Seite - 42 - in Algorithmuskulturen - Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
Bild der Seite - 42 -
Text der Seite - 42 -
Lucas D.
Introna42
seite, kaufe das Produkt oder die Dienstleistung usw. Innerhalb des Geschäfts-
modells der Werbung müssen die Internetnutzer zu Subjekten geformt oder
geeicht werden, die sich leicht beeindrucken lassen. Nun erfordert eine sol-
che Positionierung der Subjekte auch spezifische Regime des Wissens (oder
der Macht), wie man in Anschluss an Foucault (1991) formulieren kann. Das
menschliche Subjekt per se kommt nicht als ein beeindruckbares zur Welt –
Beeindruckbarkeit ist schließlich weder etwas Notwendiges noch stellt sie eine
anthropologische Konstante dar. Solcherart Subjekte müssen erst erschaffen
werden, oder genauer: Sie müssen hervorgebracht werden. Um beeindruck-
bare Subjekte hervorzubringen, bedarf es einer komplizierten Choreographie,
einer Choreographie, in der algorithmische Handlungsträgerschaft eine zu-
nehmend komplexere Rolle spielt. Ich hoffe, diesen Umstand im Folgenden
aufzeigen zu können.
Foucault zufolge existiert eine innige Verbindung zwischen Macht, Wissen
und Subjektivität (Hall 1997). Macht wird relational hervorgebracht, sie ent-
steht im Zwischen und sie ist produktiv. Macht ist nichts Ursprüngliches, son-
dern das Produkt einer fortlaufenden relationalen Positionierung von Subjek-
ten/Objekten innerhalb materiell-diskursiver Praktiken (Barad 2007; Foucault
1978: 94). Solche Positionierungen existieren durch und innerhalb von Wis-
sensregimen. Das Wissen wollen wir an dieser Stelle mit Foucault als etwas
verstehen, das durch eine Reihe von Verfahren, Techniken und Technologien
erzeugt werden kann. Diese Verfahren, Techniken und Technologien wiede-
rum enthalten spezifische Mechanismen der Einschreibung, der Erfassung
und der Berechnung, d.h. verschiedene Arten und Weisen Subjekte/Objekte
zu beobachten und zu codieren. Erst vermittels dieser Bereiche des Wissens
können Subjekte empfänglich für Interventionen und Regulierungen ge-
macht werden – und so auf bestimmte Weisen positioniert und regiert werden
(Foucault 1991). Foucault schließt daraus: Die »Ausübung der Macht erschafft
ständig Wissen und umgekehrt; das Wissen hat Machtwirkungen zur Folge«
(Foucault 2002: 930). Darüber hinaus ist die Macht produktiv, »sie produziert
Wirkliches. Sie produziert Gegenstandsbereiche und Wahrheitsrituale: das In-
dividuum und seine Erkenntnis sind Ergebnisse dieser Produktion« (Foucault
1986: 250). Innerhalb dieser anhaltenden Zirkulation von Macht und Wissen,
wird das Subjekt auf verschiedene Weisen und durch spezifische materiell-dis-
kursive Praktiken hervorgebracht, positioniert und regiert. So werden Schüler
beispielsweise mittels bestimmter Verfahren und Techniken innerhalb ma-
teriell-diskursiver Praktiken als »gut« oder »sich mühend« eingeordnet, d.h.
sie werden positioniert. Man denke hier etwa an IQ-Tests, Lernentwicklungs-
kontrollen oder die Praxis der Unterrichtsbeobachtung. Mit der Zeit werden
solche Positionierungen als selbstverständlich wahrgenommen, sie werden ge-
wissermaßen gültig und geboten, was nichts Anderes heißt, als dass sie zu der
materiell-diskursiven Stellung werden, von der aus das jeweilige Subjekt seine
Algorithmuskulturen
Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
- Titel
- Algorithmuskulturen
- Untertitel
- Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
- Autor
- Robert Seyfert
- Herausgeber
- Jonathan Roberge
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3800-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 242
- Schlagwörter
- Digitale Kulturen, Medienwissenschaft Kultur, Media studies, Technik, Techniksoziologie, Kultursoziologie, Neue technologien, sociology of technology, new technologies, Algorithmus
- Kategorie
- Technik