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vom 19.01.2016, aktuelle Version,

Hartwig von Raute

Abbildung im Codex Manesse. Sie illustriert Hartwig, der einen Botenjungen ohrfeigt. Es wird vermutet, dass diese Methodik dazu diente, damit sich der Bote sich die zu überbringende Nachricht besser einprägt. Sowohl die Darstellung des Wappens als auch die Darstellung der Ohrfeige durch Hartwig stimmen mit der Miniatur in der Weingartner Liederhandschrift überein. [1]

Hartwig von Raute (zweite Hälfte 12. Jahrhundert, genaue Lebensdaten unbekannt) war ein deutschsprachiger Minnesänger.

Leben

Über das Leben Hartwigs von Raute ist im außerliterarischen Kontext nichts überliefert. In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts erscheint eine Person mit den Namen Hartuvic de Route und Hartvic de Routa beziehungsweise de Route in verschiedenen süddeutschen Urkunden (Tegernsee, Weihenstephan, Baumberg). In der Fachliteratur wird allerdings vermutet, dass es sich hier um einen Vorfahren des Minnesängers handelt, eventuell seinen Vater.[2] Andere urkundlich erwähnten Beinamenvarianten wie riute, rutthe, oder Riuti lassen sich zudem nicht eindeutig auf den Dichter beziehen.[3]

Werk

Hartwig wird der Hausenschule nahestehend zugerechnet.[4] Sein Werk beinhaltet ebenfalls den Konflikt zwischen Minnedienst und Ritterdienst. Im Gegensatz zum Handeln des lyrischen Ichs bei Friedrich von Hausen entscheidet sich Hartwig aber für den Minnedienst. In der Weingartner Liederhandschrift findet sich eine textuelle Erweiterung eines Liedes, in welcher eine deutliche Absage an den Kriegsherren ausformuliert ist. Die Kreuzzugslieder Hartwigs könnten womöglich im Rahmen der staufischen Italienzüge Kaiser Heinrichs VI. entstanden sein.[5] Die figurative Gestaltung des lyrischen Ichs schwankt zwischen Minnegefangenem, Minneerdulder und Minnenarren. [6] Das Werk Hartwigs von Raute orientiert sich zwar am methodischen und stilistischen Handwerk seiner Zeitgenossen wie Bligger von Steinach oder Bernger von Horheim, jedoch besitzt es - sowohl in der Reimform als auch in der Metrik - eine viel höhere Komplexität.[7] Sein Schaffen steht gattungstechnisch zwischen dem frühen und dem hohen Minnesang. Elemente des frühen Minnesangs sind in Hartwigs Dichtung die Halbreime und der freie Versrhythmus. Mit dem hohen Minnesang eint Hartwigs Werk vor allem das Nutzen der Durchreimung und die Verwendung von Kreuzreimen.[8]

Textbeispiel

Mir tuot ein sorgen wê [9] Übersetzung

Mir tuot ein sorgen wê in mînem muote,
die ich hin hein ze lieben friunden hân.
ob si dâ iender gedenken mîn ze guote,
als ich ir hie mit triuwen hân getân?
si solte mich durch got geniezen lân,
daz ich ie bin gewesen in grôzer huote,
das sî iemer valsch kunnde an mir verstân.

Swer wænet, daz mîn trûren habe ein ende,
der enweiz nit, waz mir an mîme herzen lit:
ein kumber, der mir nieman kan erwenden,
es tæte danne ir minneclîcher lîp.
die sorge hân ich leider âne strît,
sine welle mir ir boten senden,
dem ich verwartet hân vor menger zît.

Swie mîr der tôt vast ûf dem ruggen wære
und dar zuo menic ungemach,
sô wart mîn wille nie, daz ich sie verbære.
wie nâhen ich den tôt bî mir sach,
dâ menic man der sünden sîn verjach,
dô was daz mîn al[ler]meiste swære,
daz mir genâde nie von ir geschach.

Eine Sorge beschwert mein Herz,
die ich um liebe Freunde daheim habe.
Ob sie dort irgendwo meiner im Guten gedenken,
wie ich es hier in Treue getan habe?
Sie sollte es mir um Gottes Willen lohnen,
dass ich immer sehr darauf geachtet habe,
dass sie nie Treulosigkeit an mir bemerken könne.

Wer glaubt, dass mein Leid ein Ende habe,
der weiß nicht, was mit auf dem Herzen liegt:
ein Schmerz, den mir niemand abnehmen kann,
außer ihr, der Liebenswürdigen.
Aber, ach, diese Sorge bleibt mir ganz sicher,
wenn sie mir nicht ihren Boten schickt,
auf den ich schon vor langer Zeit vergeblich gewartet habe.

Wie gewaltig mir auch der Tod im Rücken saß
und dazu viel Mühsal,
so hatte ich doch nie die Absicht, sie aufzugeben.
Wie nahe ich auch den Tod bei mir sah,
während viele ihre Sünden bekannten,
da war mir mein allergrößter Schmerz,
dass sie mir nicht Gnade widerfahren ließ.[1]

  1. Kasten, Ingrid (Textedition)/ Kühn, Margherita (Übersetzung): Deutsche Lyrik des frühen und hohen Mittelalters. Zweite Auflage, Deutscher Klassikerverlag, Frankfurt am Main 2014, S. 160f.

Überlieferung

Von Hartwig sind insgesamt vier Minnelieder erhalten, von denen drei Lieder einstrophig sind. [10] In der Weingartner Liederhandschrift finden sich diese vier Lieder[11] und eine Erweiterung des ersten Liedes. Diese kann auch als eigenes Gedicht aufgefasst werden.[12] Neben der Weingartner Liederhandschrift sind noch im Codex Manesse drei Lieder Hartwigs belegt.[13] Folgende Texte sind erhalten:

  • Mir tuot ein sorgen wê in mînen muote
  • Als ich sihe daz beste wîp
  • Ich bin gebunden
  • Ich wil versuochen[14]

Ausgabe

  • Des Minnesangs Frühling. Unter Benutzung der Ausgaben von Karl Lachmann und Moriz Haupt, Friedrich Vogt und Carl von Kraus bearbeitet von Hugo Moser und Helmut Tervooren, Bd. I: Texte, 38., erneut revidierte Auflage. Mit einem Anhang: Das Budapester und Kremsmünsterer Fragment, Stuttgart 1988, S. 230-232.

Literatur

  • Achnitz, Wolfgang (Hrsg.): Deutsches Literaturlexikon. Das Mittelalter. Autoren und Werke nach Themkreis und Gattung, De Gruyter, Berlin/ Boston 2012
  • Lachmann, Karl/ Haupt, Moritz: Des Minnesangs Frühling. Vierte Ausgabe, Leipzig 1888
  • Bumke, Joachim: Geschichte der deutschen Literatur im hohen Mittelalter, zweite Auflage, dtv, München 1993
  • Kasten, Ingrid (Textedition)/ Kühn, Margherita (Übersetzung): Deutsche Lyrik des frühen und hohen Mittelalters. Zweite Auflage, Deutscher Klassikerverlag, Frankfurt am Main 2014
  • Ruh, Kurt (Hrsg.) zusammen mit; Keil, Gundolf; Schröder, Werner; Wachinger, Burghart; Worstbrock, Franz Josef: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage, Walter de Gruyter, Berlin/ New York, 1981

Überblick im Handschriftencensus zur Überlieferung von Hartwigs Liedern.

Hartwig im Codex Manesse.

Digitalisierung aus der Weingartner Liederhandschrift.

Einzelnachweise

  1. Ruh (Hrsg.): Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, S. 536f.
  2. Achnitz, Wolfgang (Hrsg.): Deutsches Literaturlexikon. Das Mittelalter. Autoren und Werke nach Themkreis und Gattung, De Gruyter, Berlin/ Boston 2012, S. 87
  3. Ruh (Hrsg.): Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, S, 535.
  4. Bumke, Joachim: Geschichte der deutschen Literatur im hohen Mittelalter, zweite Auflage, dtv, München 1993, S.117
  5. Achnitz, Wolfgang (Hrsg.): Deutsches Literaturlexikon, S. 87.
  6. ebd.
  7. ebd.
  8. ebd.
  9. MF 116, 1-21
  10. Bumke: Geschichte der deutschen Literatur im hohen Mittelalter, S. 117.
  11. http://digital.wlb-stuttgart.de/sammlungen/sammlungsliste/werksansicht/?no_cache=1&tx_dlf[id]=3919&tx_dlf[page]=120&tx_dlf[double]=0&cHash=56c34b14c04aa2869fd4a0bc62a3b649
  12. Achnitz, Wolfgang (Hrsg.): Deutsches Literaturlexikon, S. 88
  13. http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/0493
  14. Lachmann, Karl/ Haupt, Moritz: Des Minnesangs Frühling. Vierte Ausgabe, Leipzig 1888, S. 116f.