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290 Die heilige Barbara, Jungfrau und
schen im Hause ihres Vaters, welcher ein heimlicher Verehrer des
wahren Gottes und der christlichen Religion gewesen ist, läßt sich
mit Gewißheit nicht angeben. Mag es, wie immer, geschehen seyn,
es war das Werk der liebevollen Vorsehung Gottes, und ein schö-
nes Verdienst der Barbara, daß sie die ersten Funken des göttlichen
Lichtes nicht von sich stieß.
Die bessere Erkenntniß zeigte sich sehr bald in dem edleren
Sinne, und in dem guten Wandel der liebenswürdigen Tochter des
Dioskorus. Eie ward nicht blos gleichgültig gegen den Götzendienst,
sondern fing an, denselben zu verachten. Sie schauderte zurück vor
dem bösen und lasterhaften Wesen, welchem sich die Götzendiener un-
gescheut überließen, und welches durch die heidnischen Götter selbst
begünstiget ward. Diese Veränderung der Tochter konnte dem Va-
ter nicht lange verborgen bleiben, sowie auch ihre Neigung für die
christliche Religion. Darüber aufgebracht, faßte er einen Anschlag,
welcher von seiner rohen und heftigen Gemüthsart nur zu sehr zeu:
get. Er ließ an seinem Paläste einen hohen Thurm bauen, in dem
obersten Theile desselben eine Wohnung zurichten, und in diese seine
Tochter einsperren, damit ihr auf solche Art alle Gelegenheit genom-
men würde, mit einem andern Menschen zu sprechen, oder Umgang
zu haben, als mit vencn, welche er zu ihrer Bedienung bestimmte,
und auf die er sich gänzlich verlassen zu können glaubte. So,
meinte er, werde sich die Neigung zur christlichen Religion, von der
sie jetzt nichts mehr hören könnte, bald aus ihrem Herzen verlieren.
Aber gerade da zeigte es sich, wie sehr die Wege Gottes von den
Wegen des sinnlichen Menschen verschieden seyen, und wie wenig sich
die göttliche Vorsehung in ihren Planen aufhalten lasse durch die
Anschläge der Menschen, ja vielmehr diese zur Erreichung ihrer Ab-
sichten leite. In dem einsamen Thurme fand Barbara ganz, was
ihr Geist bisher so sehnlich gewünscht und so eifrig gesucht hatte,
nämlich die vollkommene Erkenntniß des Christenthums und die hei-
lige Taufe. Mit Bewunderung und Ehrfurcht betrachtete sie die
Werke des Schöpfers, und bethete Ihn an als den einzig wahren
Gott in Einfalt und Unschuld ihres Herzens. So machte sie die
abgesonderte stille Wohnung zum Tempel, in dem sie Gott das
wohlgefälligste Opfcr ihrer Liebe und Andcthung darbrachte.
Als sie das erforderliche Alter erreicht hatte, ging ihr Vater
mit dem Gedanken um, sie seinem Stande gemäß zu verheirathen.
Mehrere heidnische Jünglinge warben bei ihm um ihre Hand, und
er sagte Einem derselben seine Tochter zu. Diese aber wollte sich
dazu nicht entschließen, sondern bat den Vater, daß er sie mit der
ehelichen Verbindung, zu welcher sie keine Neigung habe, verschonen
wolle. Die gottselige Jungfrau entsetzte sich über eine so enge Ver:
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen