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Cerha, Friedrich#

* 17. 2. 1926, Wien

† 14. 2. 2023, Wien


Komponist und Dirigent

Friedrich Cerha. Foto, © Öst. Bundestheaterverband, Wien (heute Bundestheater-Holding Ges.m.b.H., Wien)
Friedrich Cerha. Foto
© Öst. Bundestheaterverband, Wien (heute Bundestheater-Holding Ges.m.b.H., Wien)

Friedrich Cerha wurde am 17. Februar 1926 in Wien geboren.

Bereits mit 7 Jahren erhielt er Geigenunterricht bei Anton Pejhovsky und machte ab 1935 erste Kompositionsversuche. Ab 1936 besuchte er ein Realgymnasium und erhielt ab 1939 Unterricht in Kontrapunkt und Harmonielehre.

1943 wurde er als Luftwaffenhelfer, 1944 zur deutschen Wehrmacht eingezogen und an einer Offiziersschule in Dänemark ausgebildet; er desertierte 1945 aus einem Transport nach Deutschland und kam in Kontakt zum dänischen und deutschen Widerstand. Nach einem Fußmarsch nach Tirol war er dort als Hüttenwirt und Bergführer tätig. Im November 1945 kehrte er nach Wien zurück.

1946 begann er dort mit dem Studium an der Akademie für Musik und darstellende Kunst (Geige bei Gottfried Feist und Vasa Prihoda, Komposition bei Alfred Uhl und Musikerziehung) und gleichzeitig an der Universität Wien Germanistik, Musikwissenschaft und Philosophie. Er war als Konzertgeiger und Musiklehrer tätig, promovierte 1950 zum Dr. phil und erhielt 1953 den Förderungspreis der Stadt Wien.

Zwischen 1956 und 1958 wurde seine künstlerische Tätigkeit vor allem durch die Internationale Avantgarde in Darmstadt, den Schönberg-Kreis und durch den "Art-Club" und der österreichischen Sektion der internationalen Gesellschaft für Neue Musik (IGNM) geprägt. Gemeinsam mit Kurt Schwertsik gründete Friedrich Cerha 1958 das Ensemble "die reihe", das er auch jahrelang leitete.

Erste Konzerte und Aufführungen der "reihe" folgten. Ab 1959 unterrichtete Friedrich Cerha an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst, ab 1960 war er auch verstärkt als Dirigent tätig und feierte internationale Erfolge. Bereits 1960/61 entstand der Zyklus Spiegel, ein für Cerhas Schaffen zentrales Werk. 1962 begann die künstlerische Auseinandersetzung mit dem III. Akt der Oper "Lulu" von Alban Berg. (Mit seiner 1979 entstandenen Fassung des 3. Aktes für diese Oper machte er sich auch international einen Namen.)

1963 erwarb er ein Domizil in Maria Langegg und war dort auch umfassend bildnerisch tätig: es entstanden Aquarelle, Zeichnungen und Skulpturen. Zwischen 1968 und 1975 war Friedrich Cerha Präsident der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (IGNM). Beim steirischen herbst 1972 wurde der Gesamtzyklus "Spiegel" uraufgeführt.

1976 wurde er zum ordentlichen Professor an der Wiener Hochschule für Musik und darstellende Kunst ernannt und leitete bis 1988 eine eigene Klasse, die sich mit der Komposition von Neuer Musik beschäftigte.

Ende der 1970er Jahre beschäftigt er sich mit Bertolt Brechts "Baal" - es entstand die gleichnamige Oper, die 1981 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt wurde. 1984 begann Friedrich Cerha mit der Komposition der Oper "Der Rattenfänger" nach Carl Zuckmayer, die ein Auftragswerk des steirischen herbstes war und 1987 am Grazer Opernhaus uraufgeführt wurde.

Friedrich Cerha gilt seit langem als bedeutendster österreichischer Komponist der Gegenwart. Immer wieder setzte sich er sich mit unterschiedlichen Stilrichtungen wie der Zwölftonlehre, dem Neoklassizismus oder der Seriellen Musik auseinander.

Zentral für sein Schaffen sind die Musiktheaterwerke. Bereits für den Zyklus Spiegel gab es eine Version für Bewegungsgruppen, Licht und Objekte; kurze Zeit später entstand das erste Musiktheaterwerk Netzwerk. Zu seinen wichtigsten Orchesterwerken zählen die "Langegger Nachtmusik III" sowie "Impulse für Orchester".

In den letzten Jahren entstanden zahlreiche Solo-Konzerte, darunter das Konzert für Violine und Orchester (2004), das Konzert für Sopransaxophon und Orchester (2003/2004) und das Klarinettenkonzert (2009). Nach wie vor ist Friedrich Cerha außerordentlich produktiv: Im Herbst 2009 wurde das "Konzert für Schlagzeug und Orchester" uraufgeführt, gefolgt von "Instants", "Like a Tragicomedy" und, im Rahmen der Wiener Festwochen 2010, "Kammermusik für Orchester".

Sowohl die Salzburg Biennale als auch das Festival Wien Modern widmeten Friedrich Cerha 2011, dem Jahr seines 85. Geburtstages, Festivalschwerpunkte, und die darauf folgenden Uraufführungen zeugen von Friedrich Cerhas ungebrochener Schaffenskraft.

Neben seiner Kompositionstätigkeit lehrte Friedrich Cerha bis 1988 an der Hochschule für Musik in Wien, wo u.a. Georg Friedrich Haas und Karlheinz Essl uu seinen Schülern zählten.

Friedrich Cerha ist u.a. Träger des Großen Österreichischen Staatspreises, Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften sowie Officier des Arts et Lettres. Die Biennale di Venezia verlieh ihm 2006 den Goldenen Löwen für sein Lebenswerk.

Friedrich Cerha ist am 14. Februar 2023 im Alter von 96 Jahren in Wien verstorben.

Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#

  • Förderungspreis der Stadt Wien, 1953
  • Kulturwochenpreis der Stadt Innsbruck, 1955
  • Rom-Stipendium,957
  • Förderungspreis der Theodor-Körner-Stiftung, 1964
  • Förderungspreis des Wiener Kunstfonds,1965
  • Ernennung zum a.o. Professor an der Hochschule für Musik in Wien, 1969
  • Stipendiat des DAAD in Berlin, 1970-1971
  • Förderungspreis des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst Wien, 1971
  • Preis der Stadt Wien, 1974
  • Ernennung zum o. Professor an der Wiener Musikhochschule, 1976
  • Würdigungspreis durch das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, 1985
  • Großer Österreichischer Staatspreis für Musik, 1986
  • Goldenes Ehrenzeichen des Landes Steiermark, 1986
  • Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold, 1986
  • Widmung einer Ausstellung in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien, 1986
  • Ehrenmitglied der Wiener Konzerthausgesellschaft, 1988
  • Erster Preis für das 1. Streichquartett beim ICONS-Wettbewerb in Turin, 1992
  • Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften, 1992
  • Ehrenmitglied der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik, 1995
  • Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst, 2005
  • Goldener Löwe für das Lebenswerk bei der Musik-Biennale in Venedig, 2006
  • Ehrenmitglied der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, 2007
  • Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien, 2008
  • NÖN-Leopold in der Kategorie Kultur, 2010
  • Silbernes Komturkreuz des Ehrenzeichens für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich, 2010
  • Internationaler Kompositionspreis des Landes Salzburg, 2011
  • Siemens Musikpreis, 2012
  • Statuette des Heiligen Leopold in Bronze (für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich), 2016

Werke (Auswahl)#

  • Relazioni fragili für Cembalo und Kammerensemble, 1956/1957
  • Fasce für großes Orchester, 1959/1974
  • Spiegel I-VII, 1960-72
  • Netzwerk , 1962-1967 (sowie 1978-80)
  • Langegger Nachtmusik I 1969 (II, 1970; III, 1991)
  • Requiem für Hollensteiner, 1982/83
  • Baal-Gesänge, 1983
  • I. Keintate I. 1981/1982
  • II. Keintate, 1983-85
  • Monumentum für Karl Prantl, für großes Orchester, 1988
  • Impulse für Orchester, 1992/1993
  • Bratschenkonzert , 1995)
  • Requiem der Versöhnung, 1995
  • Zyklus Im Namen der Liebe, 1999
  • Fünf Stücke für Klarinette, Violoncello und Klavier zum 50. Geburtstag von Heinrich Schiff, 2001
  • Konzert für Sopransaxophon und Orchester, 2003/04
  • Konzert für Violine und Orchester und Quintett für Klarinette in A und Streichquartett, 2004

Opern

  • Baal, 1974/81
  • Der Rattenfänger, 1987
  • Fertigstellung von Alban Bergs Oper Lulu, 1962-78
  • Der Riese vom Steinfeld, 2002

Zahlreiche Schriften

  • u.a. "Der Turandotstoff in der deutschen Literatur", Dissertation, Wien, 1950
  • Schriften – ein Netzwerk, 2001


Hörproben#



Hörprobe Österreichische Mediathek


Espressioni fondamentali
Interpreten: Radio Symphonie Orchester Wien, Friedrich Cerha (Dirigent); Label: ORF CD 160, 1997 (Ausschnitt)

Musik spielen

Lichtenberg-Splitter für Bariton und Ensemble nach Texten von Georg Christoph Lichtenberg
Interpreten: Ensemble "die reihe", Friedrich Cerha (Dirigent); © ORF CD 232, 1999 (Ausschnitt)

Musik spielen

Weiterführendes#

Quellen#


Redaktion: I. Schinnerl