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3 Briefe
einen | Dekadenten zu halten, und für antiquiert, aber das ist natürlich
Quatsch. Wenn von uns längst nichts mehr sein wird, wird er immer
noch sein. Ich zweifle nicht, dass dieses Buch zu denen gehört, die mich
ammeistenbeeinflussthaben,und ich lesees sogar jetztnochhinund
wieder,wenngleich ich sonst garnichtsmehr lese.
Nun, liebeLotte, allesSchöneundGute,undschreibenSiemir,wiees
Ihnen geht. Nun ist’s ja schon die Mitte des Sommers, und bald ist er zu
Ende,undsoGottwill, sehenwirunsbaldwieder.
Ihr
Le.
4)VonMariaCharlotteSweceny,o.O. [Wien],o.D. [Anfang
August1938]
LieberRenatus,
Ich freue mich sehr daß Sie mit Ihrer Arbeit zufrieden sind, um so
mehr, als Herr von Dressel (heißt er so?) noch weniger günstiges von
Ihnen berichtet. Hoffentlich geht es so weiter, von einigen notwendigen
Schwankungenkannman jaabsehen.Gibt eseineMöglichkeit,micham
Entstehen Ihres Buches teilhaben zu lassen? Ich wüßte gerne womit Sie
beschäftigt sindundwasSie sagen;aucherwarte ichviel vondemBuch,
wennes Ihrer eigenenKritikStandhält.
DerDorianGray interessiertmichsehr, einstweilen, ichbinnochnicht
zuEnde, fälltmir auf, daßzuallemPositiven,daß[sic!]darüber zu sa-
gen ist,mich eines stört.Allzusehr spricht ausdem Buch: DieWelt sollte
dem maximalen Wohlbefinden des Menschen denkbar gut angepasst
sein. Der Wunsch ist ebenso natürlich wie der Kinderwunsch: einmal
möcht ichSchlagobersessenbis ichzerplatze.MitderFähigkeitmehr
als nur den Augenblick zu fühlen, mit dem Denken haben wir solche
Wünschekorrigiert. Wir erkennendaßdas Lebender Wechsel ist; das
was geschieht beim Widerstreit vonGegensätzlichem. Wenn unser ,Ich‘
Behagen will, so wachsen unsere persönlichen Schwierigkeiten. Auch
die Wünsche von Erwachsenen nach allgemeinem Glück oder wie so die
mensch-|lichen Ideal heißen führten letzten Endes zur Vernichtung. (Es
ist dafür gesorgt, daß sie nicht erfüllt werden.) Was wir also, um Fehler
zuvermeiden tunmüssen, istnichtnurzu vermeidensie zuerkennen,
sie respektive das unerfüllte Unerwünschte, das wir so nennen, sondern
zu versuchen Zusammenhänge zu erkennen, ihnen nachzugehen bis
dortwosie sichmitübergeordneten Interessenzusammentreffen.Sol-
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Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
Briefe 1938-1945
- Titel
- Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
- Untertitel
- Briefe 1938-1945
- Autor
- Christopher Dietz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78887-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 468
- Kategorien
- Weiteres Belletristik