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Kronleuchter. 409
Kronleuchter, (Tafel 219.)
Die kreisförmige Anordnung einer gröfseren Anzahl von Flammen
an einem zum Aufhängen bestimmten Apparat führte zur Bildung des
Kronleuchters (Lustre). Während das Mittelalter es liebte, die
Flammen in eine Ebene zu legen, also einen Ring von Flammen zu
bilden (Taf. 219. 2), erzielt die Renaissance einen gröfseren Reichtum
und mehr Abwechselung durch Anordnung in mehreren Etagen, ein
Prinzip, das im allgemeinen auch für unsere modernen Gaskronen in
Anwendung geblieben ist (Taf. 219. 3. 4). Die Abwechselung wird
dadurch erhöht, dafs die einzelnen Etagen die Flammen verschränken.
Schmiedeisen und Bronze, daneben auch Glas (venezianische Kron-
leuchter) und neuerdings der billigere Eisen- und Zinkgufs sind das
Ausführungsmaterial. Eine originelle und eigenartige Bildung sind die
Lüster- oder Lichterweibchen der Renaissance, weibliche Halbfiguren,
die in Fischschwänze etc. endigen und mit Hirschgeweihen versehen
sind, welche die Kerzen tragen. Figur I unserer Tafel gibt ein Bei-
spiel aus vielen. Die zierlichen Ketten, an denen diese Lichter-
weibchen sowie Lampen und Laternen aufgehängt zu werden pflegten,
machen bei der modernen Gaskrone einem Aufhängerohr Platz, das
gleichzeitig das Leuchtgas zuführt. Wurden im ersteren Falle die
Ketten über Rollen geführt, um die Lampe höher oder tiefer hängen
zu können, so findet bei der Gaskrone die Verschiebung mittelst einer
Stopfbüchse statt, wobei ein Gegengewicht als Ausgleicher dienen kann
(Taf. 219. 7). Dann endigt die Krone häufig nach unten in einen
Ring, um das Herabziehen zu erleichtem. Aufser den Glocken, die
die Flamme umgeben, werden Uber denselben häufig Schalen ange-
bracht, um die Decke vor Hitze und Rufs zu schützen. Jede einzelne
Gasflamme mufs selbstverständlich mittelst eines Rohres mit dem
Flauptrohr in Verbindung stehen. Bei den neuerdings zur Anwendung
gelangenden Glühlichtkronen können die Glühlichter statt nach oben
nach abwärts gebogen sein, wobei die Schlagschatten der Untersatz-
teller u. s. w. wegfallen. Unsere Tafel giebt verschiedene Kronleuchter
älterer und neuerer Zeit, zum Teil hälftig mit den Armen ins Profil
gedreht und mit Weglassung der verkürzten, die Zeichnung verschnei-
denden Arme. Eine regelmäfsige Anordnung von 5 oder 6 Armen
bildet die Regel; weniger und mehr Arme sind seltener. Bei Kron-
leuchtern mit vielen Flammen werden die einzelnen Arme nach Art
der mehrkerzigen Wandarme angeordnet.
Tafel 219.
1. Lichterweibchen im Stile der deutschen Renaissance.
2. Halbkugelige Lichterkrone für acht Kerzen. Deutsche Renais-
sance.
Handbuch der Ornamentik
Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Titel
- Handbuch der Ornamentik
- Untertitel
- Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Herausgeber
- Franz Sales Meyer
- Ort
- Leipzig
- Datum
- 1937
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.6 x 15.7 cm
- Seiten
- 628
- Kategorie
- Kunst und Kultur