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Am 22. Juni. 811
annahm, ward er geliebt von Allen. Oder wer war bedrängt, dem
er nicht seine Hand bot? wer war bekümmert, den er nicht tröstete'?
Er war fromm, mitleidig, demüthig, gütig; er verachtete Niemanden,
und erhob sich über Keinen. Gegen alle war er freigebig, und nachsichts-
voll. Er ermuthigte die Schüchternen, und besänftigte das zu rasche
Feuer der Heftigen. Durch Wort und Beispiel erbaute er Alle. Dieser
nahm er sich durch Fürsprache in Briefen, jener durch eigene Frei:
gebigkcit an. Er ergötzte sich an keinen Gütern, an keinen Reich»
thümern, als an jenen, welche Christus verheißen hat." Die Kir-
chengütcr verwaltete Paulinus mit der größten Treue, und verwen-
dete sie mit kluger Vorsicht. Von seinen eigenen Einkünften gestat-
tete er sich selbst nur allein die höchste Nothdurft, das Uebrige be-
stimmte er zu Gaben der Liebe, zur Verschönerung der Kirchen, und
zur Zierde des äußerlichen Gottesdienstes.
Nachdem die Gothen Rom vecheevt hatten, richtete ihr Anfüh-
rer Alarich seinen Zug in's südliche Italien. Auch Nola ward von
ihnen im Jahre 310 heimgesucht, und Paulinus, nebst seinen Mit-
bürgern gefangen. Da bethete er zu Gott: „Wollest nicht zugeben,
o Herr! daß ich Goldes und Silbers wegen cemartert werde! Du
weißt, wo meine ganze Habe ist." Die Gothen thaten ihm kein
Leid, und gaben ihn frei. Paulinus war 77 Jahre alt, als er von
heftigem Seitenstechen befallen wurde. Drei Tage vor seinem Tode
ward er von dem Bischöfe Symachus aus Capua, und von Bene-
dictus, einem andern Bischöfe einer benachbarten Kirche, besucht.
Dadurch hoch erfreut, verlangte er, daß bei seinem Bette das hoch-
heilige Opfer entrichtet werden solle. Es geschah. Mit dem heili-
gen Opfer opferte der Kranke sich selbst dem Herrn auf, und em-
pfing mit großer Rührung die Wegzehrung der Sterbenden. Bald
nachher fragte er, wo seine Brüder seyen? Einer der Umstehenden
glaubte, daß er die beiden Bischöfe meine, und sagte: »Sich, hier
sind sie!" Er sprach: „Ich meine den Ianuarius und Martinus,
die so eben mit mir geredet, und verheißen haben, daß sie bald zu
mir kommen werden." ( Im Geiste — denn Beide waren früher
schon zum Herrn heimgegangen.) Jetzt erhob er seine Augen gen
Himmel, und bethete den Psalm: »Mein Aug' erheb' ich zu den
Bergen. Woher kommt Hilfe mir? Vom Herrn kommt meine
Hilfe. Der Himmel schuf und Erde« u. s. w. Ein Priester erin-
nerte ihn, daß er noch vierzig Goldstücke für Kleider, die den Armen
angeschafft worden, schuldig sey. Paulinus erwiederte lächelnd: „Es
wird sich wohl Jemand finden, der diese Armenschuld bezahlt."
Kurze Zeit nachher erschien ein Priester, welcher fünfzig Goldstücke,
als Geschenk von einem reichen Manne aus Lukanien überbrachte.
„Ich danke Dir, Herr!« rief Paulinus aus, „daß Du meine
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen