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Lugmayer, Karl#

* 25. 2. 1892, Ebensee (Oberösterreich)

† 16. 4. 1972, Wien


Volksbildner, Philosoph
Politiker (CS, VF, ÖVP)

Karl Lugmayer
Karl Lugmayer. Foto 1936
© adulteducation.at
Karl Lugmayer wurde am 25. Februar 1892 in Ebensee in Oberösterreich in einer Beamtenfamilie geboren.

Nach dem Besuch der Volksschule in Schwarzenberg und des Gymnasiums in Linz, absolvierte er an der Universität Wien ein Studium der klassischen und romanischen Philologie, das er 1916 mit der Promotion abschloss, und legte die Lehramtsprüfung für Latein und Französisch ab.

Er wurde Mittelschullehrer, engagierte sich daneben in der christlichen Gewerkschaft und war bald Ideologe und Programmatiker des christlichsozialen Lagers. Von Lugmayer stammt der Vorentwurf zum 1923 beschlossenen "Wiener Programm" der christlichen Arbeiterbewegung.

1923 wurde Lugmayer Volksbildungsreferent für Niederösterreich und absolvierte von 1924 bis 1927 daneben ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften. Nebenberuflich war er auch als Schriftleiter der vom Reichsverband herausgegebenen Zeitschrift „Neue Ordnung“; er hielt als Ideologe der christlichen Arbeiterbewegung viele Vorträge und veröffentlichte viel.

1934 wurde er Volksbildungsreferent für Wien, wurde 1936 Leiter des Volksbildungsamtes der Stadt Wien und war an der Gründung einer jüdischen Volkshochschule maßgeblich beteiligt. Nach dem Anschluss wurde Karl Lugmayr 1938 seines Amtes enthoben und 1939 zwangspensioniert. Er wurde von der Gestapo überwacht, seine Werke wurden beschlagnahmt; er lebte bei seinen Eltern in Wien und beschäftigte sich mit verschiedenen Studien.

In dieser Zeit entwickelte er eine eigene Philosophie der Person, die den Mensch als ein Wesen beschreibt, in dem Geistiges und Materielles zusammenfließt und leitete daraus Schlüsse bezüglich Politik und Wirtschaft ab.

Im weiteren Verlauf des Kriegs war er im Widerstandskreis um Lois Weinberger tätig, dem auch Karl Kummer angehörte. Aus diesen Überlegungen heraus entstand 1945 der Österreichische Arbeiter- und Angestelltenbund (ÖAAB), dessen Präsident Leopold Kunschak wurde.

In der provisorischen Staatsregierung Karl Renner wurde Lugmayer 1945 zum (Unter-)Staatssekretär im Staatsamt für Volksaufklärung, Unterricht und Erziehung berufen. Von 1945 bis 1959 war er Mitglied des Bundesrats, dessen stellvertretender Vorsitzender er von 1951 bis 1956 war.

Daneben wirkte er wieder in der Volksbildung (Zentralvorstand des Verbands Wiener Volksbildung, Künstlerische Volkshochschule, hatte an der Abfassung des Wiener Programms des ÖAAB 1946 wesentlichen Anteil und war bis zu seinem Tod ÖVP_Bezirksparteiobmann in Wien-Ottakring.

Er war Mitglied der österreichischen Delegation zur Beratenden Versammlung des Europarates, Präsident der Österreichischen Liga für Menschenrechte.

Dr. Karl Lugmayer starb am 16. April 1972 in Wien.


Text von Paul R. Tarman#

Prof. Dr. Karl Lugmayer war Unterstaatssekretär im Staatsamt für Volksaufklärung, Unterricht und Erziehung sowie Ministerialrat, Bundesrat und Delegierter im Europarat in Straßburg. Er wirkte als Honorarprofessor an der Hochschule für Bodenkultur sowie als Dozent im Seminar für soziale Berufe und gilt als einer der führenden Intellektuellen und Programmatiker der christlichsozialen Bewegung. Sein Denken, das sich intensiv mit der Personalität des Menschen beschäftigt, ist in zahlreichen philosophischen Texten überliefert.

Seine Kindheit verbrachte Karl Lugmayer in Schwarzenberg an der bayerischen Grenze. Von 1903 bis 1911 besuchte er das Gymnasium in Linz und maturierte mit Auszeichnung. Schon damals begann er, sich sozial zu engagieren. So verteilte er die Sozialen Studentenblätter des sogenannten „Großstadtapostels“ Berlins, Carl Sonnenschein (1876-1929), die er durch den Pastoraltheologen und Akademikerseelsorger Karl Rudolf (1886-1964), kennen lernte. Wichtige sozialphilosophische und -ethische Impulse bekam er durch die Texte Karl von Vogelsangs und Leos XIII. Der junge Lugmayer verstand es, seine Mitschüler auf die sozialen Gegensätze und die herrschende Not aufmerksam zu machen.

In Wien studierte Lugmayer Klassische und Romanische Philologie sowie Philosophie, der Abschluss des Doktorates erfolgte 1916 mit Auszeichnung: „Summis Auspiciis Augustissimi Imperatoris ac Regis Francisci Joseph I.“ Auch erwarb er das Prüfungszeugnis für das Lehramt an Mittelschulen für die Fächer Latein und Französisch. Zunächst war er als Lehrer an Wiener Mittelschulen tätig, parallel arbeitete er in der Zentralkommission christlicher Gewerkschaften und als Hilfsstenograph im Parlament. 1920 wurde Lugmayer vom Unterrichtsministerium beurlaubt. Gemeinsam mit Josef Luitpold Stern und Robert Musil wurde er als Fachbeirat im Heeresministerium beschäftigt, nebenbei wirkte er in verschiedenen Bereichen der Volksbildung.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges war Lugmayer auch ehrenamtlich auf dem Gebiet der Volksbildungs- und Fürsorgearbeit tätig. Er ermöglichte Lehrlingen einen Erholungsurlaub in staatlichen Heimen und wirkte bei den schwedischen und holländischen Ausspeisungsaktionen für Lehrlinge mit. Da bei diesen Arbeiten auch Kalasantiner mitwirkten, lernte er diese und deren Pater Schwartz kennen. Lugmayer engagierte sich in der Zentralkommission der christlichen Gewerkschaften sowie im Reichsverband christlicher Arbeitervereine Österreichs, wo er sich auch publizistisch betätigte und zu einem demokratischen Vordenker wurde. In diesem Zusammenhang redigierte Lugmayer die Zeitschrift „Jugendwacht“ von 1919 bis 1922. Der Jugendseelsorger, langjährige Generalsekretär und Bundespräses des Reichsbundes, Franz Gessl, animierte Lugmayer, eine neue Übersetzung der päpstlichen Sozialenzyklika Rerum Novarum zu machen, die zu einem beachtlichen Erfolg wurde.

Lugmayer war 1923 an der Entstehung des Linzer Programms der christlichen Arbeiter Österreichs beteiligt. Er publizierte und kommentierte den Beschluss mit einem Geleitwort von Leopold Kunschak. Ab 1925 gab Lugmayer die „Neue Ordnung“ heraus, die er als Schriftleiter ehrenamtlich führte. Neben weiteren Artikeln in anderen Zeitschriften veröffentlichte er in den 1920er Jahren auch einige sozialphilosophische Bücher. Auch studierte er in dieser Zeit Staatswissenschaften an der Universität Wien.

Ab 1923 war er Volksbildungsreferent für Niederösterreich und ab 1934 für Wien, von 1934 bis 1938 war er Mitglied des Bundeskulturrats. Unter seiner Zuständigkeit wurde 1934 eine jüdische Volkshochschule gegründet. Zur Maiverfassung äußerte sich Lugmayer wiederholt kritisch, was zu zahlreichen Konfliktfällen mit dem autoritären Ständestaat-Regime führte. In dieser Zeit entwickelte Lugmayer wichtige Kontakte zu Sozialdemokraten und Kommunisten, wie Viktor Matejka, Gerda Matejka-Felden, Otto Spranger, Eduard März und Leo Stern. Besonders zu Matejka entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft.
Sehr gute Kontakte unterhielt Lugmayer auch zur „Österreichischen Aktion“ um Ernst Karl Winter, wo er auch den Komponisten Ernst Krenek kennen lernte. Gemeinsam war ihnen das Bekenntnis zu einem unabhängigen Österreich, wenngleich Lugmayer kein Monarchist, sondern Demokrat war. Diese Kontakte führte Lugmayer nach 1945 weiter, als er unter der der Obmannschaft von Wilhelm Schmid im Vorstand der Österreichischen Gemeinschaft wirkte.

Nach dem Anschluss im Jahr 1938 wurde Lugmayer mit nur 46 Jahren zwangspensioniert und begann daher sein Studium der Naturwissenschaften an der Hochschule für Bodenkultur in Wien. Er schloss sich der Widerstandsgruppe um Lois Weinberger an, der auch Karl Kummer, Grete Rehor und Felix Hurdes angehörten und die mit der Gruppe von Heinrich Maier und Franz Josef Messner in Verbindung stand.

Lugmayer, der selbst von der Gestapo beobachtet wurde, intervenierte beim nationalsozialistischen Gaukommisär, um die Freilassung Viktor Matejkas aus dem KZ Dachau zu erwirken, hatte aber damit keinen Erfolg. Während dieser Zeit der Isolation entwickelte Lugmayer seine eigenständige personalistische Philosophie, die teilweise von Augustinus und Thomas von Aquin beeinflusst wurde. Das Personalitätsprinzip des Menschen war für ihn Grundlage der Ethik wie der Menschenrechte. Nach dem Krieg hatte Lugmayer wieder die Gelegenheit, seine Gedanken in Büchern und zahlreichen Artikeln zu veröffentlichen. Es handelt sich hier vor allem um sozialphilosophische, aber auch allgemein philosophische Werke, von denen wohl die Philosophie der Person (1956; erweiterte Aufl. 2009) das herausragendste ist.

1945 war er einer der Mitbegründer des ÖAAB (14. April) und der ÖVP (17. April). Unter Karl Renner wurde Lugmayer Unterstaatssekretär im Staatsamt für Volksaufklärung, Unterricht und Erziehung in der provisorischen Regierung. Nach den Wahlen wurde Lugmayer im Dezember 1945 vom Wiener Landtag in den Bundesrat entsandt.

Ab 1. Oktober 1946 wurde er wieder in den Personalstand des Bundesministeriums für Unterricht übernommen und zum Ministerialrat für Schrifttum (Buchwesen) ernannt. Zur Ausübung des Mandats als Bundesrat wurde er jedoch vom Dienst beurlaubt. Ende 1945 erhielt Lugmayer von Rektor Alfred Till den Ruf, eine ordentliche Professur an der Hochschule für Bodenkultur anzunehmen. Dazu meinte er 1965 in seinen „Erinnerungen eines Unterstaatssekretärs“:

„Ich mußte ihm erklären: Eine ordentliche Professur für Philosophie an einer Fachhochschule ist wohl ein Zukunftstraum, der an der Fülle der naturwissenschaftlichen und sonstigen agrarwirtschaftlich wichtigen Vorlesungen scheitern muß. Ich war dagegen bereit, in irgendeiner Form wöchentlich zwei Stunden zu sprechen oder zu lesen.

Es ergab sich die Form eines Honorarprofessors mit Lehrauftrag für eine Vorlesung über „Philosophie der Natur- und Geisteswissenschaften“. Nebenbei bemerkt: Honorarprofessor leitet sich sprachlich und inhaltlich nur von honor ab, nicht von Honorar. Eine Art Befähigungsnachweis für diese Ehrung fand das Professorenkollegium offenbar in meinem Buch „Sein und Erscheinung“ 1945, geplant auf fünf Bände, wovon der zweite 1947 erschien. Die Vorlesung war eine Pflichtvorlesung, d.h. die Hörer brauchten die sogenannte Antestur und Abtestur. Die Antestur bekamen sie gratis, die Abtestur auf Grund eines Kolloquiums.“

Lugmayer war Mitbegründer des Seminars für soziale Berufe bei den Kalasantinern in Wien XV., und war dort von 1949 bis 1965 als Dozent für praktische Sozialphilosophie und katholische Soziallehre tätig.

Auch weiterhin widmete sich Lugmayer seiner Aufgabe als Politiker und Sozialreformer. Anfang 1946 verfasste er das viel beachtete Wiener Programm der österreichischen Arbeiterschaft des ÖAAB, das auch zum Parteiprogramm der ÖVP wurde. Von 1945 bis zu seiner Pensionierung 1959 war er Mitglied des Bundesrats, dessen stellvertretenden Vorsitz er ab 1951 inne hatte. Zusätzlich war er in folgenden politischen Funktionen tätig: Leiter des Bildungsreferats im ÖAAB, Bezirksparteiobmann der ÖVP Wien XVI., Leiter der Baugenossenschaft „Heim“ sowie leitendes Mitglied der österreichischen Delegation zur Beratenden Versammlung des Europarates in Straßburg. Auch war er Vizepräsident bzw. Präsident der Österreichischen Liga für Menschenrechte. Im Sinne der Völkerverständigung engagierte sich Lugmayer auch in der Österreichisch-Sowjetischen Gesellschaft, dessen Vizepräsident er von 1947 bis zu seinem Tod war.

Während seiner beruflichen und schriftstellerischen Tätigkeit wirkte Lugmayer auch weiterhin im Bereich der Volksbildung. Von 1948 bis 1958 war er Vorsitzender des österreichischen Buchklubs der Jugend. Bei der Gründung des Vereins Künstlerische Volkshochschule hatte er den Vorsitz, und war danach Vorstandsmitglied. Auch war er Vorstandsmitglied des Verbandes der Wiener Volksbildung, später auch Ehrenmitglied.

Von 1947 bis 1971 war Lugmayer Präsident des Österreichischen Volksliedwerkes. Er war Vizepräsident des Vereins für Volkskultur, Ehrenpräsident des Verbandes österreichischer Volksbüchereien und Mitglied des P.E.N. Clubs.

Werke (Auswahl)#

  • Der Gewinnwirtschaft Werden, 1922
  • Das Linzer Programm der christlichen Arbeiter Österreichs, 1924
  • Lehren und Weisungen der österreichischen Bischöfe über soziale Fragen der Gegenwart, 1926
  • Grundrisse zur neuen Gesellschaft, 1927
  • Die gesellschaftlichen Rundschreiben Leos XIII. und seiner unmittelbaren Vorgänger, 1930
  • Sein und Erscheinung, 2 Bände, 1945/47
  • Philosophie der Person, 1956 (Mit einer Einleitung von Erwin Bader und Paul R. Tarmann, unveränderte Neuauflage, Hrsg. von Erwin Bader und Franz Lugmayer, 2009 )
  • Programm, Kritik, Aktion, Schriftenreihe des ÖAAB, H. 2., 1952

Literatur#

  • E. Bader (Hrsg.), Karl Lugmayer und sein Werk. Seine politisch-soziale Bedeutung und Aktualität. LIT-Verlag, Berlin/Wien, 2007
  • E. Bader (Koordination), Karl Lugmayer und sein Werk. Seine politisch-soziale Bedeutung und Aktualität. Forschungsbericht, 418 S.), Dr. Karl-Kummer-Institut, Wien, 2004
  • F. Lugmayer, Karl Lugmayer. Sein Weg zu einer neuen Ordnung. Karl von Vogelsang-Institut, Politische Akademie, Wien 1990
  • K. Klein, B. Pellar, W. Raming (Hrsg.): Menschenwürde – Menschenrecht – Sozialreform. 100 Jahre christliche Gewerkschafter in Österreich. Verlag des ÖGB, Wien, 2006
  • H. Pribyl, Der christlichsoziale Politiker – Karl Lugmayer, in: Jan Mikrut (Hrsg.): Faszinierende Gestalten der Kirche Österreichs, Bd. 10, Dom-Verlag, Wien 2003, S. 133-154.
  • P. R. Tarmann: Die Personalität des Menschen als Begründung von Menschenrechten und Ethik. Einige Konsequenzen der personalistischen Philosophie bei Karl Lugmayer, Diplomarbeit, eingereicht an der Universität Wien, 2008
  • P. R. Tarmann: Menschenrecht, Ethik und Friedenssicherung. Der personalphilosophische Ansatz Karl Lugmayers, Frankfurt am Main; Wien (u. a.), Lang, 2010

Quellen#


Redaktion: P. Diem I. Schinnerl