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Zavadka vorbei zu einem herrschaftlichen Eisenwerk und dann nach Polonka, der
volkreichsten Ortschaft des Gömörer Granthals. Sie liegt auf einer Anhöhe und ist durch
den Zsdjarßko-Bach in zwei Theile getheilt. Durch mehrere öffentliche Gebäude erhält sie
ein beinahe städtisches Aussehen. Bemerkenswerth ist das durch den Fürsten Kohary
gestiftete Armenhaus, wo die Ortsarmen ihre alten Tage in guter Pflege verbringen. Es
sind hier mehrere Dampfsägen, eine Rindenstampfe; eine Forstinspeetion und ein Forst-
meisteramt haben hier ihren Sitz. Eine Viertelstunde weiter steht man an der nordwestlichen
Grenze von Gömör."
Die j?aloczen.
Die Palöczen wohnen in dem ansehnlichen Gebiete, das die zusammenstoßenden
Theile der Comitate Borsod, Heves, Gömör, Hont, Bars und Nogräd in sich faßt und
von den nördlichen Abhängen der Matra ungefähr bis zu dem Rima- und Sajö-Thal
und westlich vom Bikkgebirge bis zur Niederung des Eipelfluffes reicht. Hier lebt dieses
ethnographisch hochinteressante Bruchstück des Magyarenvolkcs in nahe bei einander
liegenden größeren und kleineren Dörfern.
Über ihren Ursprung, ihre uralte Sprache und die Zeit ihrer Einwanderung gehen
die Meinungen der Geschichtsschreiber auseinander. Die meisten glauben, sie wären
kumanischen Ursprungs und hätten als einstige Nachbarn des russischen Volkes von den
Slaven nach dem Orte ihrer Ansiedlnng den Namen „Polowcen" — im Sinne von
„Flachland-, Feldbewohner" — erhalten, woraus dann die spätere Benennung .palüe?"
entstanden sei. Jetzt führen nicht mehr alle diesen Namen. Die in Gömör Wohnenden
heißen zum Theil die an den südwestlichen Fortsätzen des Bikkgebirges
Angesiedelten nennt man gewöhnlich »mut^ö".
Ihre Sprache weicht in vielen Stücken von der ungarischen Literatursprache ab, und
sie bilden mit ihrer eigenthümlichen Sprechweise ein ganzes besonderes Mundartgebiet.
Weichheit und ein gewisses singendes Sprechen sind diesem Dialect eigen. Dazu kommen
andere charakteristische Besonderheiten; so die häufige Verwendung der im Ungarischen
nur ausnahmsweise vorkommenden Diphthonge (laü, kaö, u. s. w. statt 16, kü), das
dumpfe Dehnen der Vocale ä und e in ä und ß, der durchgängige Gebrauch des
„mittleren ö" statt e, die Erweichung gewisser Eonsonanten (F5, tx, r^ statt t, n), die
reine monillirte Aussprache des Ix (ungarisch gern als ^ ausgesprochen), die Weglassung
mancher Laute (mä' statt mär, maj' statt inaM u. s. f.), die Amalgamirnng mancher
Eonsonanten (termap, mömmsF, üUes? n. s. w. statt rissx les?), das
unveränderte Anhängen der Suffixe val, vel (— mit), also kesvel ablukval, wo der
Ungar assimilirend Kessel, adlakkal n. s. w. sagt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (6), Band 21
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (6)
- Band
- 21
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1900
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.25 x 21.79 cm
- Seiten
- 500
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch