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Robert Haderer: Unterwegs im Land der Vielfalt#

Robert Haderer: Unterwegs im Land der Vielfalt / Kuturhistorisches,Geheimnisvolles und Kurioses aus dem Wein- und Waldviertel, Berger, 2022 / Rezension von Hermann Maurer

Buchumschalg
Buchumschlag
Der Untertitel bereitet Leser kaum auf die interessanten, verblüffenden und unterhaltenden Geschichten vor, die der Autor hier recherchiert und zusammengetragen hat. Ich kann nur hoffen, dass ich mit ein paar Beispielen auf dieses ungewöhnliche, ja außergewöhnliche, Buch aufmerksam machen kann. Da zu vielen Themen auch Beiträge im Austria-Forum zu finden sind (diese meistens kürzer und rein sachlich) habe ich an einigen Stellen Links in das Austria-Forum gelegt.

Nun aber einige Beispiele aus dem Buch, beginnend mit Orten im Weinviertel.

Wer weiß schon, dass sich das Märchen von Frau Holle widerspiegelt in den Namen unzähliger Orte, von Hollabrunn, über den Hollerberg mit 4.000 Jahren alten Funden aus der Aunjtitzer Kultur (besonders berühmt durch die Himmelsscheibe von Nebra), über verschiedene (!) Orte mit dem Namen Hollenstein, oder den Hollersee.

Wer kennt schon die Geschichte und Details der Sammlung in Kronberg, die auf den 2006 verstorbenen Maler und Glaskünstler Hermann Rauch zurückgeht, wobei Kronberg mit dem Weinmuseum, dem Templerkreuz und dem „geheimnisvollen Stein“ noch viel anderes zu bieten hat--- wie alles im Buch mit ungewöhnlichen zahlreichen Bildern und flüssigem Text dargestellt wird.

Wer kennt die ungewöhnliche Geschichte und die heutige Schönheit von Schloss Wetzdorf im Schmidatal, die im Austria-Forum viel zu kurz kommt. Wer weiß, dass es nicht nur einen Rattenfänger von Hammeln gibt, sondern dass auch in Korneuburg viele Kinder auf einmal geheimnisvoll verschwanden… und was hinter diesen Geschichten wohl in Wahrheit steckt?

Dass die aus Amerika importierten Erdäpfel anfangs nur wegen der Blüten, die Knollen nur als Schweinefutter verwendet wurden ist vielleicht mehr bekannt, aber über die Hutterer wusste ich nur, dass einen große Gruppe nach Amerika auswanderte. Aber dass sie vorher in Europa von einer Stelle zur anderen fliehen mussten, dass der Anführer Jakob Hutter am Scheiterhaufen hingerichtet wurde, war mir wie viele andere unglaubliche Details nicht bekannt.

Die heutigen Ruinen der Staatzer Klippe verraten wenig über ihre ungewöhnliche Geschichte.

Dass man sich nach 12 Seiten- Text und Bilder gemischt- sofort vornimmt, die Pfarrkirche in Schöngrabern (bitte bei dem Link auch die Beiträge von Diem und Jones beachten!) bald zu besuchen kann nicht wundern.

Die Künstlerin Anita Windhager verdient es, erwähnt zu werden, ihre Verbindung zum Autor des Buches sagt aber viel über sie und den Autor!

Wer verbindet „Kasperls Abenteuer“ mit Karnabrunn? Lassen Sie sich von „Lost Places“ und „Nonsense Pure“ in Bild und Text überraschen. Dass Schloss Hof von Prinz Eugen erworben und ausgebaut wurde geht in der politisch/militärischen Geschichte des Prinzen immer unter: in diesem Buch nicht.

An Schloss Schrattenthal fährt man vielleicht vorbei und ist kaum beeindruckt, ohne dieses Juwel der Gotik innen und im Garten zu entdecken! Selbst in ausführlichen Büchern zur Bernsteinstraße findet man manche Details die behandelt werden nicht, und auch das Eisenbahnmuseum in Strasshof kommt in den weit mehr als 200 Ausgaben der Zeitschrift Schiene nicht so überzeugend bebildert vor!

Auf 35 Seiten werden viele interessante und teils nostalgische Details über Kellergassen im Weinviertel in Text und Bild gebracht.

Dann wendet sich das Buch dem Waldviertel zu.

Die prächtige Burg Rapottenstein wurde nie militärisch eingenommen. Einem großen Erbeben widerstand sie zwar nicht, bleibt aber geheimnisvoll und sehenswert wie das Schwedenkreuz bei Reinprechtspölla oder der „Himalaya des Waldviertels“, wie mit eindrucksvollen Bildern belegt!

Die Geschichte des heiligen Expeditus, der an vielen Stellen der Welt verehrt wird, kennen im Detail wohl nur jene, die Volkskunde studiert haben zu einer Zeit, wo an den Universitäten das Fach noch breit ernsthaft unterrichtet wurde. Das der heilige Expeditus nie existierte und sein Name (vermutlich) nur zustande kam, weil jemand nicht Italienisch konnte ist kaum bekannt. Der „eilige Heilige“ wird in der Wikipedia als Legende geschrieben, im Symbollexikon des Austria-Forums wird ausführlich über ihn berichtet, aber auch dort wird sein Existenz „symbolisch“ gesehen.

Erst bei den Recherchen für seine Bücher, insbesondere zum Beitrag in dem Buch „Die Haderiche“ wurde dem Autor des Buches klar, dass die Haderer zu den ältesten nachweisbaren Edelfreien der Babenbergmark gehörten; ja sogar eine Verwandtschaft mit Vorfahren von Karl dem Großen ist nicht ausgeschlossen!

Zu den vielen Höhepunkten des Waldviertels gehören sicher auch die Ruine der Burg Kollmitz und die vor der Zerstörung durch Aktivitäten des Carl Hermann erhalten gebliebene „Blockheide“, wobei der Lebenslauf von Carl Hermann unglaublicher nicht sein könnte. Hier schreibt jemand in der Todeszelle als Widerstandskämpfer sein wie er selbst wohl glaubt letztes Gedicht, kommt dann auf eigentümliche Weise frei und wird zu einem Umweltaktivisten!

Der Waldviertler Johann Evangelist Zelebor war als Forscher Mitglied der ersten österreichischen Weltumseglung durch die Novara, wobei freilich heute angezweifelt wird, ob der Grund für diese Weltumseglung wirklich ein wissenschaftlicher war. (Gekürztes) Zitat aus einem Essay in der Wiener Zeitung: „150 Jahre lang galt die erste und einzige Weltumseglung eines großen österreichischen Kriegsschiffes als herausragende Leistung im Dienste der Wissenschaft. Geht es nach den Erkenntnissen von David G. L. Weiss und Gerd Schilddorfer, muss die Geschichte rund um die Fahrt der Segelfregatte "Novara" (1857-59) allerdings umgeschrieben werden. Sie kommen zum Ergebnis, dass die Wissenschafter an Bord nur Beiwerk waren und die Reise tatsächlich einem anderen Zwecke diente – nämlich der Realisierung ehrgeiziger Kolonialpläne der Großmacht Österreich-Ungarn.“

Schloss Greillenstein gilt als Renaissancejuwel des Waldviertels wie die Bilder im Buch aber auch im Austria-Forum belegen, wobei nur das Buch über die „kleinen Menschlein und geisternde Ahnenfrauen“ berichtet.

Als Gegenstück zur Renaissance wird das Stift Altenburg mit Recht als „schimmernde Perle des Barocks“ bezeichnet. Das Stift ist mit Recht auf mehr als 10 Seiten mit prächtigen Bildern beschrieben. Es enthält zudem Schätze wie die vom Abt Placidus Much, der in seinen Werken schon Aspekte der Aufklärung vorwegnahm.

Wie kommt es, dass unter den vielen ungewöhnlichen Berichten auch Walther von der Vogelweide erwähnt wird? Weil immer mehr Indizien dafürsprechen, dass er ursprünglich aus dem Waldviertel stammt, aus der Gegend des heutigen Truppenübungsplatzes Allentsteig. Für seine Verbindung zum Waldviertel spricht auch z.B., dass der Passauer Bischof Wolfer von Erla Reisekosten für Walther von der Vogelweide in Zeiselmauer (zwischen Tulln und Klosterneuburg) am 12. November 1203 erwähnt. Oder: „Zu seiner Jugendzeit äußert er sich im Alter mit: ze Ôsterrîche lernt ich singen unde sagen. Bis zum Tod des Babenbergers Herzog Friedrich I. Von Österreich (Im Jahr 1198) wirkte er an dessen Hof in Wien.

Vieleicht haben die obigen Einblicke Geschmack auf das Buch gemacht! Ist das Buch perfekt? Fast: Schön wäre es, wenn das Buch eine Landkarte, und sei es nur als Skizze, hätte, wo die einzelnen oft ja auch sehr kleinen erwähnten Orte eingezeichnet sind. Freilich, mit OpenStreetMap.com ist es mir gelungen, jeden leicht zu finden.

Empfehlung: Lesen! Kaufen! Es ist ein ideales Mitbringsel oder Geschenk für jeden aus dem Wein- oder Waldviertel!