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Bild 'steirische_apfelstraße2'

Steirische Apfelstraße#

Gleisdorf#

Kenner empfehlen, die Apfelstraße vom Süden her zu entdecken, weil sich aus dieser Richtung die Landschaft am reizvollsten präsentiert. Etwa beginnend an der Wechsel-Bundesstraße bei Gleisdorf, hat man immer den behäbig hingelagerten Kulm vor sich und erlebt die Landschaft auch in der angenehmsten - und für den Fotografen besten -Beleuchtung. Etwas später tauchen dann die schon recht hohen Berge der Fischbacher Alpen auf. Sie sind die schützende Kulisse des Apfellandes vor den rauen Nordwinden. Drei Kleinodien, nämlich die Kernkapelle, die Perndorfkapelle und besonders die Ilzbergkappelle liegen am Weg. Auffallend ist auch der an der Route liegende Wetterturm am Mesnerriegel in Rollsdorf.

Die Strecke führt an vielen heimeligen Bauernhöfen vorbei, die bis zu den ersten starken Frösten im Spätherbst fast in einem Meer von Balkonblumen untertauchen. Besonders bei den holzgezimmerten Bauernhäusern, im alten harmonischen Baustil errichtet, wird man gerne sein Fahrzeug anhalten, um die romantische Stimmung auf sich einwirken zu lassen.

Avalun: Das keltische Apfelland#

So etwas wie der Obstgarten Österreichs: die Steirische Apfelstraße.
So etwas wie der Obstgarten Österreichs: die Steirische Apfelstraße.

Am Eingang zur Pfarrkirche hl. Oswald in Puch bei Weiz ist auf einem römischen Grabstein ein junger Mann im keltischen Mantel mit einem Apfel in der Hand abgebildet. Was hat Puch mit den Kelten zu tun? Puch wird vom Kulm überragt und dort stand im ersten vorchristlichen Jahrhundert ein keltisches „Oppidium", eine befestigte Siedlung.

Außenmauer der Pucher Pfarrkirche: Hält der in ein keltisches Gewand gekleidete Jüngling einen Apfel in der Hand?
Außenmauer der Pucher Pfarrkirche: Hält der in ein keltisches Gewand gekleidete Jüngling einen Apfel in der Hand?

Manches deutet darauf hin, dass am Kulm in dieser Zeit auch ein Kultheiligtum stand. Welche Götter am Kulm in dieser Zeit verehrt wurden, ist nicht bekannt. Aber wir wissen, dass die keltischen Priester an die Unsterblichkeit der Seele und auch an ein Paradies zur Belohnung der Guten glaubten. In der Sprache der Kelten hieß Apfel „Aval", und das himmlische Paradies stellten sich zum Beispiel die irischen Kelten als „Avalun", sprich: „Apfelland" vor, das auch als eine Insel der ewigen Jugend bezeichnet wurde. Wer je unter einem blühenden Apfelbaum saß und dieses Wunder an Farben und Duft voll in sich aufnahm, dem mutet es gar nicht sonderbar an, dass die Kelten der heute angelsächsischen Länder Apfelblüten als Symbol für den Himmel verwendeten.

So lässt der in dieser Tradition beheimatete englische Dichter Oscar Wilde im Märchen „Selfish Giant" das Jesuskind zum Riesen sagen: „Noch heute wirst du bei mir im Garten des Paradieses sein!" Und als die Kinder an diesem Tag aus der Schule kamen, fanden sie ihren großen Spielgefährten tot im Gras liegen, über und über mit Apfelblüten bedeckt ... Wo lag nun nach Meinung der Kelten „Avalun", das paradiesische Apfelland? - Peter Rosegger hat vor mehr als hundert Jahren für seine Beschreibung einer Wanderung nach Puch wohl treffend den Titel „Als ich ins Paradies ging" gewählt. Vom keltischen Jüngling mit dem Aval, dem Apfel in der Hand am Eingang zur Pucher Kirche bis zu Peter Roseggers Paradies, spannt sich ein weiter Bogen. Aber dennoch - lag möglicherweise hier, rund um den Kulm, das keltische Avalun?

Kulm- Keltendorf#

Freilichtmuseum Kulm-Keltendorf: Kupferzeitliches Haus mit lehmverputzten Flechtwänden.
Freilichtmuseum Kulm-Keltendorf: Kupferzeitliches Haus mit lehmverputzten Flechtwänden.

Blockbau aus der Urnenfelderzeit mit Strohdach.
Blockbau aus der Urnenfelderzeit mit Strohdach.

Kulm-Keltendorf ist das erste Urgeschichtliche Freilichtmuseum der Steiermark: Unweit des „Ackerwirts", oberhalb von Puch, etwa auf halber Kulmhöhe, mit einer prächtigen Aussicht auf die Oststeiermark, wurde das kleine, aber absolut sehenswerte Freilichtmuseum über die Keltenzeit installiert.

Den ausgegrabenen Haupt-Siedlungsepochen folgend, wurden im Eingangsbereich ein rutengeflochtener Ständerbau sowie ein Riegelbau errichtet, der als Schauhütte für die hiesigen Funde dient. Sodann wurde ein kupferzeitliches Haus mit lehmverputzten Flechtwänden den Funden vom Kulm nachgebaut. Auch der nebenstehende wuchtige Blockbau der Urnenfelderzeit zeigt prähistorische Wohnformenvom Kulmgipfel.

Schließlich sind eine latenezeitliche Schmiede sowie ein keltisches Herrengebäude aus der Bronzezeit mit einer kompletten Inneneinrichtung, welche die Wurzeln unserer alpinen Wohnkultur offen legt, zu sehen.

Harl bei Puch#

Mitten im oststeirischen Hügelland an der steirischen Apfelstraße wurde im Jahre 1990 im ehemaligen Wirtschaftsgebäude des Obstbaumeisterbetriebes der Familie Kelz das "Haus des Apfels" eröffnet. Das Haus des steirischen Apfels steht in Harl bei Puch und ist direkt an der Apfelstraße gelegen. Es wurde beim Obstbaubetrieb und Mostschank der Familie Kelz eingerichtet und ist ein „lebendes Museum", in dem nicht nur Ausstellungsobjekte besichtigt werden können, sondern auch ein gemütlicher Mostbuschenschank angeschlossen ist.

Das 'Haus des Apfels': Hier findet sich alles Wissenswerte rund um das Thema Apfel.
Das "Haus des Apfels": Hier findet sich alles Wissenswerte rund um das Thema Apfel.
Getreidespeicher aus der Urnenfelderzeit.
Getreidespeicher aus der Urnenfelderzeit.

Ein historischer Teil zeigt die Arbeits- und Lebensumstände des Obstbauern im Laufe der Zeit auf- von Maria Theresias Regierungsepoche über Erzherzog Johann, dem großen Förderer des Obstbaues, bis zu den heutigen Methoden der Obstproduktion, -lagerung, und -Vermarktung. Interessant sind die alten Gerätschaften der Schnapsbrennerei bis hin zum modernen Brennkessel und zur Süßmosterzeugung.

Der Hagelabwehr wird dem Thema angemessen breiter Raum eingeräumt. Schließlich wird auch das Obstpressen demonstriert. Neben wechselnden Sonderausstellungen zieht ein eigens angelegter Apfelsorten-Lehrpfad die Besucher besonders an.

Mostbuschenschank: Brücke zwischen Obstbauern und Gast#

Das Schnapsbrennen ist eine Kunst, die immer mehr Freunde findet. Im Bild ein Brennkessel, der beim herkömmlichen Schnapsbrennen maximal zu Zwei- bis Dreivierteln mit Maische gefüllt werden sollte. da er sonst leicht überkochen kann.
Das Schnapsbrennen ist eine Kunst, die immer mehr Freunde findet. Im Bild ein Brennkessel, der beim herkömmlichen Schnapsbrennen maximal zu Zwei- bis Dreivierteln mit Maische gefüllt werden sollte. da er sonst leicht überkochen kann.

Früher einmal war Apfel- und Birnenmost der Haustrunk oder in den Gasthöfen das billige Getränk des „einfachen Mannes". Das hat sich aber grundlegend geändert, hat man doch inzwischen den Gärmost als bekömmliches und magenfreundliches Getränk kennen gelernt. Der Alkoholgehalt ist deutlich geringer als beim Wein und der Gärmost lässt sich auch beliebig mit Wasser verdünnen und ist sodann echt durstlöschend - was die Bauern schon immer gewusst haben.

Heute beherrscht der Obstbauer auch die Kellerwirtschaft perfekt, sodass auf den Bauernhöfen ein hervorragender und „abgerundet" schmeckender Most auf den Tisch kommt. Stichwort Buschenschank: Wahrscheinlich brachten die Franken und Bayern unter Karl dem Großen und Otto I. die Regelung mit, dass Weinbauern selbst ihren Wein ausschenken durften.

Entsprechende Gesetze gehen auf das Jahr 795 zurück. Kaiser Josef II. (1741-1790) schaffte mit seiner „Zirkularverordnung" aus dem Jahre 1784 die rechtliche Grundlage für Buschenschänken: Den Weinbauern wurde das Recht zuerkannt, eigene Erzeugnisse selbst zu verkaufen.

Edelbrände und Calvados#

Bei vielen Bauern in der Steiermark hat das Schnapsbrennen schon immer Tradition. Früher war das Brennen ein kleines Volksfest, bei dem die Nachbarn zusammenkamen. Heute geschieht es ohne viel Geselligkeit, aber dafür mit hoher Professionalität. Besonders an der Apfelstraße haben sich die Bauern ein perfektes Fachwissen angeeignet und erzeugen mit Können und viel Fingerspitzengefühl ausgesprochene Spezialitäten, wie zum Beispiel einen Apfelbrand, der dem französischen Calvados in nichts nachsteht.Beim Typ „Calvados" wird nicht die Maische gebrannt, sondern es wird der Most destilliert, wie das auch beim Grappa oder beim Cognac der Fall ist.

Das herkömmliche Brennen geschieht nach wie vor in Brennkesseln aus Kupfer, das hohe Temperaturen aushält und nicht korrodiert. Vieles ist bei der Herstellung eines Edelbrandes wichtig: Das Obst muss die volle Reife haben, denn nur so sind hoher Fruchtzuckergehalt und viel Aroma zu erreichen. Besondere Erfahrung gehört während des Brennens zum Heizen, damit sich bestimmte Inhaltsstoffe der Maische verflüchtigen - andere wieder müssen erhalten bleiben. Die richtige Kühlung des Destillats spielt ebenso eine große Rolle, wie das vorsichtige Umrühren während des Brennvorgangs.

Die Birne in der Flasche#

Schon mancher wird sich Gedanken darüber gemacht haben, wie denn die ausgewachsenen Birnen (meist der Sorte Williams) in eine Flasche mit engem Hals kommen. In Klettendorf an der Apfelstraße kann man beobachten, wie diese Spezialität hergestellt wird. Bald nach der Blüte, wenn sich die kleine Frucht zu entwickeln beginnt, werden die Flaschen über die Früchte gestülpt und mit einer komplizierten Vorrichtung so aufgehängt, dass sich die Birne in der Flasche entwickeln kann. - Von „Geschwisterbirnen" des Vorjahres wurde ein Brand destilliert und mit diesem dann die Flasche aufgefüllt.

Die 'Birne in der Flasch': nur etwa jede dritte Birne ist gut genung, um anschließend drei Monate in Alkohol getränkt zu werden.
Die "Birne in der Flasch": nur etwa jede dritte Birne ist gut genung, um anschließend drei Monate in Alkohol getränkt zu werden.
Mostbirnenbäume gehören zu jedem alten Bauernhaus.
Mostbirnenbäume gehören zu jedem alten Bauernhaus.

Wissen Sie, warum die meisten steirischen Äpfel englische Namen haben?#

Der zirka 900 Meter hohe Kulm liegt im Zentrum des Apfellandes.
Der zirka 900 Meter hohe Kulm liegt im Zentrum des Apfellandes.

Diese Frage ist leicht beantwortet, stammen sie doch zum größeren Teil aus Ländern, in denen englisch gesprochen wird, was allerdings nur für die Plantagenäpfel gilt, die Hausgartenäpfel tragen wenigstens teilweise auch einheimische Bezeichnungen.

Es gibt wahrscheinlich mehr als eintausend verschiedene Apfelsorten, aber der in den Plantagen auf niedrigen Wuchsformen produzierte Apfel ist auf wenige beschränkt. Hauptsorte ist der „Golden Delicious", der aus den USA stammt, der „Idared" kommt natürlich aus Idaho und der „James Grieve" ist ein echter Schotte, er wurde von einem Mr. Grieve in Edinburgh gezüchtet.

Die heir im Bild zu sehenden Netze schützen vor Hagelstürmen, der 'Geißel des Apfellandes'.
Die heir im Bild zu sehenden Netze schützen vor Hagelstürmen, der "Geißel des Apfellandes".

„Mclntosh" stammt aus Kanada, „Gala" kommt aus Neuseeland und der hervorragend schmeckende „Elstar" wurde in Holland gezüchtet. Trotz englisch klingendem Namen stammt der „Gloster" aber aus Deutschland.

Nur die Sorte „Kornprinz Rudolf" erhielt in der Steiermark ihren Namen.

...und warum die meisten Obstanlagen mit Netzen überspannt sind?#

Schuld ist der Hagel, denn der Alpenostrand und die Gebiete südlich der Alpen sind besonders hagelgefährdet. Ursprünglich glaubten die Menschen an Gottesstrafe und böse Hexen als Verursacher eines Hagelunwetters, das in Minuten die Ernte und damit auch das Einkommen eines ganzen Jahres vernichten kann.

„Wetterläuten" mit geweihten Glocken von Kirchtürmen oder von speziellen Wettertürmen, später dann das Schießen mit Böllern und Kanonen waren die Maßnahmen, welche die Obstbauern in ihrer ohnmächtigen Verzweiflung über die Jahrhunderte hinweg gegen die Hagelschloßen anwandten - aber alles vergeblich.

Erst der Einsatz von „Hagelfliegern", welche Silberjodid in die Hagelwolken versprühen, brachte in den letzten Jahrzehnten gewisse Erfolge. Restlosen Schutz gewähren aber nur die Hagelnetze, die sich nun fast überall durchgesetzt haben.


© "Die schönsten Erlebnisstraßen Österreichs" Hilde und Willi Senft