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vom 03.09.2022, aktuelle Version,

Julia Ebner

Julia Ebner (2018)

Julia Ebner (* 24. Juli 1991 in Wien) ist eine österreichische Investigativ-Journalistin, Autorin und Politikberaterin.

Leben

Ebner begann 2009 ein Studium im Fach Internationales Management an der Wirtschaftsuniversität Wien, das sie 2013 mit einem B.Sc. abschloss. Parallel begann sie 2010 ein Philosophie-Studium an der Universität Wien, das sie 2013 mit einem B.A. abschloss. Das Wintersemester 2011/2012 verbrachte sie als Austauschsemester an der ESSEC Business School bei Paris.[1] Von 2013 bis 2014 studierte sie politische Ökonomie und Entwicklungsökonomie an der Universität Peking, ihre Masterarbeit über Chancen für den afrikanischen Mineraliensektor durch wachsende Märkte in China und Europa wurde in der bei Elsevier verlegten Fachzeitschrift Resources Policy veröffentlicht. Von August bis Oktober 2014 war sie als Nachwuchsforscherin beim European Institute for Asian Studies tätig, einem von der EU unterstützten Think Tank für Politik und Forschung, welches 2006 von George Weidenfeld gegründet wurde.[2] An der London School of Economics and Political Science studierte Ebner von 2014 bis 2015 Internationale Beziehungen, ihre Masterarbeit schrieb sie zum Thema Female suicide bombers: between victimisation and demonisation (1985–2015).

Von Oktober 2015 bis Juni 2017 war Ebner als Senior Researcher bei der Anti-Extremismus-Organisation Quilliam Foundation tätig, wo sie Forschungsprojekte zur Terrorismusprävention für die Europäische Kommission[3] und die Kofi Annan Foundation leitete sowie als Sachverständige vom Home Affairs Select Committee für Rechtsextremismus, einem Ausschuss des House of Commons, angehört wurde. In ihrer Rolle als Koordinatorin des paneuropäischen Netzwerks „Familien gegen Terrorismus und Extremismus“ (FATE) führte sie Projekte zur Radikalisierungsprävention in Europa und Nordafrika durch.[4][5]

Seit Juli 2017 ist Ebner als Resident Research Fellow am Londoner Institute for Strategic Dialogue spezialisiert auf Rechtsextremismus, gegenseitige Radikalisierung und europäische Terrorismusprävention. Auf der Grundlage ihrer Forschung berät Julia Ebner parlamentarische Arbeitsgruppen, Frontarbeiter und Tech-Firmen, spricht auf internationalen Konferenzen und hält Workshops in Schulen und Universitäten ab.[6][7] Sie schreibt regelmäßig für The Guardian[8] und The Independent.[9] In der breiten Öffentlichkeit ist Ebner durch zahlreiche Interviews beispielsweise in den Tagesthemen,[10] im heute-journal,[11] ZDF spezial,[12][13] bei quer,[14] Auftritten in Talkshows wie z. B. Maybrit Illner,[15] Markus Lanz,[16] Im Zentrum,[17] Dokumentationen beispielsweise auf ZDFneo[18] und im Faktenfinder[19][20][21] sowie international bei BBC,[22][23] CNN,[24] France 24,[25] WNYC,[26] Channel 4[27] u. a. bekannt.

Für ihr im September 2017 erschienenes Buch The Rage, das auf der Leipziger Buchmesse 2018 als deutschsprachige Übersetzung Wut vorgestellt wurde, hatte sich Ebner mehrere Monate in einer Art Infiltrationstechnik sowohl unter Rechtsradikale, darunter Gruppen der Identitären Bewegung und der English Defence League, wie auch radikale Islamisten begeben. Mit falschen Accounts in den sozialen Medien gelang es ihr, zu Wahlpartys und Strategietreffen der neurechten Gruppen um Martin Sellner eingeladen zu werden. Sie beschreibt Versuche, sie als Influencerin und Poster-Girl zu gewinnen.[28] Ähnlich mischte sie sich wie ein Undercover Agent z. B. unter Versammlungen der u. a. in den arabischen Ländern und Deutschland verbotenen Hizb ut-Tahrir.[29]

Ebner ist Doktorandin am St. John's College der Universität Oxford, wo sie am Institut für kognitive und evolutionäre Anthropologie bei Harvey Whitehouse ein Dissertationsprojekt zum Einfluss von Echokammern auf Identitätsfusion und Radikalisierung verfolgt.[30]

Seit Juni 2021 schreibt sie als Kolumnistin für die Wochenzeitung Falter.[31]

Rezensionen

Barbara Junge empfand Ebners Buch Wut als zwar stellenweise komplexes Kompendium, bereits dies sei für sie aber ein Grund, „sich das Buch ins Regal … zu stellen“. Ebner folge Huntingtons Kampf der Kulturen und analysiere einen „Teufelskreis aus islamistischem Extremismus und Rechtsextremismus“, für dessen beide Extreme westliche Demokratien „mit dem Bedeutungszuwachs von Identitätspolitik“ den „Nährboden“ bieten. Die Identitätspolitik sei die Konsequenz einer „empfundenen sozioökonomischen Ungerechtigkeit“ im Zuge der Globalisierung, der Bankenkrise und dem Spruch vom „too big to fail“. Die Verantwortung, diesen globalen Krieg aufzuhalten, lege Ebner in die Hände der (liberalen) politisch-gesellschaftlichen Mitte, denn deren Taten und Tatenlosigkeit hätten die Wut als wichtigste Triebkraft des Extremismus hervorgebracht.[32] Simone Hulliger vom SRF sah Ebners verdeckte Recherche als Untersuchung der Dynamik, die den sich gegenseitig anstachelnden islamistischen sowie rechtsextremen Terror auf den Vormarsch bringe und damit zu einer beträchtlichen globalen Bedrohung mache.[33] Ein Börsenblatt-Rezensent schrieb, Ebners Buch sei ein Plädoyer, „die Kommunikationsstrategie der Extremisten zu entlarven“. Rechtsextreme und Islamisten würden 'am selben Drehbuch schreiben' mit dem gemeinsamen Ziel, demokratische Strukturen zu zerstören und Menschenrechte auszuhöhlen.[34]

Ein DLF-Kultur-Rezensent äußerte, es stelle sich „angesichts des Zulaufs bei Rechtsextremen und Islamisten“ und den von Ebner beschriebenen erstaunlichen Gemeinsamkeiten beider Gruppierungen die Frage, ob wir „im Zeitalter der Wut“ seien.[35]

Ebners Buch Radikalisierungsmaschinen wurde von Zeit-Rezensent Martin Eimermacher scharf kritisiert. Die kriminalistische Aufbereitung des Themas sei wenig spannend zu lesen, die moralische Unerbittlichkeit vergleicht er mit Jan Böhmermann. Die Argumentation sei unterkomplex, da sie unter anderem nahelege, der Erfolg der AfD sei auf digitale Trollfabriken zurückzuführen. Wie Ideologien entstehen, interessiere Ebner zu wenig.[36]

Auszeichnungen

Publikationen

Commons: Julia Ebner  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Zertifikat Julia Ebner (Memento vom 7. April 2018 im Internet Archive) École supérieure des sciences économiques et commerciales. 14. Februar 2012.
  2. Die Marke Nazi wird gerade neu definiert. In: Berliner Zeitung, 28. April 2018
  3. Holly Young, Magda Rooze, Jonathan Russell, Julia Ebner, Norah Schulten: Evidence-based Policy Advice. In: TerRa Terrorism and Radicalisation. Juli 2016.
  4. Julia Ebner (Memento vom 7. Mai 2017 im Webarchiv archive.today) In: Quilliam Foundation.
  5. Irregular War: The Future of Global Conflicts. In: Frontline Club. 21. November 2016 (englisch).
  6. The Extremism Paradox. In: Royal Society of Arts, 26. Oktober 2017 (englisch).
  7. Was Islamisten und Rechtsextreme mit uns machen. In: die tageszeitung, 16. März 2018.
  8. Julia Ebner. In: The Guardian (englisch).
  9. Julia Ebner. In: The Independent (englisch).
  10. Spannungen locken Extremisten. In: Tagesthemen. 5. Juni 2017.
  11. Christian Sievers: Attentäter in London. In: heute-journal. 22. März 2017.
  12. Anschlag in London. In: ZDF spezial. 4. Juni 2017.
  13. Gefahr weiterer Anschläge im Ramadan. In: ZDF spezial. 4. Juni 2017.
  14. Christoph Süß: Wie Rechte das Internet vereinnahmen. In: quer. 22. März 2018.
  15. Brexit, Terror, Bündniskrisen – welche Antwort hat Europa? (Memento vom 7. April 2018 im Internet Archive) In: Maybrit Illner (Fernsehsendung). 8. Juni 2017.
  16. Sendung vom 4. April 2018. (Memento vom 7. April 2018 im Internet Archive) In: Markus Lanz (Fernsehsendung).
  17. Claudia Reiterer: Machtlos gegen den Terror?. In: Im Zentrum. 11. Juni 2017.
  18. Befreiung aus der Salafismus-Falle. In: ZDFneo. 29. Oktober 2017.
  19. Patrick Gensing, Lena Kampf: Wie Trolle im Wahlkampf manipulierten. In: faktenfinder. 1. März 2018.
  20. Svea Eckert, Patrick Gensing: Lautstarke Minderheit. In: faktenfinder. 20. Februar 2018.
  21. Jan-Christoph Kitzler: Hass als Strategie. In: faktenfinder. 19. März 2018.
  22. Gordon Corera: Is there a growing far-right threat online? In: BBC, 8. Juli 2019 (englisch).
  23. Infiltrating the far-right. In: BBC, 9. Juli 2019 (englisch).
  24. UK referendum debate resumes after Jo Cox's killing. In: CNN, 20. Juni 2016 (englisch).
  25. François Picard: Westminster attack: What response to parliament rampage? (part 1) In: France 24, 23. März 2017 (englisch).
  26. The Cycle of Rage Between Islamists and Right-Wing Extremists. In: The Brian Lehrer Show, 24. Januar 2018 (englisch).
  27. Krishnan Guru-Murthy: Julia Ebner: “He seemed to be obsessed with an idea that all Muslims are terrorists”. In: Channel 4, 1. Februar 2018 (englisch).
  28. Anna Rinderspacher: Was eine 26-jährige Wienerin lernte, als sie sich Rechtsradikalen anschloss. In: The Huffington Post via Yahoo, 31. März 2018.
  29. Werner Reisinger: Brüder im Geiste. In: Wiener Zeitung, 7. April 2018 (Interview).
  30. Julia Ebner. Abgerufen am 3. Juli 2020 (englisch).
  31. falter.at vom 26. Mai 2021: Julia Ebner wird Kolumnistin des Falter; abgerufen am 26. Mai 2021
  32. Barbara Junge: Krieg der Extremisten oder Kampf der Kulturen. In: die tageszeitung, 14. März 2018.
  33. Simone Hulliger: «Islamisten und Rechtsextremisten spielen sich in die Hände». In: SRF, 28. Februar 2018 (Interview).
  34. Michael Roesler-Graichen: „Dann tanzen die Politiker, Medien und Wähler nach dem Skript“. In: Börsenblatt, 5. März 2018 (Interview).
  35. Christian Rabhansl: Was haben Rechtsextreme und Islamisten gemeinsam?. In: Deutschlandfunk Kultur, 17. März 2018.
  36. Martin Eimermacher: Julia Ebner: Nazi-Jagd im Netz. In: Die Zeit. 14. Oktober 2019, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 8. Februar 2020]).
  37. Bruno-Kreisky-Preis für das Politische Buch 2018 an Julian Nida-Rümelin und Nathalie Weidenfeld. OTS-Meldung vom 1. Jänner 2019, abgerufen am 1. Jänner 2019.