Seite - 418 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (5), Band 18
Bild der Seite - 418 -
Text der Seite - 418 -
418
ob das Wasser warm oder kalt, an das gestrandete Floß, das sie so lange stemmen und
heben, bis es wieder flott ist. Noch größere Gefahren drohen aber dem Flößer von Seite
der Felsklippen, die im Flußbette emporstarren, sowie von den Brücken oder den im Strome
liegenden Schiffsmühlen. So mancher gewissenhafte Flößer, der die anvertraute Ladung
von Holzwaaren ans Ziel bringen will, findet sein Grab in den Wellen. Auf solche
gefährliche Stellen machen die Flößer einander beizeiten aufmerksam; vom dritten oder
vierten Floß aus schallt der Ruf nach rückwärts: (rudern!) und der Flößer
spannt alle Kraft an, um sich und sein Floß aus der Gefahr zu retten. Es gilt dann nicht blos
die feindselige Gewalt der reißenden Strömung zu überwinden, sondern der Flößer kämpft
auch gegen den „vockiük" oder ,k>as2lrman« (Wassermann), der stets sein Leben bedroht.
Denn, daß es Wassermänner gibt, davon ist nicht nur der Flößer überzeugt, sondern auch
die Bevölkerung längs der Flüsse. Der ,Vocknik« kriecht zuweilen aus dem Wasser heraus,
besonders wenn in der nahen Ortschaft Markttag ist, und geht auf den Markt, bunte
Maschen nnd allerlei Bandzeug zu kaufen. Er ist daran zu erkennen, daß aus dem linken
Ärmel seines übergeworfenen Szür (Lodenmantels) immerfort Wasser trieft. Die bunten
Maschen und Bänder läßt er auf dem Flusse treiben, darum spielt der Wasserspiegel so
vielerlei Farben; damit lockt er auch die Menschen, und wessen Fuß er erfassen kann, der
ist auch schon ein Kind des Todes. Das glauben die slovakischen Flößer allgemein. Erreicht
der Flößer wohlbehalten seinen Bestimmungsort und hat er die anvertraute Waare ohne
Fehl abgeliefert, so tritt er fröhlich den Heimweg an, entweder zu Fuß oder mit der
Eisenbahn, und ein paar Wochen später begibt er sich wieder auf die gefahrvolle Stromfahrt.
Ein Theil des Volkes betreibt die Holzindustrie auch selbständig. Der slovakische
Bauer verfertigt sich nicht nur den größten Theil seiner Wirthschaftsgeräthe selbst, sondern
arbeitet auch für den Markt. Das sind Butten, Wannen n. dgl., dann kleinere und größere
Holzlöffel, Faßspnnde, Sessel mit Strohgeflechte, geschnitzte Spazierstöcke und allerlei einfaches
Spielzeug für Kinder. Viele Hausiren auch mit diesen Erzeugnissen der Hausindustrie.
Eine eigenthümliche Fignr unter den slovakischen Hansirern ist ferner der Fenster-
einschneider, der von Dorf zu Dorf, von Haus zu Haus sein .aklakot csinälni"
(Fenster machen) ruft. Manche verkaufen auch Gläser für Eingesottenes, Trinkgläser, Glas-
krüge und Flaschen oder sie Hausiren mit Porzellan- und Steingutgeschirr. Die Glas-
hausirer tragen ihre Ware auf dem Rücken, während der slovakische Geschirrhansirer sich
ein rundes Leinengewinde auf deu Kopf legt und darauf den vollen Warenkorb balaneirt.
Sie kaufen größere Mengen von Ansfchnßware der ungarischen, besonders aber der
böhmischen Fabriken an, doch ist an den meisten Stücken der Fehler kaum zu bemerken.
Solche Jndustrieartikel können sie viel billiger feilbieten als der Glashändler und verdienen
damit mehrere hundert Gulden jährlich.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Band 18
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (5)
- Band
- 18
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.02 x 21.71 cm
- Seiten
- 462
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch