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502 Libussa,
Es ist die Herrfchnft ciü gewalüg Ding,
Der Mann geht auf in ihr mit seinen: Wefeu,
Allein das Weib, es ist fo Huld gefügt,
Taf, jede Znlat mindert ihren Wert,
Und wie die Schönheit, uc>ch so reich geschmückt,
Mit Pnrftnr angetan nnd fremder Seide,
Turch jede .Hülle, die du ihr entziehst,
Nur, schöner wird nud wirtlicher sie selbst.
So ist das Weib, der Schönheit holde Tochter,
Tas Mittelding von Macht uud Schutzbedüljui'?,
Tas höchste, was sie sein tann nnr, als Weib,
In ihrer Schwäche siegender Gewalt,
Was sie nicht fordert, das wird ihr gegeben,
Und was sie gibt, ist himmlisches Geschenk;
Noch mengt der Stolz sich in die holde Mischung,
Ein scharser Tropfe» iu die reiuc Milch,
Tau» lösen sich die Teile; Stark uud schwach,
Uud Süß nuü Bitler treten aufeinander,
Der Schätzung uuterlvcrfeud uud Vcrgleichung,
Wns unschätzbar uud uuvergleichlich ist.
Selbst, Wlasta, dn, als du noch Waffen bogst,
Mit rauher Stimme fordertest zum itauipf.
Warst du nicht dn, zum wcuigstcn kein Weib;
Noch feit die Freundin dort ins Zimmer trat,
Hat holde Scheu bemeistcrt all deiu Wcfeu,
Nie Hand, die ich crfafse, zittert fast;
Nn bist nicht stolz, wie jene Freundin scheint,
Die mit unwill'gcn! Fnße tritt den Boden;
Die Wange särbt ein niädchenhaft Lrrölen,
O weh! dein Haar giug los aus seinen Vanden,
Nls strebt' es, schamhaft selber, zn veihüllen
Ich streich' es dir zurück, Nuu wieder rein,
Crlcuu' ich dich im Spiegel deiner Seele,
Und wäre nicht mciu Herz auf nudern Pfaden,
Ich sagte- Wlasta, lauust dn fühlen weich?
Begreifst du, das; ein Innres schmelzen muß,
Um eins zu sein mit einem andern Innern?
Hoffst du, entfernt von diese,,i stolzen Schloß,
Ist eine .Hütte dir ein «öuiq^'au,
Vewohuen Herrscher sie im eignen Hause?
Sag ja, sag ja! Und stelle dich mir höher,
Als deine Fürstin steht, trotz Glanz nnd Pracht,
Nie Fackel fiel. Laß mich!
Wlasta
Die Fürstin zürnt,
Primislaus.
Wie weiß die Fürstin, was wir hier bcgiuueu? Tu schuldest Antwort mir auf nieiue Fra^e,
Ich lnsf' dich nicht, du muf>! nur Ne>' sielm!
Ich lösche dir die Fackel, dann cutfchüchtert
Vertraust dn das Geheimnis meinem Ohr,
Wlllsti,,
Verwegener und Spötter auch, zurück!
Ich fühle mich griälmu zum ^iderstand,
Ten» Übermut uud Trcisligleit vernichtet,
!Er !,at >hl dle Fnckcl cutiisscn >,,id !>„! Vo»^,! mi'^cl^cht,'
Wlastn.
Wir sind im Tnnlelu,
Po» aiihen.
Wlasta!
Wlasta,
«„Icn steckend!.
Ich hab's, ich hab's! Wohl mir, die List gelaug!
Dort sch' ich einen Ansgang, Fort iuo Freie!
Primislauö.
Tcr Boden weicht, ich sinle!
Ha, Libussa!
Tel Ihronsaal wie im brüten Aul,>,ge, im Mittelgrund
Primislaus' Stiinnic
lhintci dem Vi>rl,an«e1,
Veschühcn mich die Götter! Furt die Hände!
Laßt ab! Tcr Vodcn schwankt, die Siuu?
Nns steiler .Höhe rasch hernbgcglitten,
Schlägt noch die Erde Wellen uuter mir,
Und die Vewcguug setzt sich fort ius Innre,
Ich könnte sagen, tnn, >uas sremd mir selbst.
Nun ist es wieder gut, Nnu kommt uur au!
Was wollt ihr, uud was fordert man vou mir?
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- I
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.7 x 17.1 cm
- Seiten
- 600
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515