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Steinwerkzeuge und menschliche Gebeine entdeckten, Majlath sogar bei zwei Mammnthzähnen
ein menschliches Schädelfragment, dessen Alter die vaterländischen Archäologen in die neuere
(neolithische) Steinzeit setzen. Dieses Schädelfragment verursachte, wegen seiner auffallenden
Ähnlichkeit mit dem berühmten, aus quaternärer Schichte ansgegrabenen Neanderthaler
Schädel, den Anthropologen nicht wenig Kopfzerbrechens und machte die Barätvölgyer
Höhle mit Recht zu einer europäischen Berühmtheit. Hinsichtlich des Alters des Fnndes
konnten zwar die Fachgelehrten, wegen gewisser bedenklicher Nebenumstände, zu keiner
bestimmten Feststellung gelangen, allein trotzdem müssen wir dem Funde eine umso größere
Wichtigkeit beimesseu, als er das erste Beweisstück für die Thatsache darstellt, daß der
Mensch in dieser Gegend, wenn auch nicht gemeinsam und gleichzeitig mit den ansgestorbenen
Ur-Säugethiereu der Quaternärperiode, doch jedenfalls schon in der Steinzeit als Höhlen-
bewohner gelebt hat, wofür bisher keine Beweise vorhanden gewesen.
Einen weiteren Beleg in dieser Richtung verdankt man den im Zipser Comitat,
namentlich in den Höhlen von Haligöez (Helbingsan) und Poracs vorgenommenen
Grabungen. Die erste wurde im Jahre 1874 durch Mathias Badanyi erforscht, der dort
mit den Knochen des Höhlenbären (uisus spelseus) nrzeitliche Thonscherben, Feuerstein-
splitter, ja auch ein aus grünlichem Feuerstein gefertigtes langes Messer fand. Da diese
Splitter von den in Frankreich unter ähnlichen Umständen vorgekommenen Feuerstein-
werkzeugen in ihrer Form wesentlich abweichen und des zeitbestimmenden Charakters
entbehren, so begegnete der paläolithische Ursprung des Fundes schon auf dem Budapester
internationalen prähistorischen Congreß von 1876 manchem Zweifel. Und in der That
scheinen die späteren Forschungen diese Zweifel zu bestätigen und machen es immer wahr-
scheinlicher, daß diese menschlichen Artesacte nur durch spätere Überschwemmungen in die
Höhle hineingespült wurden.
Ebenso negativ war das Ergebniß in der drei Stunden von Jglo (Neudorf, in der
Zips) gelegenen Poräcser Höhle, wo im Jahre 1878 Dr. Samuel Roth Nachgrabungen
machen ließ. Überreste von Urthieren kamen auch da in großer Zahl ans Tageslicht;
urzeitliche Gefäßfragmente und Steinfpitter aber, mit Knochen von jetzt lebenden Thieren,
sowie einzelne Knochengeräthe, kamen nur in den oberen Schichten vor. Auch diese Funde
beweisen also blos, daß diese Höhle schon in vorgeschichtlicher Zeit bewohnt gewesen.
Überraschender als all dies ist das Resultat der Grabungen in der Baradla-
Höhle zu Aggtelek (Gömörer Comitat). Diese größte Höhle in Ungarn wurde 1876 und
nochmals 1877 durch Baron Eugen Nyäry erforscht, der in seinem umfangreichen Werke
über die fachgemäß vorgenommenen Nachgrabungen den Beweis führte, daß die Baradla-
Höhle von der ältesten (paläolithischen) Steinzeit sozusagen bis zur geschichtlichen Zeit
Menschen und Thieren als Zufluchtsort, den Menschen aber auch als Begräbnißstätte
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Band 18
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (5)
- Band
- 18
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.02 x 21.71 cm
- Seiten
- 462
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch