Seite - 395 - in Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres - Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
Bild der Seite - 395 -
Text der Seite - 395 -
20. Jänner. 395
gen; von keinem ist er freiwillig aufgenommen worden. Selbst der
Schuldner, der nicht einmal mehr seinen Leib gehörig bedecken kann,
weil er von den wucherischen Glaubigern unbarmherzig gedrängt wird,
leidet den Tod, weil er muß; er wünscht ihn nicht, ungeachtet
er sein Elend endet. Selbst dieser fürchtet den Tod. Wie kann
denn doch der nach ihm verlangen, der sich des Ucbersiusses aller
Güter freuet, der Niemand etwas schuldig ist? O ihr Greise! die
ihr ein Vatergefühl in euerem Herzen habet, kommet Hieher, und
beweinet mit mir meine Söhne! Kommet Hieher Jünglinge! und
weinet über diese hier, die selbst sich in den Tod stürzen. Väter!
kommet daher, und verhindert an eucrn Söhnen solche Entschlüsse,
damit ihr nicht gleiche Qual, wie ich, leiden müsset! O! daß meine
Augen durch ihren Thränenguß blind würden, damit ich nicht die
mit dem Schwerte hinrichten sehe, für die ich schon zitterte, wenn
sie nur unsanft berührt wurden; über die ich mich bekümmerte, wenn
ich sie nur ein wenig trauern sah."
Tief bewegt durch das ungestüme Zureden der Freunde, durch
den angstvollen Jammer der Mutter, und durch das wchmuthsvolle
Klagen des Vaters, fingen die beiden Bekcnner schon zu wanken an,
als endlich auch noch ihre Gattinnen herzukamen, ihnen ihre zarten
Kinder, die sie mit sich gebracht hatten, darboten, mit verzweifeln-
dem Jammergeschrei den Kerker erfüllten, und unter Strömen von
Thränen flehten, daß sie durch Verläugnung des christlichen Glaubens
ihr Leben erhalten, und sich ihrer beklagenswürdigen Familie wieder
schenken möchten. Zu schwer war dieser Kampf für die Helden, die
bis daher so muthvoll gekämpft hatten. Ihre Herzen wurden weicher,
der Widerstand schwächer, und schon waren sie unentschlossen, was
sie thun wollten. Allein Gottes waltende Vorsehung führte ihnen
Stärke zu. Sebastian erfuhr die Gefahr, in der sie ihres Heiles
wegen schwebten, und eilte zu ihnen in's Gefängniß. In einer
feurigen Rede stellte er ihnen vor die Vergänglichkeit der irdischen
Verbindungen, Güter und Freuden, wegen welcher sie des Leibes
Leben erhalten, und das unaussprechliche Glück einer ewigen Seligkeit
verscherzen wollten, welche sie in einem kurzen Kampfe, durch muth-
volles Ausharren in schnell vorübergehenden Leiden erhalten würden.
„Warum," sagt er, „soll der Christ die Martern nicht fürchten?
Darum nicht, weil er weiß, daß er durch einen augenblicklichen
Schmerz beständiges Wohlseyn erlange, daß er durch eine kurze
Trübsal in einem ewigen Leben ewiger Freude sich theilhaftig mache.
Ihr fürchtet den Schmerz der Marter, den Streich des Scharfrichters,
die Grausamkeit des Verfolgers, welche neue, und bisher unerhörte
Qualen ersinnen dürfte. Aber bedenket doch, was mehr zu befürchten
sey, das, was heute dauert, und morgen schon vollendet ist, oder
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen