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Am 8. Jänner. 837
derte sie vor sich, und sprach zu ihr: „Warum lassest du, von ade-
ligen Eltern entsprossen, dich zu einer Magd böser Begierden und
zur Sklavin des Geizes herabwürdigen, der, wie der Apostel sagt,
eine Abgötterei ist? Sieh, indem der Herr seinen Dienern gnädig
helfen wird, wirst du nicht wissen, was du mit deinem ungerecht
erhaltenen Gute anders anfangen sollst, als deine bisher zurückgehal-
tenen Früchte in die Donau zu werfen, und den Fischen einen Dienst
zu erweisen, welchen du dem Menschen versagt hast. Daher komme
wenigstens doch dir selbst, wenn nicht den Armen, zu Hilfe, mit
dem, was du vorzuenthalten gedenkest, während Christus hungert!"
Die Procula war heftig erschüttert, und theilte den versteckten Vor-
rath reichlich den Armen aus. Bald darauf kamen unverhofft viele
mit Korn beladene Schiffe auf der Donau an, welche, auf der Ens
eine Zeit lang eingefroren gelegen hatten. Diese brachten den von
Hunger Gedrückten Lebensmittel gcnug. Sie lobten und priesen
Gott, der ihnen so plötzlich geholfen hatte. —
Nicht lange hernach begab sich Scverinus an einen mehr ent-
legenen Ort, bei den Weinbergen genannt, wo er in einer kleinen
Zelle wohnte. Auf göttlichen Antrieb kehrte er aber bald zur Stadt
wieder zurück, erbaute in deren Nähe ein Kloster, in welchem er
viele Jünger um sich versammelte, die er durch weisen Unterricht, mehr
aber noch durch heiligen Wandel zur Vollkommenheit anleitete. Er
ward sehr häusig besucht; dieß veranlaßte ihn, sich öfters ln einem
geheimen Wohnplatz, Purgum genannt, (Burgersdorf, fünf Meilen
von Wien,) zurückzuziehen, um in stiller Ruhe der heiligen Betrach-
tung und dem Gebethe ungestört obliegen zu können. Mit diesen
geistigen Uebungen verband er sehr strenge Abtödtung des Körpers.
Selbst im Winter bei Frost und Schnee trug er weder Strümpfe
noch Schuhe, sondern wandelte mit bloßen Füßen über Eis und
Schnee.
Um das Jahr 474 zogen verschiedene barbarische Völker nach
Italien. Unter denselben war ein Mann, der Odoaker hieß. Die-
ser kam in schlechter Kleidung zu Scverinus. Er mußte sich beu-
gen bei dem Eingänge in die Zelle. Der Heilige sprach zu ihm:
„Du gehst nach Italien, mit schlechten Häuten bedeckt, bald aber
wirst du eine andere Gestalt annehmen." Dieß geschah. Odoakcr
war an der Spitze einer aus Hcrulern, Rugiern und Scirern zu-
sammengesetzten Schaar, welche auf Anrufen des von dem Rebellen
Orestes in die Enge getriebenen Kaisers nach Italien aufgebrochen
war. Er belagerte den Orestes in Pavia, eroberte Ravenna, die
damalige kaiserliche Residenzstadt, entsetzte den zum Kaiser erhobenen
Augustulus seiner Würde, und ließ sich im Jahre 476 zum Könige
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen