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2.2 Bedeutung fĂĽrBiografieundWerk
Luna) seinachdemKrieg „einerderersten[gewesen], auchwenndie
Literaturwissenschaft ihm selten die Ehre erweist, es anzuerkennen“.278
Mit Germanien hat Lernet sich nach 1945 – seinem oft einseitig inter-
pretiertenDiktum,man„brauche[]nurdort fortzusetzen,wounsdie
Träume eines Irren unterbrochen haben“279, zum Trotz – positioniert.
Eindeutigkeit ist von ihmauchhiernicht zuhaben, esgibt jedochgute
Gründe,dasdarinenthaltene „Bekenntnis [...]undseinenAutorernst
zunehmen“,280 alsdichterischenAusdruck seinerauch indenBriefen
an Lotte Sweceny immer wieder anklingenden, gegenĂĽber Friedrich
Torberg explizit geäußerten Überzeugung, „daß offenbarauch der Krieg,
mit all seinen Zerstörungen, nur ein sichtbares Zeichen der inneren
Zerstörunggewesen ist“.281
Wo Lernet sich selbst verortete, worin er seine Rolle sah, ist nicht mit
letzterGewissheit zu sagen.Amehesten trifft auf seinePosition inden
Jahren 1938–1945 wohl das zu, was er Philipp Branis in Der Graf von
St.Germain – trotzig und ernüchtert zugleich – sagen lässt: „Ich bin,
wenngleich ich fürniemandenetwashabe tunkönnen,wenngleich ich
nichts als geschriebenhabe, gebliebenbis jetzt.“282
278 Barrière:EinRitter vonder traurigenGestalt?, S.187.
279 Alexander Lernet-Holenia: GruĂź des Dichters [Ausschnitt]. In: Thomas HĂĽbel/Manfred
MĂĽller (Hrsg.): Die Lust an der Ungleichzeitigkeit (zuerst in: Der Turm. Monatsschrift fĂĽr
österreichischeKultur1. Jg.Heft4/5[1945/46],S.109).Wien:Zsolnay1997,S.60.
Die Aussage von Germanien sei diesem Diktum „in seiner Grundstimmung diametral
entgegengesetzt“, soManfredMüller (ManfredMüller:EinVersuch,einStaatsdichter zu
sein. Alexander Lernet-Holenia 1945–1955. In: Thomas Hübel/Manfred Müller/Gerald
Sommer [Hrsg.]: Alexander Lernet-Holenia. Resignation und Rebellion. „Bin ich denn
wirklich,was ihr einstwart?“BeiträgedesWienerSymposions zum100.Geburtstagdes
Dichters [Studies in Austrian Literature, Culture And Thought]. Riverside, CA: Ariadne
Press2005,S.219–237,hierS.233).
280 Strigl: ÜberdasZeitgemäßeanLernets „Germanien“, S.86.
281 Alexander Lernet-Holenia: Brief an Friedrich Torberg. 21. Feb. 1946 (zit. nach Friedrich
Torberg: In diesem Sinne ... Briefe an Freunde und Zeitgenossen. Mit einem Vorwort
von Hans Weigel. [Gesammelte Werke in Einzelausgaben, Bd. Bd. XII]. München–Wien:
LangenMĂĽller1981,S.201f.).
282 AlexanderLernet-Holenia:DerGrafvonSt.Germain(DiephantastischenRomane).Wien–
Hamburg: Paul Zsolnay Verlag 1977, S.258f. – freilich ohne die (selbst)mörderische
Konsequenz, die Branis zieht, indem er seinen Wagen absichtlich in die vom „Anschluss“
trunkene Menge fährt und schließlich von „den ihrem gesunden Rechtsempfinden
folgendenVolksgenossenanOrtundStellederVergeltungzugeführt“wird(ebd.,S.262).
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Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
Briefe 1938-1945
- Titel
- Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
- Untertitel
- Briefe 1938-1945
- Autor
- Christopher Dietz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78887-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 468
- Kategorien
- Weiteres Belletristik