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in Ehren." Beim Anstoßen mit den Gläsern oder Feldflaschen sagen sie zu einander:
„Kraft und Gesundheit!" — worauf erwidert wird: «Soll euch nie verlassen." Oder
der Eine sagt scherzend: „den Herrgott unseres Vaters!" — was der Andere ergänzt:
„Loben wir allesammt."
In ihren Hochzeitsgebräuchen ist mancher alte charakteristische Zug erhalten. Die
Ehe wird auch bei ihnen durch die Liebe geschlossen, wenn auch oft im Interesse der
Familie der Eltern Wille geschieht. Der Bursche erwählt sich im voraus die Gefährtin
seiner Zukunft, aber immer aus der eigenen Gemeinde; eine Fremde wäre eine Schmach
für das Dorf. Ja, der Matyö-Bursche durfte in alter Zeit nicht einmal den Mädchen in
einer anderen Gasse Hofiren, weil ihm das übel bekommen konnte. Frühe Heiraten sind
sehr häufig; manche Bursche warten nicht einmal die Militärstellung ab, das Mädchen
aber wird nicht selten schon mit 14 bis 15 Jahren verheiratet. Alte Jungfern sind selten
und alte Junggesellen gibt es überhaupt keine. Die Mutter geht mit ein paar weiblichen
Verwandten oder einer Gevatterin selbst aus, für ihren ledigen Sohn „ein Mädchen zu
nehmen", oder wenn er sich schon eine erkoren hat, um dieses anzuhalten. Sind die Eltern
des Mädchens nicht gegen die Partie, so erfolgt zwischen dem Burschen und dem
Mädchen das „Tücheltanschen", worauf an einem bestimmten Tage die amtliche Verlobung
geschieht. Von da an flicht sich das Mädchen zum Zeichen der Brautschaft kein farbiges
Band mehr ins Haar. In der dritten Woche nach der Verlobung findet gewöhnlich die
Trauung statt. Die Hochzeitsgäste werden durch bebänderte und besträußelte Hochzeits-
bitter eingeladen. Die Trauungen finden im Herbst oder Fasching, und womöglich am
Montag statt. Am Vorabend werden die „Hochzeitswürden ausgerufen" und die „Kranzel-
uud Bettfrauen" schaffen das Bett, Bettzeug und die Tulpentruhe der Braut nach dem
Hause des Bräutigams. Am Morgen der Trauung schickt die Braut dem Bräutigam ein
„Hochzeitshemd". Das Brautpaar begibt sich getrennt in die Kirche, jedes mit seinen
eigenen Hochzeitsleuten. Die Braut fährt im Wagen ganz still hin, der Bräutigam geht
zu Fuße, mit Musik, unter dem Heisasa und Hopsasa von tanzenden Burschen, zuweilen
auch von einem berittenen Banderium mit fliegenden Nationalfahnen begleitet. In der
Regel finden mehrere Trauungen zugleich statt. Nach der Ceremonie kehren Braut und
Bräutigam wieder jedes gesondert, mit seinen Hochzeitsleuten, heim. Die „Hochzeits-
königin" wird erst nach Sonnenuntergang in das Haus des Bräutigams geführt. Sie
wird durch eine glänzende Abordnung zu Pferd und Wagen eingeholt. Zuerst tritt der
„Wortführer" vor und erbittet sie sich von den Eltern, dann wird sie auf einen Wagen
gesetzt und der Hochzeitszug setzt sich in Marsch. Voraus reiten auf Pferden, die mit
flatternden Tüchern geschmückt sind, der Bräutigam und seine Genossen, etliche mit einer
brennenden Fackel in der Hand; hinterdrein fährt die Braut mit schellenklingelndem
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (6), Band 21
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (6)
- Band
- 21
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1900
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.25 x 21.79 cm
- Seiten
- 500
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch