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vom 25.03.2022, aktuelle Version,

Francesco Borromini

Francesco Borromini, anonymes Jugendporträt

Francesco Borromini (eigentlich Francesco Castelli; * 25. September 1599 in Bissone, Schweiz; † 2. August 1667 in Rom) war ein in Italien tätiger Architekt aus dem nachmaligen Kanton Tessin (Schweiz).

Leben

S. Carlo alle Quattro Fontane, Rom
Kuppel von San Carlo alle 4 Fontane
Borromini um 1639 mit dem Christusorden des Heiligen Stuhls

In jungen Jahren gelangte Francesco Castelli nach Mailand und erhielt in der dortigen Dombauhütte eine Ausbildung als Steinmetz. Nach den Lehrjahren ließ er sich in Rom nieder. Dort nahm er den Namenszusatz Borromini, möglicherweise aus Verehrung des Heiligen Karl Borromäus, an. Ab 1619 arbeitete Borromini in der Bauhütte am Petersdom, die von seinem Onkel Carlo Maderno geleitet wurde. Während dieser Zeit studierte er intensiv die Antike und vor allem die Werke seines grossen Vorbilds Michelangelo. Mit seinem Mentor und Lehrer Maderno arbeitete er am Palazzo Barberini, bis dieser starb. Gian Lorenzo Bernini übernahm die Bauleitung und erhielt zusätzlich das Amt des Architekten von Sankt Peter. Borromini arbeitete unter ihm als Assistent. Schon nach wenigen Jahren kam es zum Streit und Bruch zwischen den beiden, und es begann eine lebenslange Rivalität.

Papst Innozenz X. (1644–1655) gewährte Borromini sein Vertrauen, wodurch er in den folgenden Jahren seinen Erzrivalen Bernini aus der Position des führenden römischen Architekten verdrängen konnte. Aber bereits unter dem nächsten Papst, Alexander VII. (1655–1667), verlor Borromini diese Stellung und wurde nur noch spärlich mit neuen Aufträgen betraut. Berninis Stern erstrahlte hingegen erneut in vollem Glanz. So widmete sich Borromini dem Ausbau und der Vollendung bereits begonnener Gebäude, etwa den Innenräumen der Kirchen Sant’Ivo alla Sapienza, Sant’Andrea delle Fratte und San Giovanni in Laterano in Rom. Ausserdem vollendete er das Untergeschoss der Fassade seines Erstlingswerks, der kleinen Kirche San Carlo alle Quattro Fontane auf dem Quirinal in Rom.

Im Sommer 1667 befielen ihn Depressionen, die schliesslich dazu führten, dass er sich am 2. August das Leben nahm, indem er sich mit einem Säbel tödlich verletzte.[1] Er wurde im Grab von Carlo Maderno in der Kirche San Giovanni dei Fiorentini beigesetzt.

Werk

Während Berninis Formensprache dem klassischen Kanon folgt und weitgehend auf das Vorbild Michelangelo zurückgeführt werden kann, bemühte sich Borromini darum, durch eine individuelle Interpretation der klassischen Architekturformen der Baukunst zu neuartigem Ausdrucksgehalt zu verhelfen. Er arbeitete mit plastisch, ja organisch geformten, meist ganz in weiss gehaltenen Innenräumen und konkav geschwungenen Fassaden. Seine eigenwilligen Erfindungen trugen ihm den Ruf ein, extravagant, „bizarr“ und „gotisch“ zu bauen. Ein Beispiel dafür bietet die „Perspektive“ im Innenhof des Palazzo Spada in Rom: Die nach hinten kleiner werdenden Säulen suggerieren eine räumliche Tiefenerstreckung, die in Wirklichkeit gar nicht vorhanden ist, und lassen die Figur am Ende viel grösser erscheinen, als sie tatsächlich ist.

In seiner unmittelbaren Nachwirkung blieb er zunächst hinter Bernini zurück. Lediglich in Guarino Guarini fand er einen Nachfolger. Im 18. Jahrhundert, dem Zeitalter des Spätbarock, ahmte man seinen Dekorationsstil, der durch Stichwerke verbreitet wurde, vielerorts nach, etwa in der 1735 von Giuseppe Sardi erbauten römischen Kirche Santa Maria Maddalena.

Der grösste Teil von Borrominis zeichnerischem Œuvre liegt heute in Wien in der Graphischen Sammlung Albertina.

Als in der heutigen Schweiz geborener Künstler war Borromini auf der 100-Schweizerfranken-Banknote der 1980er Jahre dargestellt. Anlässlich der Feierlichkeiten zum 400. Geburtstag Borrominis wurde unter der Leitung Mario Bottas in Lugano ein 33 m hohes Modell aus Holz errichtet, welches im Originalmassstab den Schnitt durch die Kirche San Carlo alle Quattro Fontane zeigt.

Bauwerke

Sant’ Ivo alla Sapienza
Ovaltreppe im Palazzo Barberini
Grabplatte in San Giovanni dei Fiorentini
Borromini auf der Schweizer 100- CHF-Note von 1976

Literatur

  • Joanna Beilman, Markus Breitschmid, (Hrsg.:) San Carlo alle Quattro Fontane – Francesco Borromini. Architecture History Case Studies Series, Band 1, Corporis Publisher for Architecture, Art, and Photography, 2009, ISBN 978-0-9802274-6-8 (englisch).
  • Piero Bianconi: Francesco Borromini. Vita, Opere, Fortuna. Bellinzona 1967.
  • Anthony Blunt: Borromini. Belknap Press of Harvard University Press, Cambridge MA 1979, ISBN 0-674-07926-4.
  • Richard Bösel (Hrsg.): Borromini, Architekt im barocken Rom. Electa, Mailand 2000, ISBN 88-435-7383-7, (Ausstellungskatalog).
  • Laura Damiani Cabrini: Francesco Borromini. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 20. September 2017.
  • Susanne Kunz-Saponaro: Rom und seine Künstler. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2008, ISBN 978-3-534-17678-6, S. 135 ff.
  • Opera del caval. Francesco Boromino, cavata dai suoi originali cioè la chiesa, e fabrica della Sapienza di Roma con le vedute in prospettiva e con lo studio delle proporzioni geometriche, piante, alzate, profili, e spaccati. - Roma: Giannini, 1720. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
  • Gian Alfonso Oldelli: Francesco Borromini. In: Dizionario storico-ragionato degli uomini illustri del Canton Ticino. Band 1. S. 42, 43, (PDF Digitalisat), Francesco Veladini, Lugano 1807.
  • Paolo Portoghesi: Francesco Borromini. Electa, Mailand 1967.
  • Celestino Trezzini: Borromini In: Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, Band 2, Biondetti–Brupbacher, Attinger, Neuenburg 1921, S. 316. (abgerufen am 30. Juni 2017).
  • Joseph Connors: “Francesco Borromini. La vita (1599-1667)”, in Richard Bösel (Hg.): Borromini e l’universo barocco, Ausst.-Kat. Rom Palazzo delle Esposizioni 1999-2000, Mailand 1999, Bd. I, S. 7–21.
  • Martin Raspe: “The final problem: Borromini’s failed publication project and his suicide”, in: Annali di architettura, XIII (2001), S. 121–136.
Commons: Francesco Borromini  – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Maja Beckers: Wenn die Steine klagen. Die Zeit, Nr. 19 vom 6. Mai 2021, Feuilleton, Seite 58. Rezension von: Charlotte Van den Broeck: Wagnisse. 13 tragische Bauwerke und ihre Schöpfer. Aus dem Flämischen von Christiane Burckhardt, Rowohlt, Hamburg, 2021, 352 Seiten. ISBN 978-3498002152


Weiterführendes

-- Bruss Lillian, Freitag, 20. September 2019, 18:06