Seite - 788 - in Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres - Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
Bild der Seite - 788 -
Text der Seite - 788 -
788 Die heilige Maria, Büßerin.
kleinen Schifsiein, das ich am Gestade fand. Seitdem lebe ich in
dieser Wüste, abgesondert von den Menschen, unter dem Schutze
Gottes, der sich der Sünder «barmet, die sich zu ihm bekehren."
Nachdem Maria diese Erzählung geendiget hatte, fragte Zosimas:
„Wie viele Jahre lebst du schon in dieser Einöde?" „Es sind bei
sieben und vierzig Jahre, seitdem ich Jerusalem verlassen habe,"
antwortete sie. Auf die Frage, von was sie sich in der Einsamkeit
ernährt habe, erwiederte sie: „Ich lebte, nachdem die Brode, die ich
in Jerusalem gekauft hatte, aufgezehrt waren, von Kräutern und
Wurzeln, und ward, als nach und nach die Kleider von mir sielen,
von Hitze und Kälte jämmerlich gequält." Zosimas fragte weiter,
ob sie keine innerliche Kämpfe auszustehen gehabt habe? Sie sagte:
„ Ja , durch viele Jahre sehr viele und schwere. Weinen,
Brustschlagen, lebhafte Erinnerung an mein Versprechen, und
rufen zur Gottes Mutter waren meine Waffen, und nach solchen
Kämpfen umgab mich öfters schnell ein himmlisches Licht, welches
mich mit Trost erfüllte. Meine Einbildung führte mir Bilder aus
der Vergangenheit zu, und ich ward sehr heftig versucht, zu den
sündhaften Genüssen des geführten wollüstigen Lebens zurückzukehren.
Da warf ich mich auf die Erde hin, benetzte sie mit Thränen, be-
thete, und stand nicht eher von derselben auf, bis die Versuchung
überwunden war." Sie sprach noch Mehreres, empfahl sich dann
in das Gebeth des Zosimas, und bat ihn, ihr folgendes Jahr am
grünen Donnerstag die heilige Lommunion an den Jordan zu brin:
gen. Er brachte dieselbe im Jahre hierauf. Auch sie erschien Abends
am Jordan, und nachdem Zosimas das Bekenntniß des Glaubens
und das Vater unser gesprochen hatte, reichte er ihr die heilige Com-
munion, worauf sie unter Thränen ausrief: „Nun laß, o Herr!
deine Dienerin im Frieden scheiden!" Bevor sie in die Einöde zu-
rückkehrte, bat sie den Zosimas, daß er im nächsten Jahre wieder
Hieher komme. Er that's, fand sie aber todt auf der Erde liegen,
und neben ihr eine Schrift, welche ihren Namen und den Anfang
ihrer Bekehrung anzeigte. Er begrub den entseelten Leichnam, und
machte die Geschichte in seinem Kloster bekannt, in welches er Gott
preisend zurückkehrte. Er selbst starb im hundertsten Jahre seines
Alters, heiligen Andenkens.
Gott handelt immer noch auf die nämliche Weise mit den Sün-
dern , wie Er mit der Maria aus Aegypten vor ihrer Bekehrung
auf unsichtbare Weise gehandelt hat. Durch die Stimme des Ge-
wissens, durch besondere innerliche Einsprechungen, durch sein heiliges
Wort, durch äußerliche, glückliche und unglückliche Zufälle spornt er
den Sünder an, die Gesinnungen der Reue und des Vertrauens zu
ergreifen, und sich dadurch zu nähern dem Allbarmherzigen, der ihn
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen