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werden und der Stadt, die so viel Ungemach überstanden, allein trotzdem in den letzten
Jahren auch ein viel vortheilhafteres Äußere gewonnen hat, eine neue Blüte des Wohl-
standes bevorsteht. Gegenwärtig weist sie bereits reinliche, gut gepflasterte und mit hübschen
Häusern besetzte Plätze und Straßen auf. Komorn ist Sitz des Comitats und dermalen des
resormirten Bisthums jenseits der Donau. Es hat einen Gerichtshof, eine Finanzdirection,
zwei Sparkassen, eine Volksbank, ein Benedictinergymnasinm von gutem Ruf, eine staatliche
und eine bürgerliche Gemeindevolksschule, zahlreiche Vereine nnd acht Kirchen, welche fünf
Bekenntnissen angehören. Die schönste unter allen ist die uralte, schon wiederholt nen
aufgebaute St. Andreaskirche der Römisch-Katholischen. Sehr schön ist auch die künstlerisch
werthvolle Ausstattung der griechisch-nichtnnirten Kirche; sie wurde zu Ende des vorigen
Jahrhunderts aus der Majker Kirche des durch Kaiser Josef aufgehobenen Eamaldnlenser-
ordens angekauft durch die größteutheils steinreichen griechischen Kaufleute, die zu Ende
des vorigen und zu Beginn des laufenden Jahrhunderts hier in großer Zahl lebten, jetzt
freilich nur noch durch ein paar verarmte Nachkommen vertreten sind. Außer diesen
Gebäuden sind noch bemerkenswerth: der geräumige Palast des Gerichtshofes, der
imposante Officierspavillou, das Rathhaus, das Comitatshaus, der Sparcassenpalast,
das alte reformirte Colleginm, die staatliche Bürgerschule für Mädchen und die commnnale
Elementarschule. Vor dem Rathhanse steht die gelungene Bronzestatue des Generals
Georg Klapka, einstigen Vertheidigers von Komorn.
Die Gesammtzahl der Bevölkerung mitSzöny beträgt 14.876, sämmtlich Magyaren.
Da die Intelligenz das leitende Element ist, wird sie in Sitten und Tracht durch das
Volk treulich nachgeahmt. Jene an das uralte Überwurfsfell erinnernde Tracht, die bis
zu den Fünfziger-Jahren den Bewohnern Komorns so eigenthümlich war, ist also im Ver-
schwinden begriffen. Die alte Nationaltracht sammt den zugehörigen Sitten und Gewohn-
heiten haben blos die Bauern bewahrt, welche „Fahrbauern" (saekeres Aa?<käk) genannt
werden. Sie sind die unverfälschten Vertreter der urwüchsigen Komorner Bürgerschaft.
Männlicher Ernst nnd Geradheit sind für sie charakteristisch; Falschheit nnd Heuchelei
kennen sie nicht; ihr Blick ist sanft, doch hat ihr gutes magyarisches Gesicht einen gewissen
schwermüthigen Ausdruck. Sie sind stramme Reiter. Bei Festlichkeiten bilden sie ein
Banderinm und ziehen unter Anführung ihres eigenen Hauptmannes und Fahnenträgers
aus. Ihre Kleidung ist dabei sehr malerisch. Die pelzbesetzte „Kucsma", die eine Adler-
öder Reiherfeder schmückt, der mit Edelmarder verbrämte, an breiter Silberkette keck über
die Schulter geworfene Dolmäny, der verschnürte die Sammtweste mit Knöpfen
aus Silberfiligran, ungarische Hosen und in Falten gezogene Eordnanstiefel, dazu Sporen
mit großen Rädern und die altererbte Klinge der .krin^ia«: Das gibt eine prächtige
Gala. Der ganze Anzug ist aus blauem Tuch. Für gewöhnlich trägt der Fahrbauer
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Band 18
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (5)
- Band
- 18
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.02 x 21.71 cm
- Seiten
- 462
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch