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2 Einführung
Trude,derbereits erwähnte InnenministeriumsbeamteAlexander Inn-
graf sowiederArchitektHansA.Vetter.74 DassLernet-Holeniaallerdings
zu „denengstenFreundendesHauses inHochrotherdzählte“,75 kann
imNachhineinbezweifeltwerden:EsdürftewohldieVerbindung,dieer
in den Jahren 1938 bis 1943 zur Hausherrin Lotte Sweceny pflegte, die
einzige „enge“gewesensein–zumindest indiesenJahren.
Fest steht, dass Lernet-Holenia am 15. Juli 1938 aus St.Wolfgang
seinenvermutlicherstenBrief anLotteSwecenyschreibt –zumindest ist
dieser Brief das früheste im Stein-Familienarchiv (im Weiteren: SteinFA)
überlieferte Poststück zwischen den beiden. Lernet arbeitet an einem
Roman,vermutlichdemTrauminRot; dieArbeit geht zähvoran.Wohl
auf eine vorangegangene Frage Lottes Swecenys hin erklärt er ihr die
Herkunft seinesNamensLernet, indemer seineFamilie väterlicherseits
auf René I. von Anjou zurückführt. Auch von bevorstehenden Waffen-
übungen istdieRedeunddavon,dass er, Lernet, ja eigentlichweniger
Schriftsteller als vielmehr Soldat sei. Bereits in diesem ersten, an sich
eherbelanglosenBrief klingen zwei zentraleThemen imLebenLernets
an: die diffuse Konstruktion einer adeligen Herkunft und die Gering-
schätzungdereigenenschriftstellerischenArbeit –Letzteredurchzieht
auchdieBriefeanLotteSwecenywieein roterFaden.
Dem Freund Carl Zuckmayer gegenüber hat Lernet-Holenia einmal
behauptet: „Ich bin kein eigentlicher Briefschreiber, sonst würde ich
Dir was Langes schreiben.“76 Es verwundert doch ein wenig, dass je-
mand,derTausendevonBriefenhinterlassenhat, vonsichbehauptet, er
sei „keineigentlicherBriefschreiber“.MancheFiguren inLernetsWerk
habenebenfalls einzwiespältigesVerhältnis zumSchreibenundLesen
von Briefen: „Denn einen wirklichen Brief schriebe man nur, wenn man
sicher sei, daß er den Empfänger nie erreiche, oder daß der ihn zum
mindestennicht läse“,77 sagt etwaGrafMaltravers; sowohl inDieAuf-
74 Im Übrigen war Lernet-Holenia bereits in Hochrotherd gewesen, als das Haus noch
AnnaFreudgehörthatte, anlässlicheinerLesungThomasMannsnämlich (vgl.Rocˇek:
DieneunLeben, S.200).
75 Dubrovic:VeruntreuteGeschichte, S.263.VorallemderHausherrWalterSteinpflegte
eindistanziertes Verhältnis zumGeliebten seinerSchwester: Er sahdessen Nonchalance
nicht gerne und forderte den häufig im Morgenmantel auftretenden Lernet mehr als
einmalauf: „Du,Dichterfürst, ziehdichan!“ (MarkusF.Stein:PersönlicheMitteilungan
denVerfasser [Tonbandprotokoll].Wien.16. Juli 2009).
76 Lernet-Holenia/Zuckmayer: Briefwechsel, S.28 (Brief vom3.März1934).
77 Alexander Lernet-Holenia: Die Auferstehung des Maltravers. In: Die Auferstehung des
Maltravers. Die Abenteuer eines jungen Herrn in Polen. Ich war Jack Mortimer. Beide
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Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
Briefe 1938-1945
- Titel
- Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
- Untertitel
- Briefe 1938-1945
- Autor
- Christopher Dietz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78887-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 468
- Kategorien
- Weiteres Belletristik