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2.2 Bedeutung fürBiografieundWerk
9. Jänner ist vielleicht einbißchen lang, aber manwird ja sehen u.
es ist gut, daßmanwiederPlänemachenkann.90
Lotte Sweceny schlägt Lernet-Holenia vor, sie zu begleiten. Man ist nach
wie vor per Sie; Lotte Swecenys Mann Otto ist mit Lernet-Holenia be-
kanntundseineEhevonLiberalität –auch ineroticis –geprägt,91 von
seinerSeitewirdkeinWiderstandgegendiesesVorhabenzuerwarten
gewesen sein. Lernet-Holenia reagiert begeistert: „Ich führe schrecklich
gerneam8. JännermitderMilwaukeeaufdieAmerikareise.Könnten
Sie’smöglichmachen, sowäreesbezaubernd!“ (S.92)Eswurdemög-
lich: Am 8. Januar 1939 schiffen sich die beiden in Hamburg auf der
M.S. Milwaukee zu einer Kreuzfahrtnach Mittel- und Nordamerika ein;
dennächstenüberliefertenBrief (Nr.14) schreibt Lernet-Holenianach
seinerRückkehrvonderReiseausSt.Wolfgangdannbereits an „Liebe
Lotte,meinHase“.
Lernet-Holenias Biograf Roman Rocˇek hat einige Hinweise darauf
zusammengetragen,dassLernet-HoleniadieseReiseauchalsMöglich-
keit betrachtete, sich am Vorabend des Zweiten Weltkriegs aus dem
DeutschenReichabzusetzen: ImGepäckhat er eineAbschrift desTraum
in Rot, den er in Hollywood lancieren will,92 außerdem hätten sich,
so Rocˇek, Freunde Lernet-Holenias ihm gegenüber dahin gehend ge-
äußert.93 Lernet selbst hat in seinem autobiografischen Text mit dem
bezeichnenden Titel „Ein Ariernachweis“ seine nicht erfolgte Emigration
soerklärt:
Lernet-Holenia wäre zwar mit der gleichen Ergebenheit in den
Willen Gottes ein Nichtarier gewesen, mit der er ein Arier war, aus
einer Art von Bequemlichkeitsgründen aber bekannte sich dieser
Lernet-HoleniadennochzumAriertume.Hätteerallerdingsgewußt,
welcheaußerordentlichenUnannehmlichkeiten ihmdadurch, ins-
besondere auf militärischem Gebiet [...] erwachsen würden, er
hättees sichvielleichtüberlegtundwäreemigriert. Soaber,weil
90 LotteSweceny:UndatiertesBriefkonzeptanAlexanderLernet-Holenia (SteinFA).
91 Vgl.Kap.6.6.2.
92 Rocˇek:DieneunLeben, S.216.
93 Annie Lifczis, Eduard von Hebra und Albrecht Joseph (vgl. ebd., S.388, FN 27). An
Zuckmayer schriebLernetanlässlichvondessenEmigration: „BeklageDeinSchicksal
nicht [...], ich beneide Dich darum. Du wirst die Welt sehen, deren Gesetz die Ver-
wandlung ist, Du wirst in einer neuen Welt ein neuer Mensch sein. Verwandle Dich!
VerwandleDich!Nur inderVerwandlung ist Leben“ (Zuckmayer:Alswär’s einStückvon
mir, S.105).
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Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
Briefe 1938-1945
- Titel
- Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
- Untertitel
- Briefe 1938-1945
- Autor
- Christopher Dietz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78887-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 468
- Kategorien
- Weiteres Belletristik