Seite - 746 - in Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres - Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
Bild der Seite - 746 -
Text der Seite - 746 -
746 Der heilige Martinus, Bischof von
Er selbst lebte dürftig, und gab alles, was er von seinem Solde
konmte, den Armen.
An einem sehr kalten Wintertage begegnete er einst im Thore
von Ambiani (Amiens in der Piccardic) einem halb nackten Bettler,
welcher vergeblich alle Vorübergehenden um ein Almosen ansprach.
Er hatte kein Geld, und ging im einfachen Kriegsgcwande. Dieses
und sein Schwert, waren jetzt seine einzige Habe. Da er sah, daß
keiner sich des Armen erbarmte, riß er sein Schwert von der Seite,
zerschnitt damit scin Gewand in zwei Stücke, gab dem Bettler das
eine, und warf das andere wieder um sich. Viele Soldaten bewunder-
ten diese sckö'ne That ihres Kriegskameraden, und schämten sich, daß
sie von ihrem Uebersiusse dem Armen nichts gegeben hatten; andere
hingegen sahen mit höhnendem Blicke auf das zerstümmelte Gewand,
und spotteten seiner. Martinus achtete weder auf das eine, noch
auf das andere, sondern ergötzte sich an dem Gedanken, wie wohl
dem unglücklichen Armen die gereichte Hilfe thun würde. Mit die-
sem freudigen Gedanken beschäftigte er sich den ganzen Tag, und
mit eben diesem schlief er des Abends viel ruhiger, als sonst ge-
wöhnlich, ein. In der Nacht erschien ihm unser Heiland, angethan
mit dem Theile des Gewandes, den er dem Armen gegeben, und
umgeben von Engeln, zu denen er sagte: „Martinus, noch Katechu-
men, hat mich mit diesem Gewände bekleidet." Dieses Traumge-
sicht bewog ihn, sich taufen zu lassen. Er war achtzehn Jahre alt.
Noch zwei Jahre blieb er im Kriegsdienste auf Bitten seines Feld-
obersten, welcher vertraulich mit ihm lebte, und ihm versprach, daß
er nach verlaufener Dienstzeit sich ganz dem Dienste Gottes weihen
wolle. —
Der Cäsar Iulianus hatte das Kriegsheer versammelt, um es
gegen die Barbaren, welche ii, Gallien eingefallen waren, zu führen.
Eines Tages vorher, als eine Schlacht geliefert werden sollte, ließ
er die Soldaten, Mann für Mann, vor sich kommen, und theilte
ein Gnadengeschenk an sie aus. Martinus benutzte diese Gelegenheit,
um die Entlassung vom Kriegsdienste zu bitten. Der Cäsar ward
zornig, und machte ihm den Vorwurf, daß er aus Feigheit die Ent-
lassung verlange, weil er wüßte, daß am andern Tage, mit dem
Feinde geschlagen werde. Darauf antwortete der junge Krieger:
„Zum Beweise, daß ich nicht aus Feigheit entlassen zu werden ver-
lange, will ich Morgen ohne Waffen, einzig mit dem Schirme des
heiligen Kreuzes, an die Spitze unsers Kriegsheers mich stellen, und
muthig die feindlichen Haufen durchdringen." Auf diese Rcde wurde
er, damit er nicht etwa entfliehen könnte, und genöthiget wäre, sein
Versprechen zu erfüllen, in Verwahrung gebracht; Gott aber lenkte
es so, daß die Feinde schon frühe des andern TageS um Frieden
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen