Seite - 11 - in Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny - Briefe 1938-1945
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2.1 InhaltundZieldieserArbeit
die tiefsten Einsichten und den klarsten Ausdruck seiner Gedan-
kenwelt, zahlreiche Stellungnahmen zu Gott, zum Staat, zu seinen
Mitmenschen und zur Literatur [beinhalten]. Die Briefe zeigen ihn
als einen hochbegabten Menschen, der die Sprache wie wenige
andere seiner Zeit beherrschte, und auch als einen Zerrissenen, der
seinLebennie soordnenkonnte,wieer eswünschte.8
Folgt man dieser Annahme, so vermögen die vorliegenden Briefe Auf-
schlusszugebenübereinenbesonderswichtigenAbschnitt imLebenund
WerkAlexanderLernet-Holenias:SieerstreckensichüberdieJahre1938
bis1943undbegleitendieBeziehungdesDichters zuMariaCharlotte
(„Lotte“)Sweceny, einergebildeten, vermögenden(undverheirateten)
Frau, die einer Familie des assimilierten jüdischen Wiener Großbür-
gertums entstammte und in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg
gemeinsam mit ihrem Mann Otto C. Sweceny und ihrem Bruder Walter
Steineinem„oppositionell gesinntenFreundeskreis“9 ausArchitekten,
KünstlernundSchriftstellernangehörte.10
DieBriefezwischenbeidensindprivaterNaturunddientenzuvorderst
derBeziehungspflege(wennauchdieemotionalenAspektederBezie-
hungselbst recht einseitig,nämlichmeist vonLotteSweceny, themati-
siert werden). Für „Neni“ und seinen „Hasen“ Lotte – so die Kosenamen
derbeiden–wardasSchreibenvonBriefenüberJahrehinwegvorallem
eines: die Möglichkeit, Kontakt zu halten und zumindest auf dem Papier
eineZweisamkeit zu pflegen,derdurchdieTeilnahme Lernet-Holenias
amÜberfall aufPolenunddieAbkommandierungnachBerlin frühdie
Grundlage entzogen wurde: „Deine Briefe, Lieber, machen mir das War-
ten leicht [...]“, soLotteSweceny ineinemundatiertenKonzept. Für
siewiederumbedeutetedieseArt vonZwiesprache, vorallemauchzu
BeginnderBeziehung,dieMöglichkeit,Gedankenzu teilen,mitdenen
sie sich in ihrem Freundes- und Familienkreis oft genug allein gelas-
sen fühlte: „Ich bin froh, daß Sie da sind. So muß ich nicht ins Leere
schreiben“ (S.85).11
Besonders deutlich wird in den Briefen Lernets eine weitere Funktion
desBriefschreibens,undzwardie „gnoseologische“:
8 Daviau:Lernet-Holenia in seinenBriefen,S.63.
9 Milan Dubrovic: Veruntreute Geschichte. Die Wiener Salons und Literaturcafés.
Wien/Hamburg:PaulZsolnayVerlag1985.
10 Vgl. dazuKap.6.6.3.
11 Mit Klammern versehene Seitenangaben im Text beziehen sich auf die vorliegende
Arbeit.
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Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
Briefe 1938-1945
- Titel
- Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
- Untertitel
- Briefe 1938-1945
- Autor
- Christopher Dietz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78887-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 468
- Kategorien
- Weiteres Belletristik