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Am 27. Dezember. 97
Hirt das verlorene Schaf gesucht, und wieder gefunden. O, daß
alle Hirten ihre Schafe, — alle Eltern ihre Kinder, und alle Vor:
gesetzten ihre Untergebenen mit eben der Liebe und dem Eifer, wie
Johannes, vor dem sittlichen Verderben bewahren, oder die Irrege:
gangenen aus demselben retten, und bedenken wollten, daß sie für
die ihnen anvertrauten Seelen, die Jesus Christus durch sein Blut
so theuer erkauft hat, Rechenschaft geben muffen!
Ein alter Geschichtschreiber erzählt, es sey dem Johannes von
einigen Ketzern ein Getränk, mit Gift vermischt, gereicht wor-
den, Johannes habe das Kreuzzeichen über den Becher gemacht,
worauf dieser sogleich in Stücke zerbrochen, und das Gift in Ge-
statt einer Schlange, zum größten Schrecken und zur Beschämung
der Ketzer, hervorgekommen sey. Wegen dieser Begebenheit pflegen
die Maler dem heil. Apostel einen Kelch, aus welchem eine Schlange
hervorgeht, in die Hand zu malen, und auf eben diese Begebenheit
gründet sich die, seit den ältesten Zeiten in der katholischen Kirche
bestehende Gewohnheit, am jährlichen Gcdächtnißtage des heiligen
Johannes gesegneten Wein auszutheilen mit den Worten: „Trinke
die Liebe des heiligen Johannes!" Christ! denkest du bei dieser Cere-
monie jedesmal an die große Liebe, die Johannes der Apostel zu
Jesus und zum Guten hatte; ermunterst du dich recht lebhaft, diese
Liebe auch in deinem Herzen immer mehr zu begründen, und in bei-
nem Sinne und Wandel sichtbar werden zu lassen; so wird dir der
Empfang des sogenannten St. Iohannis Segens sehr heilsam seyn,
und die Gebethe, durch welche der Wein gesegnet wird, werden an
dir nicht fruchtlos bleiben. Nach dem Berichte des Epiphanius führte
der heilige Johannes eine sehr einfache und strenge Lebensart. Er
trug einen leinenen Rock, eben einen solchen Mantel, und bediente
sich nur weniger und der gemeinsten Speisen und Getränke; dabei
war er doch immer heiter und freundlich, liebevoll und sanftmüthia
gegen alle Menschen. Er verschmähte und verwehrte anständige Er-
götzlichkeiten nicht. Eine alte Legende erzählt folgenden, des Jo-
hannes ganz würdigen Vorfall: Der heilige Apostel hatte ein zah-
mes Rebhuhn, mit welchem er in den Augenblicken der Erholung
öfters spielte. Eines Tages war er, um von seiner Anstrengung
sich zu erholen, außer der Stadt Ephesus auf das freie Feld ge-
gangen. Er hatte das Rebhuhn bei sich, und ließ das muntere
Thier von seiner Hand bald auf die Schultern, bald auf das Haupt
hüpfen und dann wieder auf die Hand zurückkommen. Eben als
dieses geschah, kam ein fremder Mann auf ihn herzu, welcher mit
Bogen und Pfeil bewaffnet war. Dieser Mann war von der Ferne
gekommen, um den hochverehrten Apostel Johannes in Ephesus zu
sehen. Er kannte ihn nicht, und fragte deßwegen, an welchem Orte
Elster Vane, 7
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen