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2.2 Bedeutung fürBiografieundWerk
Runde des Ernst Polak69, wo er u.a. auf Alexander Inngraf, genannt
„Blümerl“, traf,70 einenFreundLotteSwecenysund ihresBrudersWalter
Stein. Dubrovic schildert den „Herrenhof“-Kreis allerdings vor allem als
– nomen est omen – Herrenrunde; es mag also sein, dass die Begegnung
zwischenLotteSwecenyundLernet-HoleniaüberdieVermittlungvon
Lotte Swecenys im „Herrenhof“ verkehrenden männlichen Freundes-
kreis71 zustandekam. Dort stach Lernet-Holenia hervor, wie der von ihm
sichtlicheingenommeneChronist berichtet:
Mit seiner schmalen, schlanken, hochgewachsenen Erscheinung,
der lässig eleganten Kleidung, der strammen Haltung stander in
schroffemKontrastzumDurchschnittdernervös-betriebsamenoder
kontemplativ inGesprächeversunkenenTypen,diedas „Herrenhof“
bevölkerten:Ein „ritterlicherPoet“, ein „letzterKavalierundGrand-
seigneur“hatte sich indiewildweidendeHerdewichtigtuerischer
KaffeehausliteratenundJournalistenverirrt.72
Eine weitere Möglichkeit zur ersten Begegnung könnte das Landhaus
Lotte und Walter Steins in Hochrotherd geboten haben.73 Dort, im west-
lichen Wienerwald, verkehrten – vorwiegend an den Wochenenden –
u.a. der Architekt Max Fellerer und seine Frau, die Bühnenbildnerin
Erni Kniepert, Max Fellerers Bruder, der Rechtsanwalt Josef Fellerer und
seine Frau Ike, der Arzt Alexander („Sándor“) Hartwich und seine Frau
69 Dubrovic: VeruntreuteGeschichte, S.50.
70 Zu Inngraf sieheS.224,Anm.zuBlümerl.
71 ZudenMitgliederndiesesKreises sieheweiteruntenS.47undKap. 6.6.3.
72 Dubrovic:VeruntreuteGeschichte, S.121.Weniger „grandseigneural“ empfandLernets
Erscheinung – der ebenfalls im „Herrenhof“ verkehrende – Heimito von Doderer: „[...]
er lümmelt sich in jedenSatz,deneinAnderer sagt,mittenhineinmitdenEllenbogen
[...], undwosich ihmdieGefahrnähert, dassdieUnterhaltungkonventionelleoder
bildungsmäßigeEbenenverlassen, in’sDefinitorischegeratenundfür ihnzurunwillkom-
menenPrüfungwerdenkönnte,dortblödelt er sofort [...] undmitunteraufgeradezu
gewaltsame Art“ (Heimito von Doderer: Commentarii 1957 bis 1966. Tagebücher aus
dem Nachlass. Zweiter Band. Hrsg.v. Wendelin Schmidt-Dengler. München: Biederstein
Verlag1986,S.210[11.12.1959]).Dernurein JahrältereDodererwiederumdürfte
Lernetumdessen„eleganteSouveränität“beneidethaben: „Er [Lernet-Holenia,C.D.]
strahlte die stumme und mühelose Sicherheit aus, daß ihm jede Dame verfallen würde
(was sehroft stimmte), erkonnte jedeGesellschaftmithinreißendenErzählungen in
seinenBannziehen[...]undsprühtevorWitzund Ironie,die sichauch–andersalsbei
Doderer – häufig gegen ihn selbst richten konnte“ (Wolfgang Fleischer: Das verleugnete
Leben.DieBiographiedesHeimito vonDoderer.Wien:Kremayr&Scheriau1996,S.398).
73 Zum Haus in Hochrotherd siehe ausführlich Kap.6.6.3. Bilder aus dem Archiv von Lotte
Swecenys Nichte Barbara Netscher zeigen einige Mitglieder des Freundeskreises bei der
„Jause“oderbeimLesen inHochrotherd (sieheAbb. 14und 15).
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Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
Briefe 1938-1945
- Titel
- Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
- Untertitel
- Briefe 1938-1945
- Autor
- Christopher Dietz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78887-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 468
- Kategorien
- Weiteres Belletristik