. November 2015.
  14. Tobias Timm: Mit dem falschen Blau gemalt,www.zeit.de, abgerufen am 21. Dezember 2011