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Zwischen Gott und der Welt#

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Inhaltsverzeichnis

Frömmigkeit#

Große Frömmigkeit und Gottvertrauen begleiteten Karl VI. sein gesamtes Leben. Sogleich nach der Geburt erhielt er eine ganze Serie von Taufnamen, die auf wesentliche Heilige Österreichs, Europas und eventuell Spanien Bezug nahmen: "Karl Franz Joseph Wenzel Balthasar Johann Anton Ignaz". Sie umrissen ein gigantisches Programm, das Karl VI. erst als er erwachsen wurde, so richtig begriff und davon Gebrauch machte. Sein einziger Sohn und seine drei Töchter erhielten ebenfalls Namen nach damals bekannten Heiligen. Auch die Sitte, dass der Zweitgeborene dem Klerus zugeführt werden solle, traf auf Karl VI. zu.
Die Eltern waren jedenfalls gottesfürchtig und fromm. In dieser Atmosphäre erfolgte seit 1692 die Ausbildung durch zwei Jesuitengeistliche. Der damalige Wiener Fürstbischof Ernst Graf von Trautson könnte als Historiker und Heraldiker den jungen Erzherzog beeinflusst haben.
Später sprach ihn die Mystik und das Wort Gottes an.

Weltkirche, Politik, Riten und Alltag#

Nicht wenig wird der Habsburger vom weihevollen und theatralen Prunk der Liturgie während des Gottesdienstes fasziniert gewesen sein. Oft sah er die blauen Schwaden des Weihrauchs und vernahm dessen harzigen Duft.
Die allgemeine Kirche sah als erste Aufgabe, die Allmacht Gottes nahezubringen. Der Glauben half die Härten im damaligen Alltag ertragbar zu machen. Verschnörkeltes Denken und Lebensmut boten Ergänzung. Dass das Ende stets gegenwärtig erschien, war dem Menschen dieser Epoche unentwegt bewusst. Egal ob als armer Untertan oder führender Herrscher. Zur Erinnerung: Epidemien, Krisen, Kriege, Elend und Eifersuchtsdramen gehörten zu den äußeren Erscheinungen des Barocks.
Des Kaisers Vorbildwirkung durfte nicht unterschätzt werden. Charisma war angesagt. Seine Frömmigkeit und Tugenden traten in den Vordergrund. Der Bereich der Mystik, eher eine Geisteshaltung, die sein Vater innehielt, war ohne Bedeutung. Dafür reagierte Karl VI. auf dem religiösen Sektor sehr konsequent – jesuitische Einflussnahme seit Tagen seiner Kindheit war der Grund. Dazu kam die Betonung auf die römisch-katholischen Feiertage und der erste Januar als Neujahrsbeginn. Eine Einführung des Papstes Innozenz XII.
Papst Innozenz XII. Porträt von Antonio Zanchi, zwischen 1691 und 1699
Papst Innozenz XII. Porträt von Antonio Zanchi, zwischen 1691 und 1699; Standort unbekannt - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Der besagte Papst trat als Kirchenerneuerer hervor. Dazu legte er auf die Vetternwirtschaft der Päpste keinen Wert, reformierte Ordens- und Weltklerus, ob es ihnen gefiel oder nicht, und unterstützte die Missionsarbeit in der Neuen Welt, in Persien und im Chinesischen Reich.
Weihnachten, so wie wir es heute kennen, wurde dezenter gefeiert: Geschenke gab es schon am Nikolaustag. Die Kaiserfamilie besuchte vormittags den Gottesdienst in der Hofkapelle. Dann nachmittags den Gottesdienst in der Kammerkapelle St. Joseph. Anschließend verteilte der Kaiser die Nikolaus-Geschenke an seine Ehefrau sowie den drei Töchtern und hohen Hofdamen.
In seiner Regierungszeit kannten die Gläubigen, vorwiegend in Tirol, Weihnachtskrippen und im übrigen Österreich üppige, erschütternde Kalvarienberg-Kirchenbauten.
Kalvarienberg, Wien-Hernals. Kupferstich
Kalvarienberg, Wien-Hernals. Kupferstich von Salomon Kleiner, 1724 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Kalvarienberg, Maria-Lanzendorf, Niederösterreich
Kalvarienberg, Maria-Lanzendorf, Niederösterreich - Foto: © Bwag/CC-BY-SA-4.0, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Preßburgischer Calvari=Berg, Kupferstich. Die einzelnen Kapellen und Sationen des einstigen Kalvarienberges
Preßburgischer Calvari=Berg, Kupferstich, 18. Jahrhundert. Die einzelnen Kapellen und Stationen des einstigen Kalvarienberges - Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Grazer Kalvarienberg, Kreuzigungsgruppe
Grazer Kalvarienberg, Kreuzigungsgruppe. Allerdings wurden die großteils barocken Skulpturen stets überarbeitet, Graz-Lend - Foto: Andi oisn, Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Karl VI. hielt etwa die Fastenzeit genau ein, legte die Beichte ernsthaft ab, wusch alljährlich am Gründonnerstag demutsvoll zwölf armen alten Männern die Füße. Kaiserin Elisabeth Christine tat es an Frauen. Ihre Vorgängerin, Kaiserinwitwe Amalia Wilhelmina gleichfalls. Die Verkörperung der Jünger Jesus zählten nach Angaben des „Wienerischen Diariums“ zwischen 64 und 111 (!) Jahre. Bei dieser Zeremonie war es üblich, dass einer von ihnen eine Dankesrede hielt, in der er den Kaiser bzw. Kaiserin würdigte und Gott um Beistand bat.
Außerdem nahm Karl VI. an den regelmäßig im Kirchenjahr stattfindenden prunkvollen Prozessionen teil. Am Palmsonntag eine Fußwallfahrt zur Hernalser Kalvarienbergkirche, zu Fronleichnam hinterm Allerheiligsten einhergehend und am Festtag des hl. Leopold eine Wallfahrt nach Klosterneuburg.
Auch die Nächstenliebe praktizierte der Kaiser. Er verzieh sogar seinem ärgsten Feind, nämlich Ludwig XIV., als dieser 1715 gestorben war und befahl schärfste Hoftrauer. Das war eine Reflexion auf das verwandtschaftliche Naheverhältnis der Bourbonen zu den Habsburgern.
In seiner Lebenspanne wurden Marterln, Wegkapellen und Wallfahrtskirchen umgestaltet oder neu errichtet. Die dunkle aufstrebende Gotik wich einem farbensprühenden Barockdesign. Die Verehrung vieler im Volk beliebter Heiliger nahm sprunghaft zu, und auch Österreichs, über die Grenzen bekanntester Wallfahrtsort Mariazell wurde zum Zentrum religiöser Besinnung.

Mariazell, Basilika und Wallfahrtsort; Steiermark
Mariazell, Basilika und Wallfahrtsort; Steiermark - Foto: © Bwag/CC-BY-SA-4.0, Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Die Jesuiten waren glühende Marienverehrer, was sich zwangsläufig auch auf Karl auswirkte. Gezielt wurde seine Frömmigkeit auf die Marienverehrung ausgerichtet, die auch offenbar sein religiöses Leben bestimmte. Nachdem feststand, dass Erzherzog Karl als König von Spanien eingesetzt würde, begab er sich noch vor seiner Abreise auf Wallfahrt nach Mariazell, um die Große Mutter Österreichs um Beistand zu erflehen, und wo er ein kostbares Edelsteinbesetztes Kruzifix aus Silber opferte (2011 wird es beim Requiem für Otto von Habsburg wiederverwendet).
Nach dem erfolgreichen Entsatz von Barcelona befahl er die Errichtung eines Mariendenkmals, das unter einem großen Aufwand am 20. Juni 1706 eingeweiht wurde. Nach der erfolgreichen Schlacht Prinz Eugens bei Ramilies unternahm Karl mitsamt Gefolge im Juli 1706 eine Wallfahrt in das Benediktinerkloster Santa Maria de Montserrat, wo er der weltberühmten "schwarzen Madonna" huldigte und einen kostbaren Degen opferte.

Unsere Liebe Frau von Montserrat - Statue Madonna von Montserrat
Unsere Liebe Frau von Montserrat - Statue Madonna von Montserrat - Ausschnitt eines Fotos: Misburg3014, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Gleichenorts versprach er, er werde für die Sache Jesu Christi kämpfen. Zwei Jahre später kam er abermals nach Montserrat. Diesmal mit seiner Ehefrau Elisabeth Christine und stiftete einen mit 28 Diamanten besetzten Kelch und sie stiftete diamantenbesetzte Messkännchen. Abt Fèlix Ramoneda gab beide Schenkungen zum Klosterschatz. Nach der Rückkehr nach Österreich ließ 1721 ein spanischer Prinz – Don Emanuel – im niederösterreichischen Brunn am Gebirge in der dortigen Pfarrkirche hl. Kunigunde eine Marienstatue aus dem südspanischen Granada aufstellen ("Schmerzhafte Muttergottes"). Könnte es nicht auch Prinz Don Emanuel von Portugal, der als polnischer Thronanwärter seit Ende 1732 und 1733 gehandelt wurde, gewesen sein? Dieser hielt sich im Mai 1733 in St. Pölten auf. Dann befände sich die Statue seit dieser Zeit in der Wallfahrtskirche. Die Pfarrkirche Hl. Kunigunde in Brunn am Gebirge wurde nicht ohne Zufall von 1721 bis 1735 wohl durch Zutun des Kaisers zu einem Wallfahrtszentrum ausgebaut.
Karl VI. besuchte 1732 während seiner oberösterreichischen Erbhuldigungsreise sogar Mauthausen, um der Verehrung einer lokal befindlichen Marienstatue nachzukommen. Elisabeth Christine war längst Mitglied in der Gemeinschaft der Jungfrau von Montserrat.
Während der entscheidenden Militäraktionen in dem von Prinz Eugen geführten Krieg gegen die Osmanen betete der Monarch in der Hofburgkapelle. Die Osmanen verloren am 5. August 1716 die Festung Peterwardein. An diesem Tag hielt sich der Kaiser in Mariazell auf. Allerdings wallfahrteten die kaiserlichen Offiziere vor und nach dem Tag nach Maria Taferl (Nibelungengau) und am Sonntagberg (Mostviertel) auf. Nach dem für die Osmanen unglücklich verlaufenen Krieg sandte der Kaiser als Dank an die hl. Muttergottes erbeutete osmanische Fahnen an die Wallfahrtskirche Mariazell. Erfolgreiche Friedensschlüsse waren genug Ursache, um zum Nationalheiligtum zu wallfahren. Die Pilgerreisen des Kaisers konnten zwei oder mehr Wochen andauern. Die Route führte an den bekanntesten Klöstern Niederösterreichs, an kleineren und größeren Andachtsorten, und bis ins steiermärkische Mariazell. Aber auch der Wunsch nach einem Erbprinzen konnte eine Triebkraft sein.
Mariazeller Gnadenbild 'Magna Mater Austriæ' (2005) - Foto: Papiermond, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Mariazeller Gnadenbild "Magna Mater Austriæ" (2005) - Foto: Papiermond, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Natürlich in Notsituationen hegte er ein wenig abergläubisches Gedankengut. Erwähnenswert: Die Krönungsreise nach Prag (1723), wonach einer böhmischen Legende zufolge, nur ein gekrönter König (von Böhmen) einen männlichen Nachfolger bekommen könne.


Heiligen- und Reliquienverehrung#

Unter Karl VI. erfuhr die Reliquienverehrung einen gewaltigen Höhepunkt. Für die Taufe des ersehnten Thronfolgers wurden aus der Schatzkammer der Hofburg eine stattliche Serie anerkannter Reliquien herbeigeholt: Heiliges Kreuz, heiliger Nagel, heiliges Blut, heiliger heiliger Dorn, heiliger Schleier.
Achatschale als Taufschale, 4. Jahrhundert; Kaiserliche Schatzkammer
Achatschale, Konstantinopel (?), 4. Jahrhundert. In der Mitte soll das Christusmonogramm zu sehen sein. Verwendung als Taufschale; Kaiserliche Schatzkammer, KHM - Foto: Gryffindor, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Auffallend am Herzen lag dem Kaiser die Hostienverehrung [1724 Umgestaltung der Heilig-Blut-Kapelle in Tirol und 1729 – 30 Bundesladen- und Versöhnungsdenkmal in Raab (= Györ, Ungarn)].

Spanische Religionskultur und Wiener Mentalität#

Eine Frage stellt sich doch – mag die Antwort auch vielleicht überkritisch sein: Womit Erzherzog Karl es in klerikalen Umständen in Spanien zu tun hatte? Karl war als überaus frommer Kaisersohn erzogen worden. Das religiöse Umfeld am Wiener Hof hatte ihn zutiefst geprägt. Das war auch aus zeitkulturellen Ursachen bedingt. Nun er wird zwar nicht mit Zitaten aus der Bibel umhergeworfen haben. Zumindest hatte er den Willen des Mächtigen zu respektieren und was auch das Schicksal für den Habsburger beschieden hatte, das hatte er mit Mühe akzeptiert. [Der Streit, wer über den Papst und wer über den Kaiser stand, das war auch damals philosophisches und theologisches Streitthema, das an den Feiertagen, und solche gab es nicht wenig, wenigstens in den Hintergrund rückte. Die leidige Frage um die Macht geistlicher und weltlicher Institutionen war stets vorhanden.]
Erzherzog Karl betrat spanischen Boden. Ein Blick in die Geschichte der spanischen Religionskultur ist nicht ohne Gefahr der Einseitigkeit möglich. Die katholischen Könige hatten über Jahrhunderte die Bevölkerung geprägt. Seit den nicht gerade ruhmreichen Tagen der Inquisition hatte in Spanien nur eine Religion das Recht ausgeübt zu werden: Die römisch-katholische Religion, wobei das Christentum als tragende tolerante humanistische Kraft – peinlicherweise – an Gültigkeit verloren hatte. Protestanten wurden nicht geduldet – nur in Biskaya lebten an 30.000 Lutheraner … Juden wurden nicht geduldet – und das seit 1492 … Die Söhne des Propheten wurden genauso wenig akzeptiert. Seit der Reconquista war der Islam auf spanischen Boden kein Diskussionsthema gewesen. Naturreligionen, wie sie farbige Sklaven aus Afrika – womöglich der altägyptischen Kulte verpflichtet – mitgebracht hatten, wurden nicht erlaubt. Beinahe erinnert das alles an den Hitlerismus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das einseitige kulturelle Missverhältnis existierte auch in Spanien an der Wende zum 18. Jahrhundert. Im Konflikt zwischen Bourbonen und Habsburger waren plötzlich auch zweierlei geistig-geistliche Strömungen da, die gleichfalls zum intellektuellen Kampfeinsatz gegeneinander herhalten mussten. Für Kulturhistoriker wäre das, ein reizender Ansatz diese Geisteskultur inmitten des spanischen Erbfolgekonfliktes in wissenschaftlichen Abhandlungen darzulegen. Auf den Österreicher musste die iberische Religionskultur – mitsamt ihren ja doch eher makabren Traditionen und Gebarungen im Brauchtum – wie ein Schock gewirkt haben. Andererseits könnte sie seinem katholischen Weltbild sowieso entgegengekommen sein – und das auch nur weil Prinzen aus dem Hause Habsburg für eine Thronfolge in Spanien entsprechend ausgebildet wurden. Hauptsache Karl von Österreich konnte sich die spanische Krone aufsetzen – wenn auch nur vorübergehend.

El Escorial - Kloster San Lorenzo und Schloss
El Escorial - Kloster San Lorenzo und Schloss - Foto: Malopez 21, Wikimedia Commmons - Gemeinfrei. Vorbild für das geplante Schloss-Kloster Klosterneuburg

Karl VI. achtete auch die Nationalheiligen Spaniens, so etwa die heilige Eulalia von Mérida – sie lebte im 3./4. Jahrhundert. Sie wurde als jugendliche Gegnerin der Christenverfolgung grausam gefoltert und ermordet. Der Legende zufolge stieg ihre Seele in Gestalt einer weißen Taube zum Himmel. Mérida liegt in der Estremadura – El Escorial! Eigentlich war die heilige Eulalia nicht nur Nationalheilige von Spanien, sondern auch von Katalonien.

Eine protestantische Prinzessin wird römisch-katholische Königin#

Der Beichtvater Leopolds I. und auch Karls, nämlich Pater Veit Georg Tönnemann wurde nach Wolfenbüttel gesandt, um Elisabeth Christine kennen zu lernen und zum Katholizismus zu bewegen. Damals gab es unter Intellektuellen wie Cristóbal de Rojas y Spinola, ein Franziskanermönch und seit 1686 Bischof von Wiener Neustadt (um 1625 – 1695) und den Wolfenbütteler Bibliothekar Leibniz die berechtigte Hoffnung auf ein Zusammengehen des Luthertums und des römischen Katholizismus. Die Prinzessin wechselte ehest ihre Konfession. Zum Studium erhielt sie Bücher von Theologen die den in Frankreich verbotenen Jansenismus angehörten. Diese katholisch-theologisch-philosophische Richtung vertrat einen auf den wichtigsten Grundsätzen beschränkten katholischen Glauben – vor allem diente die Bibel als Grundlage. Die Kaiserin war zwar römisch-katholisch geworden, aber offenbar war sie zeitlebens doch lutherisch geblieben. Damals bekannte und bedeutende Jansenisten waren: Karl Theodor Fürst Salm; möglicherweise Prinz Eugen, dann Pius Nikolaus Garelli und der nachmalige Staatsmann Bartenstein. Salm war Erzieher Kaiser Josephs I. und Garelli fungierte als Leibarzt und kaiserlicher Rat Kaiser Karls VI.
Schon 1713 verurteilte Rom den Jansenismus. 1728 wurden aus dem niederländischen Löwen 28 Jansenismus-Professoren von der Universität Löwen vertrieben.
Pius Nikolaus Garelli (Pio Niccolò de Garelli) war ein offener Gegner der Jesuiten. Kaiser Karl VI. brachte er dazu, das Erziehungsmonopol der Jesuiten zu beinträchtigen (1735). Viel später wird Maria Theresia den Jesuitenorden überhaupt verbieten.
Der Konfessionswechsel Elisabeth Christines erfolgte unter Zeitdruck. Die Richtigkeit wurde ihr als Kurzzeit-Königin von Spanien und danach als Titular-Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches (deutscher Nation) bestätigt. In der Hietzinger Pfarrkirche wurde sie stellvertretend von dessen kaiserlichen Bruder Joseph I. geehelicht. Als Ehefrau eines spanischen Herrschers hatte sie sich nicht um Politik zu kümmern, sondern als praktizierende Katholikin zu erscheinen. Mit der Marienverehrung hatte sie keine Schwierigkeiten. Eher akzeptierte sie den böhmischen Nationalheiligen hl. Johannes Nepomuk.
Noch im Rahmen der Hochzeitsfeierlichkeiten besuchten Karl und Elisabeth Christine am 11. August 1708 in Barcelona die Barmherzigkeitkirche Esglesia de la Mercé, um den in der Sakristei verwahrten, unversehrten Körper der hl. Maria von Cervelló ihre Aufwartung zu machen. Im Beisein des Bischofs von Albarracín [Bischof Lamberto Manuel López (1701–1717) von Teruel y Albarracín???] entnahmen sie Reliquien – Schleier und Gürtel. Am nächsten Tag wurde der Körper der Heiligen im Dom Santa Maria del Mar von Barcelona aufgebahrt und ein Hochamt gegeben. Danach wurde sie wieder in die Barmherzigkeitkirche zurückgebracht. Elisabeth Christine sah vom Palast aus, die Prozession vorbeiziehen.
Die Verehrung der Eucharistie lag traditionell seit der Gegenreformation bei den Habsburgern im Vordergrund. So auch bei Kaiser Karl VI, seinen Bruder Joseph I. und den Ahnen. Kaiser Karls VI. Ehefrau Elisabeth Christine griff – offenbar seit 1712 – als Statthalterin von Katalonien (eigentlich Spanien-Katalonien) aus tiefstem Antrieb auf. Ihr Schwager Joseph I. galt als liberal – allgemein sah er die Religion nicht als vorrangig an – und praktizierte die Eucharistieverehrung wohl nur aus Staatsräson. Kaiser Karl VI. lag als strenggläubiger Mensch auf der erzkonservativen Linie.
Nun ob damalige Ansichten in heutige geistige theologische Strömungen anzuwenden sind, das ist eine andere Frage. Konservative Menschen sahen und sehen sich eher als Bewahrer und stemmten und stemmen sich gegen hastige Neuerungen, die aus ihrer Sicht sich als verfehlt bis zerstörerisch zeigen konnten.
Karl VI. betonte die Barockfrömmigkeit seiner Epoche. Gebet und Meditation zählte zu den wichtigsten religiösen Tätigkeiten eines vorbildgebenden christlichen Habsburgers. Karl behielt seinen Glauben, und das auch in krisenhaften Momenten, besonders im militärischen Kampf um die Vorherrschaft in Spanien. Im Barceloner Nonnenkloster Sant Pere besaß er sogar einen eigenen Kirchenschlüssel, um an der Heiligen Messe bewohnen zu können. Über das Kloster konnte er völlig verfügen.

Religiöse Gepflogenheiten#

In Wien besuchte der Herrscher seine privaten Kapellen, etwa die kaiserliche Hofburgkapelle und die dem hl. Joseph geweihte Kammer-Kapelle im Leopoldinischen Trakt der Hofburg, ebenso die in den Schlössern seiner Jagdreviere untergebrachten Schlosskapellen.
Der mächtige Turm des aus dem Mittelalter stammenden Stephansdoms dominierte über der Stadtfestung. Der hohe spitzzulaufenden Turm war weithin sichtbar – heute ist seine Sicht teilweise durch die hohen Wohnbauten verstellt. In der Zeit seiner Grundsteinlegung 1137 wurde das Bauwerk völlig nach dem Sonnenstand im Osten ausgerichtet. In Wien selbst befanden sich über zwanzig Kirchen und ebenso viele Klöster. Ihre skurrilen Glockentürme beherrschten die Stadtsilhouette. In einem Kriegs- oder Katastrophenfall wurde die Pummerin von St. Stephan geläutet. Normalerweise waren ihre tiefen klangvollen Glockentöne höchstens zu den hohen Feiertagen des Kirchenjahres zu hören.
Stephansdom, Topographia Austriacarum (Merian)
Stephansdom, Topographia Austriacarum (Merian) - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Karl VI. und der Klerus – Staat und Kirche#

Der Kaiser unterhielt ein enormes Beziehungsgeflecht mit den hohen kirchlichen Institutionen im Reich. Er kam den meisten Kardinälen, Bischöfen und Äbten irgendwie entgegen, auch wenn ihre politischen Intentionen eher auf Rom ausgerichtet waren. Wenn der Herrscher ein absolutistisches Verhältnis mit den oberen Kirchenfürsten aufbrachte, war es ein kritisches und er hatte eigene Vorstellungen von seiner Person im Heiligen Römischen Reich (deutscher Nation).
Monarchie und Kirche gingen ineinander auf. Der Kaiser sah sich als oberster weltlicher Priester, dem der Klerus zu respektieren hatte. In Wahrheit funktionierte das aufgrund der Intellektualität der Kirchenspitze, vom Vatikan abwärts nicht. Aber das Staatskirchenwesen existierte nun einmal. Nur bis in das Zeitalter der Aufklärung. Der Kaiser wagte zu intervenieren. Der Kardinal versuchte zu vermitteln. Der Nuntius versuchte zu taktieren. Wunderliche Ergebnisse kamen zustande. Alle Beteiligten waren darüber unzufrieden bis zufrieden. Stets agierte das System der Intrige wie im Kleinen und wie im Großen. Bekanntermaßen blieb seit dem Hochmittelalter die uralte Frage im Raum, wer denn über wen stand? Der Papst über dem Kaiser? Der Kaiser über dem Papst? Eine Antwort gab es schon lange: Beide wurden von Gott überwacht.

Karl VI. und das Papsttum#

Immerhin kamen und gingen im Leben Karls VI. acht Päpste.: Innozenz XI., Alexander VIII., Innozenz XII., Clemens XI., Innozenz XIII., Benedikt XIII., Clemens XII., Benedikt XIV. Von ihnen wird er wohl Porträts besessen haben. Persönlich kannte er sie nicht, lediglich ihre offiziellen bevollmächtigten Vertreter. Mit dem Konflikt um die Erbfolge Spaniens brach auch der Disput zwischen Rom und Wien um die Weltherrschaft erneut aus. Was für ein Anachronismus!
Papst Clemens XI.
Papst Clemens XI. Italienisch, zwischen 1700 und 1721; Standort unbekannt - Foto: Wikimedia Commmons - Gemeinfrei
Papst Clemens XI. lehnte den Österreicher als Nachfolger für die spanische Krone ab. Die Sorge, dass der Habsburger seine kirchlichen Vorrechte zum Nachteile Roms nützte könnte, lag wie eine dunkle Wolke über dem Vatikan. Fatal wäre es, dass Karl die Wahl eines spanischen Kardinals selber bewerkstellige, und deshalb sogar ein Konklave beeinflussen könnte. Clemens XI. sah die „Unabhängigkeit“ der Weltkirche gefährdet.
Im Februar 1707 [12.02.1707] belehnte Joseph I. seinen Bruder mit Mantua und einer Provinz nördlich im Po-Delta. Im Jahr darauf wälzte sich eine kaiserliche Armee durch den Kirchenstaat in Richtung Neapel, was den Papst unsagbar bedrückte. Der Kirchenstaat war damit besetzt. Man muss das verstehen, Neapel und Sizilien waren Lehen des Papstes, was den Kaiser wenig kümmerte. Im Prinzip war das der letzte gewaltsam ausgetragene Konflikt zwischen dem Kaisertum und dem Papsttum seit dem Investiturstreit.
Noch im Sommer 1708 reiste Elisabeth Christine über Italien nach Spanien, ohne vom offiziellen Klerus anerkannt worden zu sein. Das war eine impertinente Beleidigung, die geradewegs gegen Karl gerichtet war. Anfang 1709 schlossen Kaiser und Papst Frieden. Rom anerkannte den Österreicher als König von Spanien und Wien kam für die Schäden im Kirchenstaat auf.
Im Mai 1709 schrieb Karl in einem Brief an Wratislaw, dass er weiterhin dem probourbonischen Nachfolger Petri misstraue. Noch im gleichen Jahr bestätigte Clemens XI. die Anerkennung des Habsburgers öffentlich. [1709 August]
Inzwischen verstarb am 14. September 1709, einer der weiteren und eigentlichen Verursacher des Spanischen Erbfolgekrieges, Kardinal Portocarrero im Alter von 74 Jahren. Seine politische Karriere war auf dem Nullpunkt angelangt: Philipp V. verdankte ihm zwar die spanische Krone – aber er hatte ihn wegen seines unersättlichen Machthungers rasch verachtet. Auf dem Parkett der Weltpolitik scheiterte Portocarrero und wollte nicht erkennen, dass in Spanien eine sofortige Reform (Finanzen und Wirtschaft) wichtig erschien. Seine Tätigkeit war von einem egozentrischen Standpunkt aus gekennzeichnet. Wütend schickte Philipp V. den Kardinal in dessen früheres Erzbistum Toledo zurück, was sowieso einer Verbannung entsprochen hatte. Sein Leben war denn noch ein bewegtes. Noch in jungen Jahren kümmerte er sich nicht um das Zölibat. Er unterstützte die Benachteiligten jener Zeit. Auf testamentarischen Wunsch wurden auf die letzte Ruhestätte des hohen Würdenträgers des spanischen Klerus folgende Worte verewigt: "Hic jacet pulvis, cinis, et nihil." Frei interpretiert hieß das: Hier läge nur Pulver, Asche und sonst nichts.
Während des grausam geführten Bürgerkrieges zwischen Parteigängern Philipps V. und Karls, befahl der Österreicher seinen Generälen, dass Kirchen und Klöster zu schonen seien. Auch die Religionszugehörigkeit wurde zu einem Politikum.
Der Papst protestierte vergeblich gegen den Wahlmodus während der kaiserkür Karls VI. - zumal zwei profranzöische Kurfürsten fehlten. Im Verlauf der Kaiserkrönung in Frankfurt am Main versprach der neue Kaiser, dass er die Kirche und den Glauben schützen und verteidigen werde. Er vermied das Wort "Papst" überhaupt auszusprechen. Das sagt schon alles! Glocken läuteten und auch die Ankunft im winterlichen Wien war vom Glockentönen begleitet. Unter den dröhnenden Klängen der kürzlich neu gegossenen "Pummerin" (St. Stephansdom) reiste Karl VI. in seine Residenzstadt. Nebenbei sei erwähnt, dass diese Glocke aus dem Metall einstiger osmanischer Kanonen (Wien 1683) gegossen.
Josephinische Glocke, 1711; 'Pummerin'
Josephinische Glocke, wegen ihres tiefen Klanges bald "Pummerin" bezeichnet; Zeichnung, zwi. 1863 und 1905, Archiv der Dombauhütte St. Stephan zu Wien / Wiener Bauhütte Band XI - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Krönungsfeiern und viel Geduld#

Begleitet von 150 Ministern erschien der Kaiser am 27. Januar 1712 zu einem feierlichen Tedeum im Stephansdom. Bischof Rummel zelebrierte einen Festgottesdienst.
Bischof Franz Ferdinand von Rummel, Kupferstich
Bischof Franz Ferdinand von Rummel, Kupferstich - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Monate später, am 22. Mai wurde der Kaiser im Pressburger St. Martinsdom von Kardinal Christian August von Sachsen (Herzog von Sachsen-Zeitz) zum "König Karl III. von Ungarn" mit der Stephanskrone gekrönt. Der Habsburger versprach feierlich das Königreich nach allen Himmelsrichtungen zu schützen. Für diesen feierlichen Akt wurde ein türkischer repräsentativer Säbel von einem Wiener Goldschmied mit Diamanten versehen. Vermutlich achtete der Kaiser den Nationalheiligen der ungarischen Untertanen, den hl. Stephan und dessen Festtag am 16. August.
Elf Jahre hernach widerfuhr ihm im Prager St. Veitsdom die Krönung mit der Wenzelskrone durch den Erzbischof von Prag Graf Franciscus Ferdinand von Khuenburg und der Bischöfe von Breslau und Olmütz, Franciscus Ludovisco Pfalzgraf am Rhein und Graf Wolfgang Hannibal von Schrattenbach (1719 – 22 Vizekönig von Neapel) am 5. September 1723. Drei Tage später erhielt Kaiserin Elisabeth Christine die böhmische Königswürde zugeeignet. Damals beging die Stadt Prag ihr 1000-Jahrjubiläum und das dortige Bistum seine 750-Jahr-Feier.

Franz Ferdinand von Kuenburg, Erzbischof von Prag, Kupferstich, vor 1722
Franz Ferdinand von Kuenburg, Erzbischof von Prag, Kupferstich, Johannes Kenckel, vor 1722

Die Krönungsfeier in den "drey Prager Stätten" war ein Spektakel, das sogar die Kaiserkrönung von 1711 versuchte zu überbieten – und äußerst teuer. Bei der Krönung zum König von Böhmen umstanden Karl VI. dazu noch zwei Jesuitengeistliche, die außerdem Kardinäle waren. Was für eine Situation. Der Kaiser stand bei der Zeremonie unter theologisch-politischen Druck. Kardinalpater Alvarez Cienfurgos, ein Spanier, der schon seine Treue zu Karl II. von Spanien unter Beweis gestellt hatte. Wenn sein Name spielerisch falsch geschrieben wird, etwa satirisch "Cienfurgos" zu "Cien-Fuego", hieße das "Hundert Feuer" – eine Anspielung an das drohende Purgatorium, das auch einen Kaiser erwarten könnte, dessen Seelenheil der unendliichen Verdammnis anheimfiele …? Dann noch Kardinalpater Johannes Baptist Salerno (1679 – 1729), ein Italiener, der fähig gewesen war, Prinz August von Sachsen zum römischen Katholizismus bekehren. Dazu unterstützte er die Heirat des Prinzen mit einer ältesten "josephinischen" Erzherzogin Maria Josepha (1719), einer Nichte Karls VI. Mit ihnen – den Mitgliedern der Societas Jesu hatte Karl VI. zugleich Repräsentanten zugunsten Spaniens und Roms vor Augen. Aber eigentlich Glaubenswächter, die den Kaiser in Fragen des Protestantismus in Böhmen genau beobachtet hatten. Damals gab es von ihnen wirklich weltweit – von Europa über Asien bis Südamerika an die 20.000 Mitglieder.
Der Kaiser gründete – auf Betreiben des Fürsten Liechtenstein – die Lichtentaler Pfarrkirche "Hll. Vierzehn Nothelfern" als Zentrum einer künftigen Pfarre, die sogar kurzzeitig "Carlsstadt" genannt wurde (Wien-Alsergrund). Im November 1712 legte Karl VI. den Grundstein. Das Gotteshaus wird als Schubertkirche weltberühmt werden. Sie und weitere Wiener Kirchen wurden zum geistig-geistlichen und indirekten Schutzwall gegen jegliche weltliche Beschwerlichkeit. Das Bauwerk wurde 1769-73 erweitert und seit 1827 bekam sie durch hinzugefügten Nordturm ihr heutiges Aussehen.
Der im 17. Jahrhundert bekannte Wallfahrtsort Kloster Kladruby bzw. Kloster Kladrau (Okres Tachov) im Westen Böhmens wurde durch widrige Umstände und dem Dreißigjährigen Krieg zerstört. Im 18. Jahrhundert war Wiederaufbau angesagt. Vermutlich durch Anregung Kaiser Karls VI. wurde von 1712 bis 1726 die Klosterkirche Mariä Himmelfahrt nach Plänen des böhmischen Baukünstlers Johann Santini-Aichel (1677 – 1723) – er studierte bei Hildebrandt und dem älteren Fischer von Erlach – im Stil der Barockgotik neuerrichtet. Kaiser Karl VI. war ein bekennender Verehrer der Hl. Maria Muttergottes. Angrenzende neuere Konventgebäude wurden von Kilian Ignaz Dientzenhofer (1689 – 1751) erbaut. Das Innere der Kirche wurde von den Brüder Cosmas Damian und Egid Quirin Asam sowie von Matthias Bernhard Braun gestaltet. Heute ist das Gotteshaus das Drittgrößte in Böhmen und wichtiges nationales Kulturdenkmal Tschechiens. Dientzenhofer war in den 1730er Jahren der meist beschäftigte Baumeister Böhmens und wurde vom Kaiser zum offiziellen Hofbaumeister erhöht (1730) und danach zum Oberfestungbaumeister ernannt (1737).

Pest und Verzweiflung#

Eine Pestkatastrophe in Wien erreichte im Februar 1713 (insgesamt 8644 Tote) ihren Höhepunkt. Der Kaiser gelobte am Sonntag, den 22. Oktober 1713, während einer Prozession von der St. Augustinus-Hofkirche bis zum Stephansdom, bei dem innig herbei geflehten Ende der Epidemie einen Bau einer dem Mailänder Pestheiligen Karl Borromäus geweihten Kirche in Angriff zu nehmen und den Spanischen Erbfolgekrieg zu beenden. Zwei Jahre später wurde der Bau dieser "Karlskirche" unter Fischer von Erlach begonnen und 1737 vollendet. Diese eindrucksvolle Kirche war der letzte große Barockbau Wiens.

Bürgerspitalsgottesacker mit Kapelle S. Rochi. Im Hintergrund links S. Caroli Borromäus Kirche, Kupferstich, 18. Jahrhundert
Bürgerspitalsgottesacker mit Kapelle S. Rochi. Im Hintergrund links S. Caroli Borromäus Kirche, Kupferstich, 18. Jahrhundert. - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Durchschnitt durch die Karlskirche, aus 'Entwurff Einer Historischen Architectur' Johann Bernhard von Fischer von Erlach; Kupferstich, 1721
Durchschnitt durch die Karlskirche, aus "Entwurff Einer Historischen Architectur" Johann Bernhard von Fischer von Erlach; Kupferstich, 1721 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Die Karlskirche wirkt trotz ihrer Ästhetik und ihrer hohen Sinngebung völlig sachlich. Komischerweise wirkt sie auf zeitgenössischen Abbildungen – Bauskizzen und -pläne, Modelle und Medaillen – und nach der Fertigstellung dennoch anspruchsvoll. Sie gilt als außergewöhnliches Meisterwerk von Johann Bernhard Fischer von Erlach. Kaiser Karl VI. hatte sie höchstpersönlich – neben zwei anderen Projekten (Johann Lucas von Hildebrandt, Ferdinando Galli-Bibiena aus Bologna) – im November 1715 – in die engere Wahl genommen. Der Hofkriegsrat anerkannte die Wahl des Standortes. Hauptsache die Festungsstadt Wien war nicht gefährdet. Aus Karls VI. Sicht entsprach das Kirchenbauwerk als vornehmste Sakralarchitektur des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Widerspiegelt sie den "Kaiserstil"? Der Bauherr stellte zwar seinen Glauben in den Mittelpunkt seiner Regierungsphilosophie. Eher agierte er als oberflächlicher Bürokrat mit einem Hang zu einem überweltlichen Gehaben.
Wenn ich mir die Karlskirche so betrachte, wirkt sie trotz ihrer tiefsten und höchsten Sinngebung von ihrem Stil her, völlig sachlich. Auf zeitgenössischen Abbildungen – nach Bauskizzen und -plänen, Modellen und Medaillen – und nach Fertigstellung wirkt sie dennoch anspruchsvoll. Aber das heutige Bauwerk – ein Meisterwerk von Johann Bernhard Fischer von Erlach – wurde offenbar vom Kaiser Karl VI. höchstpersönlich neben zwei anderen Projekten – anderer Baukünstler (Johann Lucas von Hildebrandt und Ferdinando Galli-Bibienea aus Bologna) – im November 1715 in die engere Wahl genommen. Die Standortwahl wurde nach Absprache mit dem Hofkriegsrat, welcher keine Gefährdung der Festungsanlagen der Stadt Wien, ausmachen konnte, entschieden. Wahrscheinlich entsprach aus seiner Sicht das Kirchengebäude als repräsentative Sakralarchitektur des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Anlässlich des Versprechen Karls VI. (1713) eine Kirche zu errichten hielt Jesuite Franz Xaver Brean eine Predigt, worin er das Heilige Land mit der Residenzstadt Wien verglich. König David habe bloß einen Altar errichtet und Kaiser Karl VI. errichtete mehrere Altäre in der dem Mailänder Pestheiligen Karl Borromäus geweihten Kirche. Das geplante Gotteshaus soll ein Monument für den Kaiser werden. Allerdings mutmaßte der Prediger, der tieffromme Kaiser betrachte das als seine Interpretation des überirdischen auf Erden. Dazu sei erwähnt, dass Karl Borromäus ein wichtiger Vertreter der katholischen Reform nach dem Trienter Konzil (Gegenreformation!) war.

Karlsplatz, Wien-Wieden
Karlsplatz, Wien-Wieden - Foto: Gryffindor, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Später wird der große Platz vor der Kirche bis zum – überdeckten – Wienfluss reichend "Karlsplatz" genannt (1899).
Ich vermute, Karl VI. hatte bei seiner Reise nach Linz – zu seiner Lisl – kurz Aufenthalt im Stift Melk genommen, wo er aus reiner Höflichkeit den Baufortschritt der neuen Klosterkirche begutachtet hatte, nahm an einer Messe teil. Der gastfreundliche und freigiebige Abt Berthold Dietmayr, bereits Ratgeber unter Kaiser Leopold I. und Dekan der Theologischen Fakultät in Wien, hatte ihm wohl das Modell der Stiftkirche gezeigt und möglicherweise könnte Karl VI. auch den Tiroler Klosterarchitekten Jacob Prandtauer begegnet sein. Aber das bleibt Spekulation – nachweisbar im modernen Sinne ist es nicht. Aber der Neubau der Klosterkirche Melk könnte den Kaiser indirekt zur Gestaltung der Wiener Karlskirche doch angeregt haben. Ihre Kosten waren beachtlich: 304.005 Gulden und 22 ¼ Kreuzer. Die Gelder für den Bau der Kirche wurden aus den Teilstaaten der gesamten Monarchie innerhalb des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation zusammengetragen. Oftmals auch mittels Zwangsabgaben. Hamburg musste sogar Strafgeld abliefern, weil der dortige "Pöbel" im Verlauf eines Aufstandes eine vom Kaiser gestiftete Kirche (Hamburg-Altona) zerstört hatte. Die Gelder kamen aus sämtlichen Besitzungen des Kaisers – Ungarn leistete 12 Prozent davon – und zynischerweise auch von Financiers jüdischer Herkunft, die sogar das meiste in Raten liefern mussten: So die Brüder Marcus und Mayr Hirschl um ihre Aufenthaltsgenehmigung verlängern zu können: 150.000 Gulden. Später mussten sie nur mehr 100.000 Gulden zahlen, und das wieder in Raten.

Karl VI. und seine Untertanen mit israelitischem Weltbild#

Für die Juden war die Epoche Karls VI. - und seiner Vorgänger -, eine harte Lebenswelt, die auch in die Zeit Maria Theresias hinüberreichte. Das galt auch für Andersgläubige. Ein kulturelles Leben war möglich und fand bloß eingeschränkt statt. Also in erster Linie hatten sie höchstens Geld oder Ratgeber zur Verfügung zu stellen. Und zwar "Dona gratuita", sprachverharmlost als freie Spende. Und wer nichts hatte, der hatte nichts zu melden ... Als Hoffaktor war der jeweilige Financier auch für seine Gemeinde verantwortlich. Andernfalls kamen sie als Antwort die staatliche Gewalt zu spüren, und damals war man nicht zimperlich.

Bittere Vorurteile gegen Juden#

Der Antijudaismus Kaiser Karls VI. rührte daher, dass sein Vater Kaiser Leopold I. in den Juden die Feinde Christi gesehen hatte. Wie der Alltags-Antijudaismus damals zu sehen ist, erläutert eine von Hofprediger Abraham a Sancta Clara um 1700 überlieferte bösartige Anekdote. Während der Fahrt auf der Donau durch die gefährlichen Strudeln beruhigte er einen mitreisenden Rabbiner folgendermaßen: "... es werde ihm nichts geschehen; was an den Galgen gehörte, fände in der Donau kein Grab ..."
Hofprediger Abraham a Santa Clara, vor 1709
Hofprediger Abraham a Santa Clara, vor 1709; Wien Museum - Foto: Wolfgang Sauber, Wikimedia Commons - Gemeinfrei. Kaiser Karl VI. hatte den wortgewaltigen Geistlichen um 1700 gewiss gekannt
Angespornt durch die Wiener Bürgerschaft – vor allem der Händler und Kaufleute. Die Erziehung Karls durch kämpferische Geistliche tat ihr übriges.
Kaiser Karl VI. war kein tiefer Freund des Judentums. Das lag einerseits in seiner strengen römisch-katholischen Erziehung begründet und andererseits war sein Vater Leopold I. vom Hoffaktor Samuel Oppenheimer finanziell zeitweise abhängig gelegen. Dazu kam noch, dass die Familie Oppenheimer in einem Banken- und Börsenkrach internationalen Ausmaßes verwickelt gewesen war – ein Bankrott der Monarchia Austriaca war die Folge.
Schon 1716 regelte Karl VI. die Abgaben der niederösterreichischen Juden. Hauptsache die Hofkammer sah gefüllte Geldtruhen.

Von der Obrigkeit geschürter Antijudaismus - Kontrollen ohne Ende#

Eine gute Meinung besaß der Kaiser dank seiner Beamten nicht. Allerdings bemühte sich die Hofkammer (Finanzministerium) dem Monarchen nahezubringen, dass es Sinn mache einige wenige reiche jüdische Familien zu umklammern. Von einer milden Vorgehensweise gegenüber jüdischen Menschen hielt der Kaiser nichts. Er verlangte, dass jüdische Händler überwacht werden. Die in Wien lebenden Juden wurden kontrolliert, ob sie sexuell mit Nichtjuden verkehrten. Die Orientierung war möglicherweise im Grunde genommen egal. An christlichen Sonn- und Feiertagen durfte sie erst nach zehn Uhr vormittags aus dem Haus gehen; sie durften nicht einmal am Fenster zu sehen sein. Die Anstellung christlicher Dienstnehmer wurden ihnen erschwert. Aber wenigsten gestand der Kaiser in der Ausübung ihrer religiösen Pflichten einen Spielraum zu. Aber das war schon alles!
Samuel Oppenheimer, Hoffaktor unter Kaiser Leopold I.
Samuel Oppenheimer, offizieller Hoffaktor unter Kaiser Leopold I.; um 1700; Jüdisches Museum, Wien - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Samson Wertheimer, um 1700
Samson Wertheimer, um 1700; Österreichisches Jüdisches Museum - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Für die Kaiserkrönung stellte Hoffaktor Samson Wertheimer 148.000 Gulden zur "Verfügung".
Gab es Krieg, war den Juden verboten Geschäfte zu tätigen und schon gar nicht mit dem Feind.
Später gab es von den Wiener Juden noch über 1,2 Millionen Gulden für den Kampf gegen die Hohe Pforte (1717). Jahre später verlangte man von ihnen 600.000 Gulden zur Unterhaltung des kaiserlichen Militärs (1727). Der Kaiser lehnte den Bau einer Synagoge in der Vorstadt, die sie selbst finanziert hätten, ab. Nebenbei existierte in Wien eine eigene türkische jüdische Gemeinde mit Synagoge. Sie war das Resultat des Friedens von Passarowitz (1717/18) und war geschützt. Dagegen besaßen die Christen im Osmanischen Reich eine Sonderstellung, die solange blieb soferne der türkischen jüdischen Gemeinde in Wien nichts passiere.
Auch Karl VI. unterschied bei manchen Juden: Einen Portugiesier-Spanier namens Don Diego d'Aguilar Pereira erhob er in den Adelsstand. Er hatte den Tabakvertrieb in Habsburg-Österreich vorzüglich organisiert. Pereira finanzierte eine Synagoge und ein Bethaus. Um ihn scharten sich "angesehene Spaniolen" wie die Camondo, Nissan, Eskenasy, Nissim, Juda Amar, Malgo und Beneviste. Aguilar zählte – neben Oppenheimer und Wertheimer – als bekanntester Wiener Hofjude. Er entstammte einer Marranenfamilie – erst als 30-Jähriger erfuhr er von seiner jüdischen Herkunft. In Amsterdam bekannte er sich mit seiner Familie offiziell zum jüdischen Glauben, kam 1722 nach Wien, pachtete das staatliche Tabakmonopol, das zur Basis der späteren "Österreichischen Tabakregie" wurde.

Affäre Jud Süß Oppenheimer#

Interessant war auch, dass sich in der späten Ära Kaiser Karls VI. die Affäre Jud Süß ereignete (1737/1738). Im Herzogtum Württemberg gab es eine Krise nach der anderen. Jud Süß – eigentlich Joseph Süß Oppenheimer – wurde wegen seiner politischen Nähe als Hoffaktor zum Herzog Carl Alexander von Württemberg (1664 – 1737) missbilligt und wegen Hochverrat aus nichtigen Ursachen – als Sündenbock – hingerichtet, eher ermordet.
Joseph Süß Oppenheimer, Kupferstich, 1738
Joseph Süß Oppenheimer, Kupferstich, 1738 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Hinrichtung Joseph Süß Oppenheimer bei Stuttgart. Kupferstich, 1738
Hinrichtung Joseph Süß Oppenheimer bei Stuttgart. Kupferstich, 1738

Der Kaiser dürfte über die Affäre Bescheid gewusst haben – auch wenn es keinen direkten Beleg dazu gibt – aber eine reelle Hilfe schien er auch nicht geleistet zu haben …
Zum Vergleich sei die jüdische Gemeinde in Prag angeführt, sie gehörte seit Ende des 17. Jahrhunderts zu den Wichtigsten der einstigen Epoche – trotz Widrigkeiten durch die Pest (1689). Aber seit 1724 wurde auch dort die jüdische Bevölkerung unterdrückt, indem ihre Bevölkerungszahl reglementiert und die Wohnorte diktiert wurden. Eine Auswanderungswelle wieder nach Westungarn und Polen war die Folge. Toleranz war damals eher ein Fremdwort. Auch wenn ein Mensch jüdischer Herkunft römisch-katholisch getauft wurde, konnte es ihm bei einem Strafprozess seine frühere Konfession als Nachteil angerechnet werden. Anerzogener Alltagshass auf jüdische Menschen gehörten zur Lebenswelt im Zeitalter Kaiser Karls VI. Nicht einmal ihre kultisch bedingten Freudenfeste durften sie feiern. Übrigens seine Erbtochter blieb auch in Fragen des Judentums keine Ausnahme. Trotzdem lieh sie sich vom sephardischen Juden Diego d’Aguilar 300.000 Gulden für den Ausbau ihres Lieblingsschlosses Schönbrunn.
Ein von der kaiserlichen Obrigkeit diktierter Antijudaismus. Ein mögliches Erklärungsmodell warum über Jahrhunderte bis ins 20. Jahrhundert die Shoah den grausigen Höhepunkt markieren sollte? In Österreich? In den deutschsprachigen Gebieten? Zufall?

Theologische Diskussionen der Juden - Nichts als Ärger#

Der Kaiser duldete in seinen Königreichen und Ländereien als absolutistischer Herrscher keine Unruhen – mit den Protestanten oder Lutheranern hatte er es schwer genug – aber mit jüdischen Geistlichen war das für ihn neu gewesen. Andererseits, das ist wahrhaftig ein Widerspruch, der so typisch war an den carolinischen Absolutismus: Der Kaiser fühlte sich auch für Belange seiner jüdischen Untertanen zuständig. Der damalige Rabbiner von Prag, David Ben Abraham Oppenheimer (1664-1736), ein in Worms geborener, anerkannter Theologe, Mathematiker und Geograf sowie Bibliophiler, wurde als alleiniger böhmischer Landesrabbiner – als Kabbalist – ungewollt in theologische Streitereien verwickelt. Karl VI. hatte genug mit Aufständen protestantischer Untertanen zu tun. Ein Ärgernis durch israelitische Untertanen käme einer kostenpflichtigen Zuwaage gleich: Der Kaiser verbannte die aufständischen – aber strengen – Jewischa-Studenten – Sabbatianer – aus Prag und übergab David Oppenheimer die alleinige Autorität über die Prager Rabbinatsstudien.
David Ben Abraham Oppenheimer, Oberrabbiner von Prag, seit 1718 mittels kaiserlichem Dekret Landesrabbiner von Mähren und Böhmen, Kupferstich, 1772
David Ben Abraham Oppenheimer, Oberrabbiner von Prag, seit 1718 mittels kaiserlichem Dekret Landesrabbiner von Mähren und Böhmen, Kupferstich, 1772 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Weitere Stiftungen und Kirchenbauten#

Am 6. Juli 1713 legte Kaiserin Elisabeth Christine den Grundstein der Linzer Karmelitinnenkirche "Empfängnis Mariae". Das lokale Barockgenie Johann Michael Prunner wird sie entwerfen und bauen. Drei Jahre später wird sie geweiht und erst 1732 fertiggestellt. Heute Kirche und Kloster der Barmherzigen Brüder.
In Anlehnung an die gegen Ende des 17. Jahrhunderts von seinem Vater gestiftete Pestsäule (eigentlich eine Dreifaltigkeitssäule) am Graben ließ der Kaiser am 3. Juni 1714 in Baden bei Wien den Grundstein zum Bau einer Dreifaltigkeitssäule legen.
Dreifaltigkeitssäule bzw. Pestsäule, Baden, Niederösterreich
Dreifaltigkeitssäule bzw. Pestsäule, Baden, Niederösterreich - Foto: Felix König, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Auch hier galt es die Errettung vor der Pest durch Gott entsprechend zu würdigen. Zugleich wurde der Wiederaufbau der Kurstadt Baden in Unter=Österreich nach einer im Winter geschehenen Brandkatastrophe damit unterstrichen. Der Entwurf stammte von Martino Altomonte und der Bildhauer Giovanni Stanetti realisierte sie. Diese Säule wurde vier Jahre später fertiggestellt und steht auf dem Hauptplatz. An ihr sind unter anderem die Figuren des hl. Sebastian und des hl. Karl Borromäus. Der Kaiser fungierte als überhöhtes Vorbild für eine St. Pöltener Hauseigentümerin: Noch 1717 wurde in St. Pölten auch aus Anlass der Errettung vor der Pest auf dem Herrenplatz eine Mariensäule, die vermutlich vom Schwiegersohn Jacob Prandtauers, Peter Widerin, errichtet. Anderen Quellen soll der Bologneser Antonio Beduzzi – er gestaltete die Ausstattung der Melker Stiftskirche – den Entwurf geliefert haben und Joseph Pabel die Realisation erledigt haben. Anregung dürfte dazu Kaiser Karl VI. indirekt gegeben haben. Er galt ja als inniger Marienverehrer. Ich gehe davon aus, dass noch viele solche Beispiele gab, und auch solche die längst von der Zeit überwunden worden waren.
Der Kaiser könnte in Hietzing bei Wien, Lainzer Straße nahe 117A, die Errichtung einer Dreifaltigkeitssäule mit Gnadenstatue aus Sandstein initiiert haben. Am 21. Mai 1714 legt er den Grundstein für eine Dreifaltigkeitssäule im niederösterreichischen Mödling.
Dreifaltigkeitssäule bzw. Pestsäule, Mödling, Niederösterreich
Dreifaltigkeitssäule bzw. Pestsäule, Mödling, Niederösterreich - Foto: © Bwag/CC-BY-SA-4.0, Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Kaiser Karl VI. unterstützte wohl von 1712 bis 1727 auch den Weiterbestand der Schwarzspanierkirche in Wien-Alsergrund – hinter dem heutigen Universitätscampus. Sie war damals ursprünglich eine 1633 erbaute Klosterkirche der weißgekleideten (!)

Ehemalige Schwarzspanierkirche und Kloster, Kupferstich, 1724
Ehemalige Schwarzspanierkirche und Kloster, Kupferstich, Salomon Kleiner, 1724 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei. Heute ist nur mehr die markante Fassade erhalten
Benediktiner von Montserrat. Fünfzig Jahre später wurde sie während des Osmanensturms zerstört (1683). Ihr Nachfolgebau wurde mit der Grundsteinlegung 1690 begonnen und bis 1727 errichtet. 1725 nahm das Kaiserehepaar an einem Festakt an der halbwegs hochgezogenen Schwarzspanierkirche in Wien-Alsergrund teil. Zwölf Jahre später nahmen der Kaiser und die Kaiserin an der Einweihung des fertigen Kirchenbaues durch Fürsterzbischof Sigismund Graf von Kollonitz am 6. September 1739 – Tag der hl. Maria von Montserrat – ebenfalls teil. Heute steht nur mehr seit 1963 die denkmalgeschützte – inzwischen sanierte – interessante Fassade mitsamt der Vorhalle und birgt den Anbau des Evangelischen Studentenheimes "Albert Schweitzer-Haus". Der Name des barocken Baumeister verschwand aus übertriebener Bescheidenheit im Dunkel der Kunstgeschichte. Im früheren benachbarten Schwarzspanierhaus wird einmal ein Ludwig van Beethoven leben.
1721 stiftete der Kaiser eine Pazifikale (Kusstafel) – sie befindet sich in der Geistlichen Schatzkammer.

Karl VI. und die Schweiz#

Kaisermonstranz#

Für Kaiser Karl VI. gab es auch historische Verbindungen zur Benediktinerabtei Kloster Einsiedeln im Kanton Schwyz – neben Kanton Zug. Das im Zusammenhang mit der Schlacht am Morgarten 1315. Der Verlierer dieser Schlacht war der Habsburger Herzog Leopold I. von Österreich [und der Steiermark] und Schirmherr von Einsiedeln. Somit hatte auch der Kaiser die Schirmherrschaft über Einsiedeln sozusagen ererbt. Unter Abt Maurus von Roll aus Solothurn (1653/1698 – 1714 – er entstammte einer der geachtetsten Solothurner Familien) erhielt das Kloster vom Kaiser Karl VI. am 22. August 1714 die Regalien (Allgemein: wirtschaftlich nutzbare Hoheitsrechte).
Die Pfarrkirche St. Peter und Paul in Oberägeri unweit der im schweizerischen [Kanton] Zug beim Ägerisee bekam – nach Verlust der Sakralgegenstände – vom Kaiser Karl VI. eine kostbare "Kaisermonstranz" (1727, vom Augsburger Goldschmied Franz Taddäus Lang angefertigt) geschenkt. Wahrscheinlich schenkte der Kaiser dieses Sakralgerät als Versöhnungsgeste und als politischen Ausdruck auf die schweizerischen Besitzungen der Habsburger. Doch damit blieb er nicht allein: Ein Jahr später stiftete König Ludwig XV. von Frankreich der Pfarrkirche der gegenüberliegenden Stadt Unterägeri eine Sonnenmonstranz.
Die besagte "Kaisermonstranz" betonte wohl die siegreiche Madonna, besonders über die Osmanen. Damals lag der Fall der Festung Belgrad zehn Jahre zurück.

Eine Schweizer Liegenschaft#

Dank den Bischöfen von Chur (Graubünden), Ulrich VII. (1728) und nach ihm Benedikt von Rost, bekam der Kaiser das halbe Münstertal. 17.000 rheinische Gulden (ca. 17 Millionen Euro) kostete die historische Gegend, die 1733 zu Tyrol hinzugefügt wurde. 1499 erlitt Kaiser Maximilian I. gegen die drei Bünde eine Niederlage in der brutalsten Schlacht an der Calven.
Karl VI. übernahm das Protektorat über die Kirche St. Maria im Münstertal. Später verkaufte Karl VI. das Grundstück am die drei Bünde (1739). Immerhin sah er gute Beziehungen mit der „neutralen“ Schweiz.

Mariatrost bei Graz - neuer Wallfahrtsort#

Basilika Mariatrost, Graz
Basilika Mariatrost, Graz - Foto: Georg Mittenecker, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Joseph Dominic Graf von Lamberg, damals Bischof des Bistums Seckau, nachmals Bischof von Passau; 18. Jahrhundert
Joseph Dominic Graf von Lamberg, damals Bischof des Bistums Seckau, nachmals Bischof von Passau; 18. Jahrhundert - Modifiziertes Foto von G.Garitan, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Basilika Mariatrost, Kuppelfresko
Basilika Mariatrost, Kuppelfresko - Foto: E.mil.mil, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Ein bevollmächtigter Vertreter des Kaisers vollzog am 18. September 1714 die Grundsteinlegung für die neue Wallfahrtskirche Mariatrost bei Graz [Mariatroster Kirche Geburt Maria]. Der Erzbischof von Seckau, Josef Dominikus von Lamberg, weihte damals den Stein. Andreas Stengg und sein Sohn Johann Georg Stengg entwarfen und zogen das Bauwerk hoch. Allerdings die Vollendung zog sich bis Ende des 18. Jahrhunderts hin. Das Deckenfresko von Lukas von Schram und seinem Schüler Franz Naher (1733/35 bis 1737), verfasst von einem kaiserlichen Programmverfasser namens Pio Niccolò de Garelli – kaiserlicher Rat, zeigt Maria als "Schlachtenhelferin" bei der Belagerung von Konstantinopel [durch die Slawen im Jahre 626. Kaiser Heraklius (Herakles!) wurde als neuer Mose, David und Salomon gepriesen – und wurde zum Vorläufer Kaiser Karls VI.
Der Ausbau der Mariatroster Straße von Graz zur gleichnamigen Wallfahrtskirche gehörte auch zu den Leistungen des katholischen Kaisers (1721).

Stifte und Klöster - Bauboom#

Stift Vorau, Oststeiermark
Stift Vorau, Oststeiermark - Foto: © Bwag/CC-BY-SA-4.0, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Die Finanzkraft der vom Bauboom erfassten Stifte und Klöster – sie sicherten auf Jahrzehnte hinaus Arbeitsplätze – führte dahin, dass der Kaiser am 15. März 1715 ein Bauverbot für Klöster dekretierte. Er mutmaßte mit dieser Methode die vom Erbfolgekrieg marodierte Staatskasse wieder auffüllen zu können. Andererseits wahrscheinlich hoffte er eine finanzielle Beteiligung von seitens des Prälatenstandes am Bauprojekt "Karlskirche" und einen damals geplanten Feldzug gegen die muslimischen Osmanen, die "Ungläubigen" die finanzielle Basis bereiten zu können. Doch der Kaiser gedachte mit dieser gigantischen Kirche ein völlig erneuertes Rom auf die Beine zu stellen, und das er zu kontrollieren gedachte. Karl VI. hatte nichts gegen den Herrn der Welt, eher etwas gegen dessen Stellvertreter, der vorwiegend Tendenzen zu den Bourbonen aufbrachte. Karl VI. begann Wien – wohl mit berechneter Absicht und angesichts des bourbonenfreundlichen Pontifex maximus – zu einem Konkurrenz-Rom auszubauen. Kirchenfürsten wie Kaiser pflegten sich durch Symbole auszudrücken. Sichtbares Zeichen bot etwa der Bau der Karl-Borromäus-Kirche durch die beiden Fischer von Erlach in Wien-Wieden, an dem Ufer des Wien-Flusses und an der Route zur Favorita und zum Schloss Laxenburg. Das war bloß der Anfang. Später wurde die Karlskirche in Wien-Wieden zum politischen Symbol habsburgischer Macht und Überherrlichkeit. Karl VI. zollte Gott seinen allerhöchsten Respekt, aber der irdischen Amtskirche bemühte sich der Kaiser eher als weltlicher Herrscher seinen Willen aufzuzwingen. Freilich begann damit ein insgeheimer Konkurrenzkampf zwischen Rom und Wien. Die Dimension der Karlskirche übertraf sogar die Ausmaße der Stiftskirche von Melk. Der Kuppelbau gemahnt an den Dom von St. Peter zu Rom. Die Säulen gemahnten an die antike Trajanssäule und Minarette der Hagia Sophia in Konstantinopel …
Eigenartig wie beinahe epochengleich – wenn auch am Ende des europäischen Dreißigjährigen Krieges – auf einem anderen Kontinent das Tschad Mahaj entstand.

Errettung von der Pest und ein neues Rom in Wien#

Der Kaiser erfüllte mit dem Bau der Karlskirche ein Gelöbnis. Aber die Errettung vor der Pest schien eher ein äußerer Anlass gewesen zu sein. Allein, dass die Baukosten durch Zwang hereingebracht wurden, lässt auf andere Ursachen schließen. Tatsächlich schien er als Schutzherr der Kirche eher eigene Wege zu beschreiten, indem er eine Konkurrenz zum Vatikan zu errichten gedachte. Mit Sitz in Wien. Das hätte wohl eine gigantische Kirchenspaltung, ein monumentales Schisma zur Folge gehabt. Das hätte dem Kaiser gewiss gefallen? Was Karl VI. auch immer vorgehabt hatte, sein Leben war zu kurz geworden, um bedeutende Gelegenheiten zu vollbringen. Wollte er die Position des Papstes einnehmen, wie sein Ahne Maximilian I.? Wie mächtig wollte Karl VI. noch werden? Wir dürfen keineswegs vergessen in seiner Jugend wurde er von Jesuiten ausgebildet, für ein geistliches Amt. So agierte er auch, wie ein oberster Priester mit all den Entscheidungen, die zu fällen galt. Seine geistlichen Erzieher haben niemals den Gedanken erwogen, dass mit Erzherzog Karl womöglich ein Gegner des damaligen Papsttums herangereift sein könnte. In der Kunstsammlung des Kaisers ist ein von Holbein geschaffenes Gemälde einer der Ehefrauen Heinrichs VIII. – jener war Oberhaupt der Anglikanischen Kirche …

Karlskirche - Symbol des neuen Roms#

Karlskirche
Karlskirche, Wien-Wieden - Foto: © Ernst Zentner
Am 4. Februar 1716 erfolgte die Grundsteinlegung. 1733 übergab der Kaiser das Gotteshaus den Orden der Kreuzherren aus Prag zur Seelsorgetätigkeit. Die eigentliche Ausstattung der Kirche sollte der Orden übernehmen. Sie brachten gewiss wertvolle Sakralkunstwerke mit. Am 28. Oktober 1737 zelebrierte der Kaiser die Einweihungsfeier mit einem bislang seltenen Aufwand. Das Kaiserpaar fuhr mit einer angeblich aus Spanien mitgebrachten goldenen von Pferden gezogenen Hofwagen nach Wien-Wieden, begab sich in die Kirche. Der Wiener Erzbischof Sigismund Graf von Kollonitsch nahm die offizielle Einweihung innerhalb eines Gottesdienstes vor. Nach mehr als zwanzig Jahren war der von Johann Bernhard Fischer von Erlach und seinem Sohn Joseph Emanuel geschaffene imposanteste Kirchenbau Wiens endlich vollendet gewesen. Auf dem daneben liegenden Friedhof wurde 1741 Vivaldi bestattet. Die Silhouette der Karlskirche ist aus dem Stadtbild des modernen Wiens nicht mehr wegzudenken. Beide Säulen bieten Szenen aus dem Leben des hl. Karl Borromäus. Sie erinnern auch an die Säulen des Herakles an die Trajanssäule und an die Regierungsdevise des Herrschers: Constantia et fortitudine. In nächster Nähe liegt das Belvedere des Prinzen Eugen …


Die Gläubigen östlich von Wien#

Im Dezember 1714 erhob er den Erzbischof von Ungarn – die dortigen Bischöfe waren seit dem 13. Jahrhundert auch Primas von Ungarn – in den Reichsfürstenstand. Seither war der jeweilige ungarische Kirchenfürst Fürstprimas.
Fürstprimas Erzbischof Emmerich Graf Csáky (von Keresztszeg)
Fürstprimas Erzbischof Emmerich Graf Csáky (von Keresztszeg). Kupferstich - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
1717 ließ Karl VI. Fürstprimas Erzbischof Emmerich Graf Csáky (von Keresztszeg) – dieser stützte 1722 den Kaiser in der ungarischen Anerkennung der Pragmatischen Sanktion – zum Kardinal erheben. (Vier Jahre später – 1721 – nahm er beim Konklave, aus dem Innozenz XIII. hervorging, teil. Der Kaiser zeigte sich 1723 dem Kardinal dankbar und schenkte ihm ein ganzfigüriges Porträt-Gemälde des Prinzen Eugen aus der Hand Johann Kupetzkys.
1715 gestattete der Kaiser in seinen Königreich Ungarn die Errichtung des Piaristenordens und förderte gleichzeitig die Papstkirche.
Kriege und Instandhaltungen von Festungen und bauliche Gegebenheiten in den von Prinz Eugen eroberten neuen Gebieten der Monarchie kosteten Geld. Kaiser Karl VI. beanspruchte die mehr oder weniger starke Finanzkraft der österreichischen Abteien, worin ihm die Päpste Clemens XI. (15. Februar 1716) und Benedikt XIII. (31. Januar 1725) mittels Breves eher doch unwillig unterstützten. Etwa brauchte der Kaiser das Geld – heute schier unvorstellbare Unsummen – für das Militär gegen Ende des Spanischen Erbfolgekrieges und gegen die Hohe Pforte sowie im polnischen Thronfolgekonflikt. Für das hatten der niederösterreichische Prälatenstand aufzukommen. Genauso mussten sie eine Fortifikationssteuer berappen (1724). Sie diente zur Instandhaltung der Festungen von Belgrad und Temesvár.
Dazu sei angemerkt, dass Papst Clemens XI. stellte für den Krieg gegen die Osmanen 1716 bis 1718 umfangreiche Subsidien zu Verfügung.
Ironie der Geschichte: Mit Geldern des Papstes entriss die spanische Flotte – auf Anordnung des Kardinal Gulio Alberoni – dem Kaiser 1717 Sardinien. Für Karl VI. war der Fall sonnenklar, der Heilige Vater betrieb – angeblich – ein Täuschungsmanöver, und der Vatikan setzte in der Quadrupelallianz vom 2. August 1718 durch, dass Italien neugeordnet wurde. Nachdem die spanische Flotte von der britischen, besser bewaffneten Kriegsmarine geschlagen worden war, wurde bei den Verhandlungen die altgewohnten Lehensrechte des Papstes völlig übergangen.

Weitere unterstützende Maßnahmen#

Um 1714/1715 bekundete die Kaiserin ihr Interesse an einem kirchlichen Institut zur Ausbildung adeliger Tochter und eventuell daraus zu gewinnenden Nonnen. Noch im darauffolgenden Winter wurde mit dem Bau begonnen. Ende April 1715 erlaubte Kaiserin Elisabeth Christine die Grundsteinlegung für den Bau einer Kirche für das Institut der Englischen Fräulein in St. Pölten. Die Kaiserin wurde durch den Bruder der Mutter Oberin vertreten. Zwei Jahre später wurde das Gotteshaus geweiht und 1718 vollendet. Kaiser Karl VI. erlaubte dem gleichen Institut eine Filialgründung in Krems an der Donau (12. Oktober 1722).
Während einer Wallfahrt nach Mariazell versprach Kaiser Karl VI. eine Stiftung eines Sakralgegenstandes hauptsächlich aus Silber im Wert von 20.000 Gulden. Bis 1722 wurde vom Goldschmied Johann Baptist Känischbauer von Hohenried eine silberne Kreuzigungsszene für den Hochaltar der Basilika geschaffen. Das Besondere daran ist, dass die Figurengruppe über eine Weltkugel, die schon früher angefertigt wurde, gesetzt wurde. Eigentlich entsprach es der Auffassung Kaiser Karls VI. Er versprach zu stiften, und wie er das tat. Er hielt seine Versprechen, vor allem gegenüber dem Höchsten.
1722 stiftete der Kaiser als Votivgabe eine Kreuzigungsgruppe aus Silber für den von Johann Bernhard von Fischer von Erlach vor 1700 bis 1702 zuvor geschaffenen Hochaltar. Sie war der Ersatz einer damals bislang vorhandenen Kreuzgruppe des Münchner Hofbildhauers Andreas Faistenberger. Die vom Kaiser angeschafften Figuren wurden schon 1714 von Lorenzo Mattielli als Modelle geschaffen, die zur Vorlage für die Bildhauerarbeit des Wiener Silberschmied Johann Känischbauer wurden, der sie 1720 vollendete. Später wurden die Seitenfiguren "Muttergottes" und "Hl. Johannes" 1806 entfernt und ein Jahr darauf durch versilberte Holzfiguren ersetzt. Im August 1722 wurde in Anwesenheit des Monarchen und Abt Anton Stroz von St. Lambrecht die Figurengruppe offiziell eingeweiht.

Einmischung in kircheninterne Angelegenheiten#

Raymund Ferdinand Graf von Rabatta, Fürstbischof von Passau, Kupferstich, 1714
Raymund Ferdinand Graf von Rabatta, Fürstbischof von Passau, Kupferstich, 1714 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Franz Anton Graf von Harrach, Fürsterzbischof von Salzburg
Franz Anton Graf von Harrach, Fürsterzbischof von Salzburg, Kupferstich - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Bistumserhebung und territoriale Vergrößerung#

Die eigenständige Kirchenpolitik Karls VI. verärgerte den Vatikan. Hofkanzler Sinzendorf und der kaiserliche Beichtvater Tönnemann traten für eine Erhöhung Wiens von einem Bistum zu einem Erzbistum ein. Die Residenzstadt mit ihren Vorstädten war ein richtiges Ballungszentrum mit 80.000 Einwohnerinnen und Einwohnern geworden. Der Bischof von Passau, Graf von Rabatta, und der Erzbischof von Salzburg, Graf von Harrach – letzte Metropolit Österreichs – waren dagegen, weil dieses Vorhaben ihre jeweiligen Verwaltungssprengel reduzierte. Das bedeutete auch, ihre Einnahmen wurden verringert. Alles eine Kosten-und-Nutzen-Frage. Der Vatikan bekam im Dezember 1719 einen vom Kaiser unterfertigten Brief mit der Forderung einer Erzbistumserhöhung Wiens. Begründet wurde das mit der Rolle Wiens 1683 als Bollwerk gegen die Osmanen und den Wegfall zweier deutscher Bistümer (Magdeburg und Bremen) hundert Jahre zuvor. Der Erhebungsbeschluss kam im März 1721. Der Kaiser lehnte die aus seiner Sicht überhöhte Bestätigungsgebühr ab. Er reagierte zynisch: Wer ein Erzbischof sein möchte, soll auch selber zahlen. Innozenz XIII. gab nach und halbierte diese Gebühr. Am 1. Juni 1722 stand endlich das Erzbistum Wien mitsamt Suffraganbistum Wiener Neustadt.
Die päpstliche Erhebungsbulle kam nach Wien und am 24. Februar 1723 nahm der Kaiser am Festgottesdienst in der nunmehrigen Metropolitankirche St. Stephan teil. Der bisherige Bischof Sigismund Graf von Kollonitsch wurde erster Erzbischof. (Dank dem Kaiser wurde er 1727 zum Kardinal erhöht. Karl VI. setzte ihm das Birett auf und erhielt – mitsamt der Kaiserin – einen abverlangten Handkuss. Der Vatikan reagierte wütend. Das alles hätte der Nuntius machen sollen.)
Eine territoriale Vergrößerung des Diözesansprengels wurde gefordert. Der Bischof von Passau, Graf von Lamberg tolerierte das nicht. Sein Verwaltungsterrain reichte bis nach Ungarn. Karl VI. nahm die Grundintentionen des Josephinismus vorweg. Er versuchte die Klöster anzutasten, um die Pfarreien zu vermehren. Melk, Göttweig und Klosterneuburg sollten in Weihbistümer des Erzbistums Wien umgewandelt werden. Das Salzburger Erzbistum und Bistum Passau sollten zahlreiche Pfarren abgeben. 36 Salzburger Pfarren an Wiener Neustadt und 110 Passauer Pfarren an Wien. Und alles mit überhöhten Geldsummen. Der Kaiserliche Rat Abt Berthold Dietmayr von Melk besuchte eilig den Kaiser und brachte dessen Vorhaben zu Fall. Er begründetet es mit der Geschichte von Melk in Zusammenhang der Babenberger. Der Nuntius deutete an, falls der Kaiser auf Comacchio verzichte, böte der Papst Zugeständnisse und Passau würde zum Erzbistum erhöht. Der Kaiser hatte sich in kircheninterne Probleme mitsamt habsburgischer Außenpolitik verwickeln lassen und gab nach. Das künftige Erzbistum Passau überließ dem Erzbistum Wien einige Pfarreien im Viertel unter dem Wienerwald. Erzbischof Kollonitsch versprach, Passauer Besitz auf Wiener Boden unangetastet zu belassen. 1728 sicherte Karl VI. zu, diese Ausgliederung werde die letzte sein. (Zehn Jahre später wurde auf seine Initiative hin, der Passauer Fürsterzbischof zum Kardinal erhoben.)

Gebete um einen Erben#

Seine jahrelange Nachkommenlosigkeit brachte ihn mitsamt seiner Ehefrau im Frühsommer 1715 auf eine Wallfahrt nach Mariazell. Sie ereignete sich vom 13. Juni bis zum 18. Juni 1715. Am 15. Juni 1715 zelebrierte Abt Anton Stroz von Mariazell und St. Lambrecht ein Pontifikalhochamt in der Wallfahrtskirche. Karl VI. und Elisabeth Christine baten inniglich um einen Nachfolger. Dabei gab der Kaiser ein Versprechen ab für den Hochaltar eine silberne Kreuzigungsgruppe zu stiften. Das Kaiserpaar stiftete ein silbernes Kruzifix. Die Kaiserin stiftete ein mit kostbaren Edelsteinen (Diamanten) besetztes goldenes Herz.
Am 13. April 1716 kam endlich der ersehnte Thronfolger in Wien zur Welt. Im darauffolgenden Sommer fand wieder eine Wallfahrt statt, und zwar vom 30. Juni bis zum 4. Juli 1716. Sie stand unter dem Dank des Kaiserpaares gegenüber der Magna Mater Austriae statt. Wieder mit einem von Abt Anton Stroz geleiteten Hochamt und einem seltenen Akt des Gnadenerweises: Abt Anton reichte die Marienfigur direkt zum Kuss des Kaiserpaares herab. Der Kaiser opferte ein kostbares Ziborium (Hostienbehälter) mit Edelsteinen. Die Kaiserin opferte einen wertvollen Kelch mit Edelsteinen.

Geschenke an Klöster#

Den Äbten und Pröbsten den generös gestalteten Klöstern rings im Land verehrte er jeweils Pektoralen und andere Geschenke. Nach 1715 überreichte er dem Abt des Stiftes Admont, Anselm Luerzer von Zechenthal – dieser betreute auch die Wallfahrtskirche Frauenberg und amtierte in hohe politische Funktionen des Erzherzogtums Steiermark – eine kostbare Pektorale, Karl VI. wusste um die schwierige Konkurrenzstellung des Admonter Abtes im Ennstal zu dem Erzbistum Salzburg und [Erz-]Bistum Bamberg Bescheid.
Anselm Lürzer von Zechenthal, Abt des Stiftes Admont. Kupferstich
Anselm Lürzer von Zechenthal, Abt des Stiftes Admont. Kupferstich, nach 1715. Der Abt hält seine Pektorale (Brustkreuz) dem Betrachter entgegen; Geschenk Kaiser Karls VI. - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Benediktinerabtei Stift Admont. Barockes Aussehen. Gemälde, 1845
Benediktinerabtei Stift Admont, Steiermark. Barockes Aussehen. Gemälde von Joseph Mössmer, 1845 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Vermutlich versuchte der Kaiser eine ideelle politische Annäherung an die höchsten steiermärkischen Kirchenfürsten. Wohl in Konkurrenz zum Salzburger Erzbischof und Bamberg …
1717 stiftete Karl I. in Wien-Alsergrund das Spanische Spital für Untertanen aus den spanischen Provinzen. Die Gelder dazu kamen aus den spanisch-italienischen Besitzungen. Am 12. Februar 1718 erfolgte die Grundsteinlegung für einen Neubau. Die Verwaltung oblag den Mercedarier. In früheren Zeiten sammelte der Orden Geld, um damit gefangene und versklavte Christen aus den Händen der Sarazenen freizukaufen.

Seminarkirche Santa Maria de Mercede, Wien-Alsergrund
Seminarkirche Santa Maria de Mercede, Wien-Alsergrund - Foto: © Bwag/CC-BY-SA-4.0, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Seminarkirche Santa Maria de Mercede, Seitenaltar
Seminarkirche Santa Maria de Mercede, Seitenaltar, gestiftet von Karl VI. - Foto: Bella47, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
1722/23 wurde von Anton Ospel die anliegende Kirche Maria de Mercede – spätere ehemalige Waisenhauskirche – erbaut – die Grundsteinlegung geschah am 2. August 1722 – und am 24. September 1723 – den Festtag "Barmherzige Maria" – geweiht. Ein Blick in die Innenausstattung zeigt, dass die Altäre mit Heiligen und Wappen ausgestattet wurden, die im Zusammenhang mit den spanischen Ländern Karls VI. standen (Niederlande, Mailand, Neapel und Sizilien). Der von Ospel entworfene Hochaltar enthält in seitlichen Nischen Heiligenfiguren, die auf Spanien hinweisen. Jacobus der Ältere bietet die Reflexion auf Santiago di Compostela und Eulalia gilt als Patronin von Barcelona. 1727 stiftete der Kaiser den ersten Seitenaltar aus Marmor, darin ein Leinwandbild "Christus und Petrus auf dem See Genezareth" von Francois von Roettiers. Der Marmoraltar selbst birgt allegorische Anspielungen auf das Motto Karls VI. "Constantia et fortitudine".
Leopoldskirche auf dem Leopoldsberg, Wien-Döbling
Leopoldskirche auf dem Leopoldsberg, Wien-Döbling - Foto: Gryffindor, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Die 1683 zerstörte Leopoldskirche auf dem Leopoldsberg in Wien-Döbling wurde 1693 von Kaiser Leopold I. wiedererrichtet und von Kaiser Karl VI. ab 1717 baulich erweitert. Das Gotteshaus erinnerte ihn an den Triumph der Kaiserlichen gegen die Osmanen bei Wien und wohl vom Namen her auch an seinem früh verstorbenen Thronfolger Erzherzog Leopold Johann von Österreich.
1717 stifteten Kaiser Karl VI. und Kaiserin Elisabeth Christine für die Basilika Mariazell einen sogenannten "Kaiserornat". Das kostbare Parament bestand aus einer Kasel, vier Dalmatiken, zwei Pluvialen. Das Ganze bestand aus einen angeblich französischen Silberstoff und Stickereien aus Seide, Gold und Silber. Als Hersteller wirkten die Englischen Fräulein in St. Pölten – erinnern wir uns doch an die von Titular-Kaiserin Elisabeth Christine angeordnete Grundsteinlegung zwei Jahre zuvor. (Seit 1833 in der Kunstsammlung des Stiftes St. Lambrecht.)
Nach dem für Habsburg erfolgreich geschlagenen Krieg gegen das Osmanische Reich und nach dem Friedensschluss 1718 sandte der Kaiser, vertreten durch seinen Kämmerer Graf Jakob Anton Dietrichstein, vier Fahnen und einen Rossschweif als Dank an die Gnadenmutter in Mariazell.
Der Kaiser stiftete stets. Er setzte die Stiftertradition seiner Vorgänger wie Friedrich III. fort. 1720 bekam der (Fürst-)Abt von St. Blasien, Franz II. Schächtelein – dieser war auch Vorstand des vorderösterreichischen Prälatenstandes – einen 1.859 Gulden teuren Prachtmesskelch (Stift St. Paul im Lavanttal). Normalerweise kostete sonst so ein "gewöhnlicherer" Messkelch immerhin 300 Gulden. Im gleichen Jahr stiftete er an die Linzer Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt einen Kaiserornat (Türkenornat) eines italienischen Paramentenerzeugers (Schlossmuseum Linz).
Stift Melk in Niederösterreich
Stift Melk in Niederösterreich - Foto: Walter Hochauer, Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Inkarnatsmarmor-Kruzifix, italienisch. Ein Geschenk Karls VI. an das Stift Melk
Inkarnatsmarmor-Kruzifix, italienisch. Ein Geschenk Karls VI. an das Stift Melk. (War vorübergehend im Besitz von Napoleon!) - Foto: © Ernst Zentner (1988)
Dem Stift Melk schenkte der Kaiser einen italienischen Kruzifixus aus Inkarnatsmarmor. Der Abt des Stiftes Melk, Berthold Dietmayr, Bauherr des grandiosen Barockneubaues war seit 1728 Geheimer Kaiserlicher Rat und Vorstand des niederösterreichischen Prälatenstandes. Dietmayr gehörte zu jenen Männern, die das Recht besaßen, den Kaiser im Fall der Abwesenheit, die Regierungsgeschäfte zu leiten. Der Abt des Wiener Stiftes Schotten, Carl Fetzer, lehnte höflich, das vom Kaiser angebotene Amt eines Geheimrates ab, und erhielt dafür vom Kaiser eine Pektorale und von der Kaiserin einen Diamantenring. 1732 schenkte Karl VI. an den Abt des Stiftes Kremsmünster, Alexander III. Fixlmillner – ebenso in der Funktion des oberösterreichischen Prälatenstandes – eine Pektorale.
Kaiser Karl VI. bzw. König Karl III. von Ungarn überreicht dem Abt des Stiftes Heiligenkreuz, Robert Leeb, das ungarische Stift Szentgotthart, zwischen 1795 und 1796;
Kaiser Karl VI. bzw. König Karl III. von Ungarn überreicht dem Abt des Stiftes Heiligenkreuz, Robert Leeb, das ungarische Stift Szentgotthart. Gemälde von Stephan Dorffmeister, zwischen 1795 und 1796; Stift Heiligenkreuz - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
1734 überreichte der Kaiser dem Abt des Stiftes Heiligenkreuz im Wienerwald, Robert Leeb, das ungarische Stift Szentgotthart (St. Gotthart). Vor 1735 überreichte der Kaiser dem Fürstabt von St. Blasien eine Ehrengabe in Gestalt einer ordensartigen Wahlspruchmedaille, gefasst von Brillanten an einem roten Seidenband. Künstlerisch aufwendige Ehrenzeichen oder Orden waren doch erschwinglicher als überbordende Geldpräsente. Oder nicht? Zumindest konnte der Fürstabt von St. Blasien sich geehrt fühlen und den Orden in die klösterliche Kunstsammlung zu den übrigen Staubfängern legen.
Für die Taufe des ersehnten Thronfolgers am 14. April 1716 ließ der Herrscher sämtliche vorhandene hl. Reliquien aus der Geistlichen Schatzkammer herbeischaffen. Die Namen Leopold Johann erinnerten an den hl. Leopold III. von Österreich, an Kaiser Leopold I. und an Johann Capistran, einen der berühmtesten Kreuzzugprediger des ausklingenden Mittelalters. Noch im Juni/Juli 1716 fand eine Dankwallfahrt nach Mariazell statt. Damals stiftete die Kaiserfamilie ein mit Edelsteinen besetztes Ziborium und einen Kelch. Die Trauer um den frühverstorbenen Thronfolger wich im Mai 1717 einer Freude über die in Wien geborene Erzherzogin Maria Theresia. Eilens wurde sie auf Maria Theresia Walpurga Amalia Christine getauft. Ihr erster Name erinnerte an die hl. Muttergottes und der zweite Name stammte von einer spanischen Heiligen. An die 1622 heiliggesprochene Theresia von Ávila (1515 – 1582) und wohl an die 1705 seliggesprochene Theresia von Portugal (1178 – 1250). Das kaiserliche Elternpaar beschloss wenige Wochen nach der Geburt der Erzherzogin Maria Theresia, am 2. Juni in der Wallfahrtskirche Mariazell eine Goldschmiedearbeit in Gestalt eines Kindes, die so schwer war, wie der verstorbene Prinz, opfern zu lassen. Die Inschrift auf der Votivgabe bezog sich auf das tragische Schicksal des Thronfolgers und nannte die Namen des Spenders und der Spenderin. Später ließ der Kaiser im Juli 1717 Votivgaben, ein silbernes Altarkreuz und eine Figur in Gestalt und Gewicht seines verstorbenen Sohnes im Wert von 1.100 Gulden nach Mariazell übersenden. Hier übernahm der Kaiser den Part Gottes, der seinen Sohn Jesus für die Hinwegnahme der Sünden der Welt, opferte. Noch im September stiftete die Kaiserin einen prächtigen "Kaiserornat", der ein knappes Jahrhundert später nach St. Lambrecht kam.
Der Kaiser ließ seine Handels- und Kriegsschiffe fast ausnahmslos nach populären Heiligen benennen: "Hl. Maria" (1716/17), "St. Stephan" (1716/17), "St. Theresia" (1716/17), "St. Johannes Capistranus", "St. Eugenius", "St. Franziscus", "St. Giacomo", "St. Gennaro", "St. Leopoldo", "St. Barbara", "St. Carlo". Vor dem Feldzug gegen die Osmanen überreichte der Kaiser seinem Feldherrn Prinz Eugen ein Kruzifix, das der Savoyer während der ganzen Aktionen im Kriegszelt aufgehängt behielt.
1717 stiftete Karl VI. in Wien-Alsergrund das Spanische Spital, das aus Geldern spanisch-italienischen Besitzungen finanziert wurde. Am 2. August 1722 legte er den Grundstein für die Kirche "Maria de Mercede" beim Spanischen Spital. Die Weihe geschah am Festtag "Barmherzige Maria" am 24. September 1723. Vier Jahre später stiftete er deren ersten Seitenaltar. Diese bekam Symbole auf spanisch-italienische Besitzungen.
Die 1683 zerstörte Leopoldskirche auf dem Leopoldsberg in Wien-Döbling wurde 1693 von Kaiser Leopold I. wiedererrichte und von Kaiser Karl VI. ab 1717 baulich erweitert. Das Gotteshaus erinnerte ihn an den Triumph der Kaiserlichen gegen die Osmanen bei Wien und wohl vom Namen her auch an seinem früh verstorbenen Thronfolger Erzherzog Leopold Johann von Österreich (1716-1716).
Stift Göttweig
Stift Göttweig - Foto: Arcomonte26, Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Stift Göttweig. Geplanter Gesamtkomplex. Kupferstich, Salomon Kleiner
Stift Göttweig. Geplanter Gesamtkomplex. Kupferstich, Salomon Kleiner, 1744 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Gottfried Bessel, Abt des Stiftes Göttweig. Kupferstich
Gottfried Bessel, Abt des Stiftes Göttweig. Kupferstich, 1740 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Am 2. Juli 1719 vollzog im Namen des Kaisers der "Generaldirecteur über alle kaiserlichen Hof-, Lust- und Gartengebäude" Gundacker Graf Althann die Grundsteinlegung des Neubaues des Stiftes Göttweig, das zuvor durch eine … verwüstet wurde. Hildebrandt schuf die Entwürfe für eher ein Märchenschloss in der Wachau statt einem österreichischen Montecassino. Dazu eine Randgeschichte über das Bauvorhaben: 1719 Friedrich Karl von Schönborn, welcher mit dem Abt des Stiftes Göttweig, Gottfried Bessel (reg. 1714-1749), die Pläne zum Klosterneubau besprochen hatte, schreibt an seinem Onkel Lothar Franz von Schönborn: "der Jean Luca wahrhaftig ein meisterstuck nostri temporis ratione situs auff diesem tzipflichten Berg angetragen". Lothar Franz von Schönborn antwortete über das "opus summe perfectum" folgendermaßen: "Das muß ein greuliches gebaue werden, wann ein einziger flügel in 49 fenstern bestehet".
1719 stiftete Kaiser Karl VI. für die Pietà aus dem Spätmittelalter am Altar in der Krypta der Stiftskirche von Göttweig eine Spangenkrone. Das war ein tiefsinniger Ausdruck habsburgischer Marienverehrung. Damals begann Hildebrandt mit dem Neubau der Benediktinerabtei. Allerdings blieb das österreichische Montecassino architektonisch unvollendet. Die erwähnte Pieta wurde später zweimal erneuert.
Um 1720 sandte der Kaiser Benediktiner in das Benediktinerkloster St. Adrian bei Zalavár am Kis Balathon (Kleinen Plattensee) aus Stift Göttweig in Niederösterreich. Das Kloster wurde 1019 von König Stephan I. von Ungarn gegründet. Karl VI. wollte die einstigen im Mittelalter gegründeten Diözesangrenzen unterstreichen und unterstellte die Abtei dem niederösterreichischen Stift Göttweig. In der Zeit Maria Theresias wurde das St. Adriankloster im neun Kilometer entfernte Zalaapáti neu aufgebaut.
Der tiefgläubige Monarch verehrte einen seiner landesfürstlichen Vorgänger, den babenbergischen Markgrafen hl. Leopold III. von Österreich, dessen Gebeine bestattet in Stift Klosterneuburg lagen und liegen. So ordnete er den Umbau dessen stiftseigene Leopoldskirche auf dem Leopoldsberg nahe Wien an (1718 – 30).

Stift Břevnov in Prag
Stift Břevnov in Prag - Foto: ?, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Gleichzeitig betrieb der Kaiser eine Erneuerung des durch den hl. Adalbert, Bischof von Prag – ein Verwandter Kaiser Ottos II. und offizieller Landespatron Böhmens – gegründeten Benediktinerklosters Stift Břevnov in Prag. An dem Kloster verlief die Route in Richtung Karlsbad. Der damalige Abt Othmar Daniel Zinke hatte längst eine bauliche Erneuerung seines Hauses begonnen.


Luthertum #

Biblia: das ist: Die gantze Heilige Schrifft: Deudsch Auffs new zugericht. Dr. Mart. Luth. ... Wittemberg ... 1545
Biblia: das ist: Die gantze Heilige Schrifft: Deudsch Auffs new zugericht. Dr. Mart. Luth. ... Wittemberg ... 1545 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Psalm 14 aus der Lutherbibel, 1534
Psalm 14 aus der Lutherbibel, Wittenberg 1534 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Theologische Strömungen#

Nun waren auch in Karls VI. Epoche neue religiöse Bewegungen nichts ungewöhnliches. Auch als der Triumph des Tridentinischen Konzils im 16. Jahrhundert danach fortwirkte, blieben dennoch protestantische und später jansenistische Bewegungen erhalten. Noch unter Kaiser Joseph I. kamen antijesuitische Tendenzen zum Vorschein. Unter Karl VI. wurden sie irgendwie mit Ach und Krach fortgesetzt.

Versteckter Protestantismus und brutale Bekämpfung#

In Karls VI. Reich schlug die Gegenreformation ihre letzten großen Wellen. Doch der Protestantismus war nicht auszumerzen. Im Reich Habsburg-Österreich etablierte sich seit langer Zeit der Geheimprotestantismus (Oberösterreich, Böhmen und Salzburg). Man stelle sich das so vor: Der Hausvater las seinen Angehörigen und Beschäftigten aus verbotenen Lutherbibel vor. Der scheinbar tolerante Kaiser konnte den Antiprotestantismus aus seiner Gesellschaftspolitik nicht ordentlich ausklammern. Ganz anders: Dekrete in Böhmen - und Mähren - seit 1717/21 verschärften die Situation und 1725 kam es zu einer Massenauswanderung. Das Vorhandensein von Lutheranern wurde in den Augen der Behören bereits als Rebellion interpretiert. Auch in Ungarn bekamen dank der "Carolina Resolutio" (31. März 1731) die dortigen Protestanten Ärger; nicht einmal öffentliche Ämter durften sie mehr bekleiden.

Gewalt gegen Lutheraner#

Thorner Blutgericht. Kupferstich, nach 1725
Thorner Blutgericht. Kupferstich, nach 1725 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Das Thorner Blutgericht im Dezember 1724 (Polnisch Preußen) dürfte dem Kaiser nicht entgangen sein. Lutheraner wurden hingerichtet. In ganz Europa wurde darüber berichtet. Diese Ereignisse waren das Ergebnis jahrhundertelanger Unterdrückung der Protestanten. August der Starke, als August II. König von Polen führte eine Rekatholisierung durch. Dazu protestierte der preußische König Friedrich Wilhelm I.

Conversio oder Auswandern#

Unterm Salzburger Erzbischof Firmian kam es mittels einem Protestantenpatent 31. Oktober 1731 zu einer Fortsetzung einer bestandenen Unterdrückungswelle. Die Bauern glaubten im Kaiser einen Protestantenfreund zu sehen und wurden bitter enttäuscht. Zuerst unterstützte er sie gegen den Erzbischof Firmian. Dann bestand die Gefahr eines größeren Aufstands. Beichtvater Tönnemann befahl den Einmarsch kaiserlicher Truppen. Indirekt hatte Karl VI. das entschieden. Tönnemann unterstand eher dem Kardinal oder Nuntius, somit handelte er im Interesse der Kirche. Damals verriegelte Bayern vorsichtshalber seine Grenze. Einer altösterreichischen Tradition zufolge machte damals einfach niemand das Richtige. Der Kaiser hätte mit einem Handstreich Salzburg zu Österreich setzen können. Der Mangel an Weitsicht sprach Bände. Dazu war noch die Beziehung zu seinem Beichtvater untergraben.
1731/32 kam es zu einer Exulantenbewegung mit 22.000 Menschen. Der Deutsche Reichstag versagte total. Mahnungen des Kaisers an den Erzbischof fruchteten nichts. Eine persönliche Begegnung im Spätsommer 1732 in Linz ergab auch keine Änderung. Protestantische Höfe in Europa äußerten ihren Unmut und sogar die ex-protestatische Kaiserin setzte ihre Ehemann unter Druck. Man muss zugeben, der Kaiser hatte im Grunde keine rechtliche Handhabe über Salzburg. Ein guter Teil der Vertriebenen fand in Ost-Preußen, Holland und im nordamerikanischen Georgia willkommene Aufnahme. Von Preußen waren seither Spannungen bis Königgrätz 1866 vorgegeben.

Fanatismus pur#

Apostolischer Nuntius Camillo Paolucci. Kupferstich
Apostolischer Nuntius Camillo Paolucci. Kupferstich - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Kardinal Philipp Ludwig von Sinzendorf. Kupferstich
Kardinal Philipp Ludwig von Sinzendorf. Kupferstich. Er war für eine tolerantere Vorgehensweise. Zu nahe lag die Erinnerung an das Salzburger Exulantendrama - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Die Protestantenfrage blieb ungelöst. Eine Kommission unter dem Nuntius Paolucci, Kardinal Sinzendorf und - als einziges weltliches Mitglied - Hofkanzler Sinzendorf wurde eingerichtet (1734). Bis zum Beginn des neuen Krieges gegen die Osmanen 1737 wurden aus Oberösterreich und Kärnten an die 1.200 Protestanten nach Siebenbürgen transmigriert. Deportation wäre das korrektere Wort. Kurze Zeit war Pause und erst unter Maria Theresia begannen wieder Transmigrationen.
Franz Anton Graf von Sporck, Befürworter des protestantischen und jansenistischen Gedankengutes, möglicherweise auch Freimaurer. Dazu noch Begründer eines Jägerordens. Kupferstich
Franz Anton Graf von Sporck, Befürworter des protestantischen und jansenistischen Gedankengutes, möglicherweise auch Freimaurer. Dazu noch Begründer eines Jägerordens. Kupferstich - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Im österreichischen Barock herrschte ein christlich dominierter Fanatismus, frei nach dem Prinzip, wer ein Protestant ist, das bestimme noch immer ich. Ein Zeitgenosse, nämlich Graf Franz Anton von Sporck unterstützte die Verbreitung protestantischen und jansenistischen Schriftgutes. Bald, 1730, wurde er der Ketzerei und Verbreitung von Irrlehren angeklagt. Karl VI. stand, dank der ex-protestantischen Kaiserin, ungebrochen zu Graf Sporck und hielt schützend seine kaiserliche Hand über ihn. Sporck kam mit einer Geldstrafe in Höhe von 6.000 Dukaten davon.

Jesuiten gegen Sekte#

Aber auch eine Sonderform des Protestantismus versuchte der Kaiser zu bekämpfen. In Harpersdorf (Twardocice, Goldberg), damals in Schlesien existierte die Sekte der Kaspar von Schwenckenfelder. 1719 hatte Kaiser Karl VI. dort eine Jesuitenniederlassung ermöglicht, um die Mitglieder der Schwenckenfelder zum Katholizismus zu bekehren. Ohne Erfolg. In Wien waren die Behörden gegenüber den Lutheranern noch etwas rücksichtsvoller.
In Wien hatten Gesandtschaften der protestantischen Länder (Dänemark, Schweden und Holland) Privatkapellen in denen die Lehren Luthers verkündet wurden.
Angeblich sollen auch Katholiken diese Gottesdienste besucht haben. Im Gegensatz zum komplexen römisch-katholischen Glaubensgut bot der Protestantismus ein überschaubares Programm wichtiger christlicher Tugenden und verzichttete auf das katholische Beiwerk.

Wut gegen abtrünnige Katholiken#

Kardinal-Erzbischof von Wien, Sigismund von Kollonitz. Kupferstich
Kardinal-Erzbischof von Wien, Sigismund von Kollonitsch. Kupferstich, zwischen 1727 und 1731 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
1736: Der Kardinal Erzbischof von Wien, Sigismund von Kollonitsch reagierte wütend verfasste ein Gravamen (Beschwerde) an den Kaiser und verlangte entsprechende Maßnahmen. Nun Karl VI. war mit einer Ehefrau verheiratet, die ursprünglich evangelisch war und oft waren Berater aus dem Luthertum gekommen. Auf der anderen Seite wollte Karl VI. mit Dänemark, Schweden und Holland ein gutes Auskommen haben. Karl VI. hatte sowieso mit Rom seine Schwierigkeiten. Also war Beschwichtigung angesagt?

Zwist im kaiserlichen Heer zwischen Christen und Christen#

Die ernsthafte Rivalität zwischen Katholiken und Protestanten während des Feldzuges gegen die Osmanen 1737 bis 1739 erbrachte in der Kriegsstrategie der Kaiserlichen keinen Vorteil, sondern nur Misserfolge. Kaiser Karl VI. hatte stets seine Generäle erfolglos ermahnt. Auch ein hartes Vorgehen erbrachte nichts.
Salzburger Exulanten, Kupferstich, 1732
"Die um des Evangeliums willen vertriebenen Salzburger", Kupferstich von David Ulrich Boecklin, Leipzig 1732 – Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Salzburger Exulanten, um 1732
Salzburger Exulanten, um 1732 Salzburger Exulanten, um 1732 - "Salzburgische Emigranten. Nichts als das Evangelium / Vertreibt uns ins Exilium. / Verlassen wir das Vaterland, / So sind wir doch in Gottes Hand." - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Preußenkönig Friedrich empfängt die Salzburger Exulanten
Preußenkönig Friedrich empfängt die Salzburger Exulanten, 18. Jahrhundert - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Obendrein achtete der Kaiser auf die Erhaltung und eventuellen Ausbaus des Wiener Stephansdomes. So etwa der Ausbau zweier Domsakristeien (1718-22 und 1731) und Ausschmückung dieselben unter anderem mit Malereien eines Martino Altomonte (um 1720 und 1732). Nebenher befahl der Kaiser die Restaurierung des Hochgrabes Friedrichs III. im Wiener Stephansdom. Vielleicht im Zuge der Bistumserhebung. Karl VI. wusste um Friedrich III., dass dieser mit Papst Nikolaus V. 1448 ein erstes so genanntes Wiener Konkordat, das die Beziehungen zwischen Staat und Papstkirche regelte. Dazu ging es um die Kirchenrechte in den österreichischen Erblanden und Vorrechte Habsburg-Österreichs. Es ging um den Verzicht auf eine Kirchenreform. Das Konkordat blieb bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches in Kraft. Vielleicht tat Karl VI. dies deswegen, weil er die gleichen Rechte einmahnte wie sein Ahne des Spätmittelalters. Nicht nur das allein, Kaiser Friedrich III. bewerkstelligte die Gründung zweier Bistümer in Niederösterreich: Wien und Wiener Neustadt.

Böhmens Nationalheiliger Hl. Johannes Nepomuk#

Um die böhmischen Untertanen freundlich zu stimmen – sowie deren hussitischen und protestantischen Zeitgenossen zu vergrämen –, initiierte er die offizielle Heiligsprechung ihres heimlichen Landesheiligen Johannes von Nepomuk. Seit dem 1670er Jahren hatte Kaiser Leopold I. die offizielle Heiligsprechung des böhmischen Volksheiligen – betrieben vom Prager Erzbischof Ernst Adalbert von Harrach (1598/1623 – 1667) – stets unterstützt. Doch erst seinem Sohn Karl VI. gelang die Verwirklichung des Vorhabens. Papst Innozenz XIII. sprach 1721 den böhmischen Volksheiligen Johannes Nepomuk selig und am 19. März 1729 sprach Papst Benedikt XIII. ihn heilig. 1729 feierten Wien und Prag acht Tage lang die Heiligsprechung. Das Innere des Stephansdomes war mit Purpur ausgekleidet und nach Prag sollen aus allen Teilen Böhmens 400 Prozessionen herbeigekommen sein. Sogar den Innsbruckern erlaubte der Kaiser den Bau einer Johannes von Nepomuk-Kirche in Innerain. Sogar den Innsbruckern erlaubte der Kaiser den Bau einer Johannes von Nepomuk-Kirche in Innerain. Dann ermöglichte der Kaiser den Bau einer Johannes von Nepomuk-Kapelle südwestlich der Residenzstadt Wien (Wien-Meidling, Meidlinger Pfarrkirche, Migazziplatz). 1736 bezahlte Karl VI. die Anfertigung eines kostbaren Johannes von Nepomuk-Grabmales im Prager St. Veitsdom. Diese außergewöhnliche Goldschmiedearbeit beinhielt auch das Regierungsmotto des Kaisers in ausgeklügelter Symbolsprache.

Grabmal des Hl. Johannes Nepomuk im St. Veitsdom zu Prag
Grabmal des Hl. Johannes Nepomuk im St. Veitsdom zu Prag - Foto: Rémi Diligent, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Hl. Johannes Nepomuk, Statue, um 1720, Wien-Döbling
Hl. Johannes Nepomuk, Statue, um 1720, Wien-Döbling - Foto: © Ernst Zentner


Ein interessantes Detail am Rande, das aus heutiger Sicht skurril erscheint: 1722 stritten die Jesuiten am Collegium in Rom um den eigentlichen Geburtstermin Jesus von Nazareth. Endlich einigten sie darauf das Fest in den Monat Mai zu verlegen. "Weyhnachten" im Wonnemonat? Dazu kam es Gott sei Dank nicht mehr.
Am 3. August 1722 unternahm das Kaiserpaar wieder eine Kirchfahrtreise zum Mariazeller Gnadenbild. Zu diesem Anlass wurden zuvor die Straßen ausgebessert. (Ankündigung im "Wienerischen Diarium", Nr. 61, 1. August 1722). Der Kaiser überreichte damals als Spende sechs Bergkristallleuchter und ein Altarkruzifix.
Die Wiener Peterskirche erhielt ein Kupferdach – legendenhalber war dieses allerdings bereits im vierten Jahrhundert gegründetes Gotteshaus eine Gründung Karls des Großen ... Allerdings ließ der Kaiser das Gotteshaus, dass sich eigentlich unweit vom Stephansdom befindet im Sinne seines Vaters Leopolds I. – der Chor wurde um 1730 erweitert – vollenden. Leopold I. hatte 1679 während einer früheren Pestepidemie gelobt dieses Gotteshaus – ein Kuppelbau mit gedrängter Doppelturmfassade – errichten zu lassen.

Nach endlosen Verhandlungen überreichte Papst Innozenz XIII. 1722 dem Habsburger Sizilien als päpstliches Lehen. Der Kaiser bestätigte im folgenden Jahr diese Belehnung. Damit erreichte die Monarchia Austriaca ihre größte Ausdehnung, vom Ärmelkanal bis Sizilien, von Schlesien bis Walachei.

Finsterste Rückständigkeit#

Methoden der einstigen Inquisition#

Trotz aller Frömmigkeit zeigte sich in Karls VI. ungekünstelter Meinung auch ein bitterer, furchtbarer Anachronismus: Anfang April 1723 wurden zwei vermeintliche Häretiker (eine Benediktinerin und ein Augustiner-Barfüßer) wegen (des) Vorwurf des Quietismus und Molinismus) im sizilianischen Palermo öffentlich verbrannt. Der Kaiser brachte überflüssige Härte auf und finanzierte das Autodafé aus dem königlichen Schatz von Neapel. Ein Relikt einer vergangenen finsteren Epoche gemahnend an die spanische Inquisition.

Stiftungen und Wallfahrten#

Der Kaiser kümmerte sich auch um Stiftungen seiner Ahnen, wie etwa ein Kloster mitsamt Kirche St. Oswald in Seefeld in Tirol. Die Wallfahrtskirche wurde aufgrund des Hostienwunders 1384 gegründet. Die Habsburger Friedrich IV. mit der leeren Tasche und sein Sohn Siegmund der Münzreiche bauten an der Kirche. Kaiser Maximilian I. stiftete ein Frauenkloster, das später von den Augustiner Eremiten übernommen wurde. Karl VI. sorgte für eine barocke Ausgestaltung der in der Kirche eingerichteten Heiligenblutkapelle 1724. Das Hostienwunder-Fresko soll von Franz Michael Hueber stammen.
Zwischen 1711/12 und 1725 ließ der Kaiser in seinem alten landesfürstlichen Schloss Weinburg (bei Radkersburg), in der Schlosskapelle St. Katharina einen Hochaltar im Bandlwerkstil stiften. Das Oberbild zeigte den hl. Karl Borromäus. (Ursprünglich befand sich das Schloss im Besitz des Erzherzoges Karl von Innerösterreich [- Bruder Karls V.].)
In der Hoffnung um einen Sohn unternahm er 1725 wieder eine Wallfahrt nach Mariazell. Dort überreichte Karl VI. eine Bergkristallmonstranz.
1725 ließ er den Sohn des Hofkanzlers, Philipp Ludwig Graf Sinzendorf zum Bischof von Györ erheben und Anfang April 1728 in den Rang eines Kardinals versetzen. Kardinal Sinzendorf nahm beim Konklave 1730 teil, woraus Papst Clemens XII. hervortrat. Kaiser Karl VI. erhoffte wohl (angesichts des hohen Alters des vorigen Papstes Benedikt XIII.) eine künftige Papstwahl zu beeinflussen.
1731 finanzierte der Kaiser einen sechsarmigen Metallhängeleuchter für die steiermärkische Kirche St. Anna ob Schwanberg (Umgebung Deutschlandsberg).
Die 1706 von Kaiser Joseph I. begonnene "Josephssäule" – "Vermählungsbrunnen" – auf dem Hohen Markt in Wien-Innere Stadt wurde von Karl VI. 1732 vollendet.
Karl VI. besuchte 1732 während seiner Erbhuldigungsreise sogar Mauthausen, um der Verehrung einer lokal befindlichen Marienstatue nachzukommen. Karl VI. war nicht nur ein Marienverehrer, sondern auch ein Verehrer des Namen Jesu. Am 15. Januar 1727 erhielt er die Erlaubnis des Papstes, das Fest des hl. Namen Jesu in den Erbländern feiern zu dürfen.
Karl VI. gab die Einwilligung Missionaren gratis auf den Segelschiffen seiner Ostendischen Handelskompagnie die Reise nach Indien zu ermöglichen. Dagegen wurden hierfür Inder nach Europa geschifft.
Wahrscheinlich vor 1732 stiftete der Kaiser für die Klosterkirche des Stiftes Stams in Tirol ein Seitenaltarbild "Verehrung des hl. Bernhard von Clairvaux durch Vertreter der geistlichen und weltlichen Macht". Ein aus Augsburg stammender Künstler namens Johann Georg Wolcker hatte das Bild um diese Zeit vollendet. Neuerdings sollen die darin abgebildeten Beifiguren Papst Clemens XII. – regierte 1730 bis 1740 – und Kaiser Karl VI. sein.
Jedenfalls unterstützte Kaiser Karl VI. stets die baulichen Erneuerungen vorhandener Klöster – im damaligen Kunststil – soweit Geld vorhanden war. Der Kaiser stiftete stets.

Stadtpfarrkirche St. Magdalena, Karlsbad
Stadtpfarrkirche St. Magdalena, Karlsbad (Karlovy Vary), Tschechien, neuerbaut von Kilian Ignaz Dientzenhofer, 1732-36; seit 2010 Nationaldenkmal - Foto: Walter J. Pilsak, Waldsassen, Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Die Kreuzherren in Karlsbad inspirierte der Kaiser zu einem Neubau ihrer veralteten gotischen Stadtpfarrkirche St. Magdalena durch Kilian Ignaz Dientzenhofer in den Jahren 1732 bis 1736.
Eine kostbare Pazifkale fertigte der Hofjuwelier Johann Baptist Känischbauer von Hohenried 1711 im Auftrag des Kaisers an, die er in der Geistlichen Schatzkammer der Hofburg unterbringen ließ. Dieser eindrucksvolle goldene Sakralgegenstand birgt die von Papst Clemens IX. geschenkte Kreuzpartikel und zeigt Christus als Weltenherrscher.
Zwischen 1712 und 1731: Vermutlich ließ Kaiser Karl VI. die Kirche und Kloster des Clarissenklosters in Wien-Innere Stadt – gegründet von Kaiserin Eleonore 1625 – vormals Nikolaikloster – erneuern. In der Ära Kaiser Josephs II. wurde es aufgelassen (1782) und abgetragen (1785).
Kaiser Karl VI. ließ die ursprünglich protestantische Erlöserkirche in der Burg Neuhaus 1733 (Neuhaus, Gemeinde Weissenbach an der Triesting, Baden) als ein katholisches Kuratbenefizium für die Arbeiter der Spiegelfabrik stiften und die Kirche neu einrichten (Pfarrkirche hl. Johannes Nepomuk; 1783 Pfarre).
Die Epoche Kaiser Karls VI. war auch eine Epoche totaler Zerstörungen vieler Städte und Dörfer durch Naturgewalten und menschlicher Einfalt. Ybbs an der Donau erlitt 1716 eine grauenvolle Katastrophe der Zerstörung. Aus den rußgeschwärzten Ruinen sollte eine neue Stadt erstehen. Der Kaiser unterstützte das Vorhaben seither. Er ermöglichte den Ybbser Einwohnern den Wiederaufbau ihrer Stadt und dürfte an die Erneuerung der dortigen Pfarrkirche hl. Laurentius ermöglicht haben. Der zerstörte Westturm wurde von einem renommierten lokalen Meister aus Linz, Johann Michael Prunner erneuert und hochgezogen (1721). In der Kirche selbst findet sich auch der Name des Kaisers u. a. als "Caroli 6ti". Schon um 1500 hatte Kaiser Maximilian I. irgendwie Erneuerungsarbeiten angeordnet – warum sollte es Karl VI. es nicht gleichtun. Der hl. Laurentius stellte aus Karls VI. Sicht einen Bezug zur Iberischen Halbinsel dar. Gebürtig in Aragón, in Spanien zum Diakon erhöht, 258 als Märtyrer verewigt. Der El Escorial wird auch San Lorenzo genannt.
Möglich, dass Karl VI. auch den Ausbau der Wien-Landstraßer Rochuskirche – Pfarrkirche Hll. Rochus und Sebastian – unterstützte, zumal seine Ahnen Ferdinand II. und Ferdinand III., Leopold I. schon das Ihrige getan hatten. Damals war sie eine Klosterkirche unweit der Residenzstadt. Die Weihe erfolgte 1727. Sein Vater Leopold I. stiftete 1689 - da war Karl erst vier Jahre jung - den Hochaltar. Es wäre naheliegend richtig anzunehmen, dass Karl VI. sie ebenfalls irgendwie finanziell unterstützte.
Papst Benedikt XIII. führte 1728 das Fest des hl. Papstes Gregor VII. ein. Das war jener Investiturstreitpapst des Hochmittelalters. Jenes Fest wurde in Österreich wie auch in Frankreich verboten. Das sagt doch alles über das Verhältnis des Kaisers und des Sonnenkönigs zu Rom.
1728 unternahm der Kaiser abermals eine Wallfahrt nach Mariazell. Hierbei nahm er erstmals seine elfjährige Tochter Erzherzogin Maria Theresia mit. Sie feierte in der Wallfahrtskirche ihre Erstkommunion und ihre Firmung.


Bundesladen- und Versöhnungsdenkmal in Györ
Bundesladen- und Versöhnungsdenkmal (Frigyláda-szobor), Győr, Gutenberg tér - Foto: Glanthor, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Der Kaiser befahl die Errichtung des Bundesladen- und Versöhnungsdenkmal in Györ, nächst dem dortigen Dom (1729 – 30). Auch das hatte seine Ursache. Bei einer Fronleichnamsprozession soll ein entsprungener Häftling das Allerheiligste angeblich geschändet haben. Damals war noch die Geschichte der mittelalterlichen Hostienschändung in aller Munde. Sie wurde stets zum Vergleich herangezogen. Ich denke, es wird auch im Barockzeitalter allgemeine Gegner der Kirche gegeben haben. Auch wenn das heute nicht gern geglaubt wird, Kritiker an der Kirche gab es immer, was auch für Ursachen sie hatten. Nebenher: Was für ein Widerspruch: In diesen Tagen ging es den Menschen mit israelischem Glaubensbekenntnis ungut und gleichzeitig erinnerte der Klerus an die jüdischen Ursprünge des Christentums. Das vom kaiserlichen Hofbildhauer Antonio Corradini geschaffene Monument, das nach einem Entwurf vom Wiener Architekten Joseph Emanuel Fischer von Erlach nachgebildet wurde, enthält ein geheimnisvolles alt- und neutestamentarisches Thema. Die vergoldete Bundeslade als sinnbildliche Existenz Gottes im jüdischen Tempel, darüber das Lamm Gottes auf dem Buch mit den sieben Siegeln – Anspielung auf den Gedanken der Welterlösung. Mit der Errichtung des Monuments hoffte der gottesfürchtige Kaiser den Zorn des Allmächtigen angesichts der misshandelten Hostie – den Leib Christi – zu besänftigen. Auch hier folgte der Monarch einer alten Geschichte. Sein spanischer Vorgänger König Karl II. hatte eine während niederländischer Glaubensstreitigkeiten Ende des 16. Jahrhunderts beschädigte Hostie in die Kapelle San Forma im Escorial gebracht.
Gotteslästerung wurde hart bestraft so etwa mit zehn Jahre Galeerendienst im Mittelmeer – von dem sowieso, wegen der Auseinandersetzungen mit Piraten und Seestürme, niemand zurückgekommen war. Allein schon der harte Dienst am Ruder erinnert an vorsintflutliche Methoden, die schon im Rom der Antike altgewohnte Gebräuche gewesen waren. Die Existenz und Arbeitskraft eines Menschen überhaupt zwangsweise in den höheren Dienst zu stellen – schnell waren Menschen gesellschaftlich niedriger Abkunft dafür abkommandiert.
Während regelmäßigen Abständen traf er während Jagdreisen seit 1722 mit Frater Benignus, ein Augustiner-Eremit aus dem Kloster in Wien-Landstraße, der die Neumühle bei Mannswörth (Wien/Schwechat) verwaltete und mit ihm in derb-harmloser Umgangssprach1e verkehrte. Für den Kaiser waren diese regelmäßig stattfindenden Begegnungen eine Erbauung und Erlösung vom stocksteifen Zeremoniell geplagten Hof gewesen. Bald entstand so was wie eine Tradition, dass der herzensgute Eremit dem Kaiser stets zwei Laib Brot und Wein als Erfrischungsgabe überreichte. Dafür schenkte der Monarch dem schlauen Geistlichen einen bei der Jagd erlegten Hirschen oder ein Wildschwein. Manchmal auch einen oder mehreren Dukaten.
In den späten 1720er Jahren ließ Karl VI. in seinem Jagd-Sitz Wolkersdorf die örtliche Kirche Hl. Margaretha baulich erweitern. So ließ er die wichtigsten Heiligen der Habsburgermonarchie als Statuen am Zugang aufstellen: Hl. Maria Immaculata, Hl. Leopold III. von Österreich, Hl. Joseph, Hl. Karl Borromäus, Hl. Johannes von Nepomuk und Hl. Florian. 1727 wurde das Langhaus geschaffen und weitere bauliche Erneuerungen folgten.
Als ordentlicher Jäger mit Gottvertrauen befahl der Kaiser die Erneuerung der Nikolaikapelle (Eustachiuskapelle) im Lainzer Tiergarten. Der zuständige Pfarrer trug [1730] die Kosten. Anfang der 1730er Jahre finanzierte der Kaiser gemeinsam mit weiteren Adeligen die Stiftung eines Altares für die Pfarrkirche Mariabrunn in Wien-Penzing (vor/um 1731).

Schloss und Stift Klosterneuburg - eine Klosterburg#

Blick auf Stift Klosterneuburg, Umkreis des Johann Wilhelm Jankowski, um 1850 (?)
Blick auf Stift Klosterneuburg, Umkreis des Johann Wilhelm Jankowski, um 1850 (?); Standort unbekannt - Foto: www.dorotheum.com, Wikimedia Commons - Gemeinfrei. Diese Ansicht ist hundert Jahre nach Karls VI. Regierung entstanden. Links ist der titanische barocke Baukörper erhalten. Rechts die vorbarocken Bauten

Am Donnerstag, dem 25. Mai 1730 erfolgte die Grundsteinlegung des vom Kaiser befohlenen Neubaus des Stiftes Klosterneuburg. Während der üblichen "Hofwallfahrt" nach Klosterneuburg am 15. November 1730 – Festtag des hl. Leopold von Österreich – begutachtete der Monarch die Pläne von Donato Felice d'Allio und bestätigte (nach Abänderungen) den Neubau. An der Grundsteinlegung beteiligte sich der Leiter des Hofbauamtes, Gundacker Graf von Althann, Abt Berthold Dietmayr von Melk und der Klosterneuburger Propst Ernest Johannes Perger. Zu Leopoldi 1739 bewohnte der Herrscher erste Mal die Kaiserzimmer. Der Kloster-/Schlossbau, der im Sinne des spanischen (El) Escorial entstehen sollte blieb nach dem Tod des Kaisers, ein titanischer Torso und unvollendet. Im Escorial befinden sich die Grabstätten der spanischen Könige. Vielleicht wollte Karl VI. Schloss Klosterneuburg für sich selber als letzte Ruhestätte neben dem hl. Leopold von Österreich konzipieren? Die Bekrönungen des Barocktraktes weisen auf das deutsch-römische Kaiserreich und andererseits auf das Erzherzogtum Österreich hin. Einige der alten Rueland Frueland-d.-J.-Tafelbilder zeigen die Szenen "Hl. Leopold von Österreich auf der Wildschweinjagd" und "Grundsteinlegung des Stiftes Klosterneuburg durch den hl. Leopold". Wer weiß, wie lange der Kaiser – als Jäger und Stifter – diese Bilder betrachtet hatte. Der nach Wien und zur Donau gerichtete barocke Trakt wurde zur geistigen Anspielung der visuellen, politischen Machtsphäre des Kaisers.

CONSTANTIA ET FORTITVDINE, Stuckdecke im geplanten Arbeitszimmer des Kaisers; Kaiserzimmer, Stift Klosterneuburg
CONSTANTIA ET FORTITVDINE, Stuckdecke im geplanten Arbeitszimmer des Kaisers; Kaiserzimmer, Stift Klosterneuburg - Foto: © Ernst Zentner

Stift Klosterneuburg, Marmorsaaltrakt (Kaisertrakt) teilweise donauseitig
Stift Klosterneuburg, Marmorsaaltrakt (Kaisertrakt) teilweise donauseitig - Foto: © Ernst Zentner

Idealansicht des ursprünglich geplanten Schlosses Klosterneuburg, Joseph Knapp, 1774
Idealansicht des ursprünglich geplanten Schlosses Klosterneuburg, Joseph Knapp, 1774; Stiftssammlung, Kaiserzimmer - Vermutlich lagen dieser Federzeichnung entweder Planrisse ooder ein Modell als Basis vor (vor 1730) - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Im letzten Raum der Kaiserzimmerflucht nächst der Donau findet der Besucher ein von Kellner gemaltes eingedunkeltes Ganzporträt des Kaisers. Dieses Zimmer mit der stuckierten vergoldeten Deckeninschrift der Devise Karls VI. "Constantia et fortitudine" hätte das Arbeitszimmer des Kaisers werden sollen. Mit dem Ableben des Kaisers am 20. Oktober 1740 endete auch die traditionelle Hofwallfahrt nach Klosterneuburg. Mit dem Ableben Kaiser Karls VI. im Oktober 1740 fand auch die altgewohnte Hofwallfahrt nach Klosterneuburg, zum Grab des hl. Markgrafen Leopold III. von Österreich ihr offizielles Ende.

Ein römisch-katholisches Beratergremium#

Äbte, Prälaten und Pröbste ernannte der Herrscher zu offiziellen kaiserlichen Räten. Mit dieser Auszeichnung hatten sie das ordentliche Recht den Herrscher in Sachfragen zu beraten. Sie bildeten eine Stellvertreterregierung, wenn der Kaiser auf Reisen war. Ein möglicherweise berühmter kaiserlicher Rat war der Abt des Stiftes Melk, Berthold Dietmayr. (1700-39). Man denke an seinem beeindruckenden Klosterneubau. 1717 ernannte der Kaiser den 31. Abt des Stiftes Stams, Augustin Kastner (1714-31) und seinen Nachfolger zum kaiserlichen Rat und Hofkaplan. 1731 erhob er die Äbte des Benediktinerklosters St. Emmeram in Regensburg in den Reichsfürstenstand; erster Fürstab war Anselm Godin de Tampezo (1725-42).


Eine Universitätsgründung#

Karl VI. unterhielt Kontakte mit dem Kloster Fulda im Reichsfürstentum Hessen. Dort konnte nur jemand eintreten, der seine adelige Herkunft auch ordentlich belegen konnte. Der Kaiser ermöglichte die Gründung der Universität Fulda durch Anton Adolph Freiherr von Dalberg (1733). Die feierliche Eröffnung der Adolphsuniversität fand Ende des Sommers 1734 statt. Vier Falkultäten: Theologie (römisch-katholisch), Philosophie, Medizin und Rechtswissenschaft.
Adolphiana - Alte Universität Fulda. Das barocke Gebäude wurde 1731–1734 durch Andreas Gallasini erbaut. Abbildung, 1887
Adolphiana - Alte Universität Fulda. Das barocke Gebäude wurde 1731–1734 durch Andreas Gallasini erbaut. Abbildung, 1887 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Domenico Silvio Passionei, päpstlicher Nuntius in Wien (1730-38) und nachmals Kardinal der römischen Kirche; nach 1738 (?)
Domenico Silvio Passionei, päpstlicher Nuntius in Wien (1730-38) und nachmals Kardinal der römischen Kirche; nach 1738 (?); Pinacoteca Civica "A. Vernarecci", Fossombrone, Italien - Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Protokollfragen ohne Kompromisslösung#

Bei den Hochzeitsfeierlichkeiten 1736 zwang der Kaiser den päpstlichen Nuntius Passionei die Zeremonie vor Maria Theresia und Franz Stephan von Lothringen stehend zu vollziehen. Ein Skandal ohnegleichen! Der für Trauungen zuständige Kardinal Kollonitsch hatte sich indigniert auf seine Güter außerhalb Wiens zurückgezogen.

Verborgenes#

Karl VI. war das Vorhandensein von Geheimgesellschaften nicht unbekannt geblieben. Auch von den Freimaurern erhoffte der Kaiser eine gewisse Unterstützung. Jedenfalls trat sein künftiger Schwiegersohn während der Reise nach Großbritannien einer (niederländisch-britischen) Freimaurerloge bei.
Papst Clemens XII., vor 1740 (?)
Papst Clemens XII. Gemälde von Agostino Masucci, vor 1740 (?). Porträtgemälde von Agostino Masucci; Privatsammlung - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Wütend veröffentlichte Papst Clemens XII. eine Exkommunikationsbulle gegen die Freimaurerei (1738) und dem Kaiser war das so was von egal. [Karl VI. fühlte sich wieder einmal berechtigt über den Papst zu stehen.]

Weitere Anregungen und Stiftungen#

Für die Curpriester an St. Stephan beauftragte der Kaiser den Bau eines eigenen Curhauses am Stephansplatz (1737). Nach schwierigen Verhandlungen mit dem Wiener Magistrat und dem Erzbischof von Wien wurde das Bauwerk Realität.
Christussäule bzw. Bernwardssäule, Hildesheimer Dom
Christussäule bzw. Bernwardssäule, Dom zu Hildesheim - Foto: © Bischöfliche Pressestelle Hildesheim (bph), Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Mönche des Klosters St. Michael zu Hildesheim berichteten den Kaisers, dass der Magistrat von Hildesheim die sogenannte Bernwardsäule, eine eiserne kostbare Christussäule aus dem Mittelalter vernachlässige. Der Kaiser hielt mittels Schreiben den erwähnten Magistrat zum Erhalt dieser Reliquie an. Er drohte ihnen mit einer horrenden Geldstrafe in Höhe von 20 Mark löthigen Goldes im Fall einer Zuwiderhandlung. Inzwischen steht das Kleinod im Dom zu Hildesheim.
Vermutlich hatte Kaiser Karl VI. den Bau einer Nikolauskirche auf der Landstraßer Hauptstraße angeregt. Die Grundsteinlegung fand am 26. Januar 1738 statt. Erst unter Maria Theresia wurde sie geweiht. Nach alten Abbildungen zu urteilen, war das beeindruckende Gotteshaus eine eintürmige Barockkirche. In der Ära Josephs II. wurde sie demoliert (1784).
1738 gab der Kaiser den Ausbau der Geistlichen Schatzkammer (damals "Kleine Schatzkammer" genannt) in der alten Hofburg in Auftrag. (Kaiserliche Schatzkammer des KHM.)
Für Kunstwerke sakraler Art bot der Herrscher die besten Künstler seiner Zeit auf.
Vor 1740 beabsichtigte der Kaiser als König von Jerusalem einen "Jerusalemleuchter" für die Grabeskirche zu Jerusalem zu stiften. Noch in dieser Zeit fertigte Paul Troger für die Schönbrunner Schlosskapelle ein Altargemälde "Vermählung Mariens" an.

Für Anhänger von Verschwörungstheorien, die nicht zu halten sind und doch da sind#

Interessant: Seine plötzliche Erkrankung und Tod im Oktober 1740. Ursache ein Pilzgericht, wenn es wahr ist.
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Wenn es ein Giftmord war, dann böten sich zwei Motive - ein Mord ging stets von radikalen Kreisen aus: Entweder Rache aus dem Haus Wittelsbach-Bayern oder Verhinderung der Entmachtung der römisch-katholischen Weltkirche. (Streng genommen wurde letzteres durch Unschlüssigkeit der Kardinäle im Konklave sowieso oft verhindert.)

Noch im Oktober 1740 erfolgte die Beisetzung des Kaisers in der Kapuzinergruft.#

Ohne sonstigen Aufwand und ohne Kommentar