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Am 9. April. 787
Scham über mich selbst sterben. Obgleich geheiliget durch die hei«
lige Taufe, bin ich doch die größte Sünderin. Bethe für mich, und
höre nicht auf, für mich zu Gott zu flehen, daß er mir gnädig sey
am Tage des Gerichtes. Aegypten ist mein Vaterland. Zwölfjäh-
rig verließ ich meine Eltern, und kam nach Alerandricn. Sieben:
zehn Jahre führte ich da ein schandvolles Leben. Von der unreinen
Lust ganz beherrscht, gab ich mich jedem Preis, ohne jedoch einen
Sündenlohn anzunehmen, nicht weil ich desselben nicht mehr bedurft
hätte, denn ich lebte schr ärmlich von Spinnen und Betteln, son-
dern weil ich dadurch Niemand von mir zurückschrecken wollte. Einst
sah ich zur Sommerszeit viele Menschen aus Aegypten und Lybien
dem Meere zugehen. Auf meine Frage, wohin sie reisetcn, antwor-
tete mir einer: Nach Jerusalem, wo nach wenigen Tagen das Kreuz-
erhuhungsfest feierlich begangen werde. Ich schloß mich an die
Wallfahrter an, und setzte, wie zuvor, das schamlose Leben fort, zu
dem ich mehrere unvorsichtige Jünglinge durch alle mögliche Kunst-
griffe anreizte. Am Festtage strömten zu Jerusalem Morgens frühe
schon unzählige Menschen der Kirche zu: Ich ging auch dahin; ward
aber von einer geheimen Gewalt zurückgehalten, daß ich nicht in
selbe hineingehen konnte. Ich versuchte es mehrmal mit Anstren-
gung aller meiner Kräfte, aber vergebens. Ich trat zurück, und
stellte mich in eine Ecke des Vorhofes. Da erkannte ich, warum
ich von der Anschauung des heiligen Kreuzes zurückgehalten werde.
Eine innere Stimme sagte mir, daß mein lasterhafter Wandel die
Ursache sey. Ich fing an zu weinen, zu seufzen, und an meine
Brust zu schlagen, als ich in meinem Jammer ober mir ein Mutter:
gottesbild erblickte, Muth faßte, die heilige Jungfrau durch ihre Rei-
nigkeit bat, mit mir armen Sünderin Mitleid zu haben, mir die
Gnade zu erbitten, das heilige Kreuz zu sehen, und Lebeusbesscnmg
von Herzen versprach. Hierauf versuchte ich es wieder in die Kirche
zu gehen, und kam ohne Widerstand hinein. Da erblickte ich das
heilige Kreuz, dieses Unterpfand der Liebe Gottes, und der Begna-
digung reumüthiger Sünder. Ich Armselige warf mich auf die Erde
hin, bethete das Heiligthum an, und kehrte an den Ort wieder zu-
rück, an welchem ich das Bild meiner Fürsprecherin erblickt hatte.
Woll des heißesten Dankes erneuerte ich das Versprechen meiner auf-
richtigen Besserung; da vernahm ich eine Stimme, welche mir über
den Jordan zu gehen befahl. Ich folgte, indem ich die seligste
Jungfrau um Schutz und Leitung bat. Ein Unbekannter gab mir
im Weggehen Geld, um welches ich drei Brode kaufte für die Reise,
die ich sogleich antrat. Am Abende kam ich am Jordan in die
Kirche des heiligen Johannes des Täufers, empfing da den heiligsten
Leib Jesu Christi, setzte am andern Tag über den Fluß in einem
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Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen