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466 Bruderzwist in Haboburg,
Klcsel
Ich bin bestellt,
Ferdinand.
Und ich, ich bin berufen,
Im Sinn der Schrift, Berufen und — erwählt,
In Böhme» wenigstens als lünst'ger König-
Kiesel.
Sagt, daß wir warten hier, und sftutrt Euch!
ll'ch c,,tleine„d),
Ter Vauer steckt noch ganz in seinem Leibe,
Mit des Emporgekommnen Übermut.
Ferdioand.
Hat man gemeldet also?
Kämmeilinss.
Euiiucuz!
«Kleie! geh! mit stailcn, 2chri!t in« Kabine!!,>
Kämmellinss.
Enlschnld'gen soll ich seine Majestät,
Hochwicht'ge Nachricht sei aus Prag gekommen,
Sie stehn zn Nicnst, wenn das Geschäft beendigt,
Ferdinand.
Ich bin's gewohnt, den Tienern nachznstehn.
Wie ist's in Prag, vor allem mit dem Knifer?
Kämmerling.
Ein Anfall, wie er öfter schon ihn traf,
Nur stark wie »i.e, bedroht fein Leben, sorgt man,
Tl'ch gibt man Hoffnung noch — für dieses Mal,
Ferdinand.
Ich bete drum, denn er ist unsre Hoffnung,
Tcr, schutzlos selber, unser einz'ger Schutz,
Ferdinand.
Nun denn, der Augenblick der Tat, er lam.
Stirbt Kaiser Rudolf, was wohl furchtbar nah,
Und folgt Mathias «if dem deutschen Throne,
Tie ihm dies Schwanken iu die Vrust gelegt.
Tes Reiches Fürsten, ketzerifch zumeist,"
5>ier Sachfen, Brandenburg, die böse Pfalz,
Sie nötige» zur Schonung, schwachem Vuldcn,
lind jene Spaltung seht sich endlos fort,
In der Gott selbst sowie sein Wort gespalten.
Vor allem jetzt muß dieser Priester fort,
Tes fchlimme Schmeichelei, gehüllt in Nerbheit,
Ihn ehrlich nennt, wo listig er zumeist,
Tcs Leichtigkeit in Schrift und Wort und Tat Ihn unentbehrlich macht, weil er beqneni
Tie Herrschaft auflöst in die Unterschrift.
Jetzt oder nie! Seit Monden fcl,'ich'-'- !0M!,,^!,
Und der ich Festigkeit von andern fordie,
'.">ir ringen Zweifel selb« in der Brust,
Vin ich gewappnet nicht mit aller Voll,nacht
VouNoni, vonEpnnieii/ dem tatyol'scheu Tentjch.
land?
Tas böfe Beispiel, das ul, ellva ,^-de,
Es findet fich geheiligct ini .
Ter Ehre Gottes und dem 3ieg der «irche.
So war dem Hohenpriester wo!>l
znnint,ÄlZ
er den Ahab tötete im >>iu5 dr^ vrirn.
Er warf sich nieder vur der Vnndeslade,
Wie ich jetzt beugen möchte Iner niein >lni>'
lind Gottes Wint erflehn nud seiue Stimme,
Ich will noch einmal meinen ^Iieim sprechen,
Ihm vor die Ängen legen diese Briese,
Tie alle fordern, was das ,veil vou allen,
Tauu aber riisch, den» er ist U'autelniiitig!
Der nächste Tag bringt eiueu andern Sinn,
Und die Gewohnheit ist das Band der Schwäche.
Eehfried, bist du bereit?
Seyfried.
Ich biu's seit lauge.
Ferdinand,
Nun, diesmal gilt's. Versorg erst einen Vagen.
Ecyfried.
Tes Klescl Kutsche, die ihn hergebracht,
Hält unten noch im Hof.
Um desto besser.
Indes ich noch mit meinen, ^heini spreche,
Bis ich dir sage: jetzt! Tan» schnell nach »nf»
stei»,
Merk wohl, er darf zurück nicht in fein Hans,
Vcun seine Schriften sind vor allem wichtig.
Er tommt. Geh nur und sieh nach deinen
«lejcl lommt !M3 dem zlal'incl!.
Ferdinand.
Tarf ich nun endlich meine»! üheini nahn?
Klescl.
Er ging nur eben »ach der Schloßkaftclle,
Toch lehrt ei wieder, ehrt ihn der Besuch,
Ferdinand.
Es ist kaum zehn, um elf Uhr ist die Messe.
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- I
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.7 x 17.1 cm
- Seiten
- 600
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515