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Algorithmuskulturen - Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
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Jonathan Roberge und Robert Seyfert14 thematischen Kalkulationen werden und kristallisieren zugleich Imaginäres, Hoffnungen und Erwartungen: »Insofern sind Algorithmen als eine Unter- form allgemeiner performativer Praktiken zu verstehen, zu denen u.a. Rituale, Narrative und andere symbolische Handlungen zählen«, wie Valentin Rauer es an späterer Stelle in diesem Band so schön ausdrückt (193). Als kontingen- te ›Normalisierer‹ und Stabilisatoren führen sie ein symbolisches Eigenleben, welches – textuellen Artefakten gleich – nur aus ihrem spezifischen Kontext heraus intelligibel wird. Eine Kultursoziologie der Algorithmen solcher Façon ruht auf einem originellen und gleichsam sehr soliden theoretischen Funda- ment. Jeffrey Alexanders Begriffskomposition der »relativen Autonomie« deckt sich durchaus auch mit Lorraine Dastons jüngster narratologischen Untersu- chung des Algorithmus, die sich »spezifische Geschichten und Mythologien […] des Algorithmus« zum Gegenstand macht (2004: 362). So konnte Lucas Introna beispielsweise aufzeigen, wie bestimmte Sets an Algorithmen – Al- gorithmen-Netzwerke oder Algorithmusfamilien – die genutzt werden, um Plagiate aufzuspüren, die althergebrachte Definition dessen brüchig werden lassen, die bestimmt, was als originaler Text gilt. Da Algorithmen dazu in der Lage sind, Kopien über verdächtige Wortketten zu identifizieren, haben Auto- ren ihren Schreibstil an die Funktionsweise der Algorithmen angepasst und verändert. Algorithmen zur Plagiatserkennung sind letztlich also nur dazu in der Lage, »den Unterschied zwischen geschickten Kopierern und ungeschick- ten Kopierern« zu entdecken. Dabei entwerfen die Algorithmen paradoxer- weise performativ ein gekonnt kopierendes Subjekt (als das eines ›Originale‹ fabrizierenden Autors), was wiederum eine ganze Kultur des Handels von Ori- ginalen und Ghostwriter-Dienstleistungen hervorgebracht hat (Introna 2016: 36). Anstatt Algorithmen utilitaristisch als bloße Hilfsmittel zu behandeln, zielt die Erforschung von Algorithmuskulturen auf die Untersuchung bedeut- samer performativer Effekte, welche mit algorithmischen Zugriffen auf die Welt einhergehen: Was tun Algorithmen, was bringen sie kulturell hervor? Wie ge- nerieren sie Sinn aus ihren Umgebungen und den verschiedenen Kategorien, die Menschen nutzen, um die Algorithmen zu deuten? Wie sich herausstellt, besteht einer der hervorstechendsten Punkte dieser Einleitung darin, die Algorithmuskulturen als un multiple zu betrachten. Nick Seaver argumentiert diesbezüglich ganz ähnlich, wenn er vorschlägt, »statt Al- gorithmen-in-der-Wildnis als einsame Objekte zu behandeln […] sollten wir sie möglicherweise als Populationen verstehen, die es stichprobenartig zu unter- suchen gilt« (2014: 6). Algorithmen sind dynamische Entitäten, die sich mit bestimmten Wissens- und Erfahrungsaggregaten auf komplex strukturierte Weisen verweben. Daher besteht ein weiterer vielversprechender Ansatz, diese relative Autonomie und die Mechanismen partieller Einhegung zu verstehen darin, sich der Sprache der Kybernetik zu bedienen (Totaro/Ninno 2014; Be- cker 2009). Feedbackschleifen, Entscheidung qua Klassifikation, fortlaufende
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Algorithmuskulturen Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
Titel
Algorithmuskulturen
Untertitel
Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
Autor
Robert Seyfert
Herausgeber
Jonathan Roberge
Verlag
transcript Verlag
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3800-8
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
242
Schlagwörter
Digitale Kulturen, Medienwissenschaft Kultur, Media studies, Technik, Techniksoziologie, Kultursoziologie, Neue technologien, sociology of technology, new technologies, Algorithmus
Kategorie
Technik
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