Vom Kriegshelden zum Buhmann #
Der hochdekorierte Feldzeugmeister Ritter von Benedek wurde 1866 nach der bitteren Niederlage bei Königgrätz zum Buhmann der Monarchie und zog verbittert nach Graz.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
An der Stelle, wo sich jetzt in der Beethovenstraße Nr. 8 die Bundesversuchsanstalt für Lebensmitteluntersuchung befindet, stand bis 1965 die alte Benedek-Villa. Mit dem Namen des k. u. k. Feldherrn Ludwig August Ritter von Benedek ist aber ein menschlich wie militärisch tragisches Schicksal verbunden.
Benedek wurde 1853 Generalstabschef von Feldmarschall Radetzky. 1860 Chef des Generalstabs, Gouverneur in Ungarn und Oberkommandant in Venetien. Wegen seiner militärischen Erfolge beförderte man den Helden vieler Kämpfe zum Feldzeugmeister. Benedek war der Mann der Stunde, jetzt galt er als der erste Soldat der Monarchie.
Doch als sich die politische Lage zwischen Österreich und Preußen immer mehr zuspitzte, machte er seinen größten Fehler: Er übernahm 1866, sozusagen im letzten Moment und gegen seinen Willen, das Kommando der österreichischen Nordarmee in Böhmen gegen Preußen. Der treue Mann stimmte der Aufgabe nur aus Rücksicht auf die dynastischen Interessen der Habsburger zu. Denn ursprünglich war Erzherzog Albrecht für das Kommando vorgesehen, aber eine Niederlage des Habsburgerprinzen hätte den Rücktritt Kaiser Franz Josephs bedeuten können. Also kam Benedek zum Zug. Der aber hatte zu Recht viele Bedenken – kannte er doch weder den Kriegsschauplatz noch den Gegner. Aber seine größten Vorbehalte galten der eigenen Armee, denn deren Modernisierung war noch nicht abgeschlossen.
Veraltete Ausrüstung #
Die Feuergeschwindigkeit der Preußen war um ein Vielfaches überlegen, da sie bereits über moderne Zündnadelgewehre verfügten. Entscheidend aber sollen die Versäumnisse der Rüstungsvorbereitung und Fehler der Operationskanzlei gewesen sein. So wurde die Schlacht bei Königgrätz am 3. Juli 1866 zum Wendepunkt der Militärstrategie, bei dem Mobilität und Information entscheidend waren. Denn die Preußen führten ihre Truppen bereits per Eisenbahn heran und verwendeten telegrafische Fernmeldeverbindungen. Die Österreicher waren vom raschen Vordringen der Preußen völlig überrascht. Überdies wählte Benedek für die Entscheidungsschlacht eine äußerst ungünstige Stellung. Die Folge war verheerend, es wurde die schwerste Niederlage der k. k. Armee. Benedek wurde durch Erzherzog Albrecht ersetzt, Österreich aus dem Deutschen Bund ausgeschlossen.
Eine kriegsrechtliche Untersuchung wurde gegen Benedek eingeleitet, aber auf Befehl des Kaisers wieder eingestellt. Benedek musste versprechen, über die Umstände der Niederlage für immer zu schweigen. In der Wiener Zeitung wurde der glücklose Feldherr tief gedemütigt. Da hieß es, der Kaiser habe Gnade walten lassen, weil: „Es gibt kein Gesetzbuch, das den Mangel höchster geistiger Begabung straffällig erklärt.“
Enttäuscht zog Benedek nach Graz, wo er ein kleines Haus in der Beethovenstraße bezog – und verbittert auf seine Rehabilitation wartete. 1873 setzte der Kaiser wirklich eine Geste und schickte seinen 15-jährigen Sohn Kronprinz Rudolf in Begleitung seines Erziehers, Graf Latour, nach Graz zu Benedek. Doch der war nicht zu Hause, als der hohe Herr an seine Türe klopfte. Nun schickte ihm Rudolf aus Wien einen liebenswürdigen Brief, den Benedek schroff erwiderte: „daß ich gegen niemanden einen Groll habe und daß ich für meine letzten Tage nichts will und nichts wünsche als Ruhe. Ich bin bisher mit mir selber fertig geworden und möchte nicht gestört werden.“ Ein kleines privates Glück versüßte seine „letzten Tage“ noch etwas, denn seine Gattin Julie machte in der Lotterie einen Haupttreffer. Mit diesem Gewinn ließen sie ihr altes, kleines Haus abreißen und die Villa in der Beethovenstraße bauen.
Am 27. April 1881 starb der Feldherr, der für seine Tapferkeit so oft ausgezeichnet worden war, verbittert in Graz und wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung und des Militärs auf dem St.-Leonhard- Friedhof zu Grabe getragen. In Zivilkleidung – wie er in seinem Testament ausdrücklich bestimmt hatte.
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