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Algorithmuskulturen - Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
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2. Die algorithmische Choreographie des beeindruckbaren Subjekts 67 der Tat auch davon aus, dass sich die meisten ohnehin nicht für diese Option entscheiden würden (Curtis 2014). Es scheint insofern ein allgemein beschlos- sener Gesellschaftsvertrag zu existieren nachdem wir im Tausch gegen kosten- freies Internet, alle zu beeindruckbaren Subjekten werden. Man könnte ferner meinen, dass darin auch kein Problem bestünde, da die Nutzerinnen die Werbungen beim Durchqueren der Hyperlinks des Webs einfach ignorieren können. Das heißt, sie können aus der Erzeugung des be- eindruckbaren Subjekts ebenso ›aussteigen‹, indem sie den Werbungen keine Aufmerksamkeit schenken. Im oben besprochen Prodigy-Fall war es möglich das untere Fünftel der Fläche abzudecken und so das Ansehen der Werbeanzei- gen zu vermeiden. Ebenso ist es möglich AdBlock-Anwendungen zu nutzen.27 Webseitenbetreiber argumentieren derweil, dass das »Anschauen von Wer- bungen Teil der Vereinbarung ist, solange sie die Inhalte kostenfrei erhalten wollen« und die Nutzung solcher Programme dementsprechend den »implizi- ten Vertrag bricht« (Mitchell 2014). Darüber hinaus sind Lage und Beschaffen- heit der Werbungen dynamisch und nicht notwendigerweise klar von anderen Inhalten abzugrenzen. Zudem stellt das Ignorieren keine wirklich gangbare Alternative für das bereits beeindruckbare Subjekt dar. Schließlich existiert eine kaum zu überblickende Menge an Forschungsliteratur zum Konsumen- tenverhalten und zur Konsumentenpsychologie und dem was als Priming-Ef- fekt bezeichnet wird. Diese legt nahe, dass dem Maß an selbstbestimmter Ku- ration der Hervorbringung unser selbst als Subjekt durchaus Grenzen gesetzt sind. Die Forschung deutet an, dass der vorherige oder simultane Kontakt zu Bildern und Mitteilungen ein einzelnes Subjekt auf sehr bestimmte Weise her- vorbringen kann. Eine klassische Studie in dieser Hinsicht ist das honesty-box- Experiment (Bateson et al. 2006).28 Das Experiment zeigte, dass unscheinbar in einer universitären Betriebsküche platzierte Bilder mehr oder weniger ehrliche Subjekte hervorbrachten. Die Erzeugung ehrlicher Subjekte vollzog sich in Ab- hängigkeit zu den Bildern (Abb. 2.5), die gezeigt wurden und die abwechselnd Blumen oder Augen zeigten. Es ist bemerkenswert, dass unterschiedliche Au- gen und Blicke eine mehr oder weniger ›ehrliche‹ Belegschaft erzeugen, die entsprechend mehr oder weniger Geld in die Vertrauenskasse legt. Nochmals, es soll damit nicht suggeriert sein, dass die Nutzerinnen überlistet würden 27 | Ad-Blocking ist eine ganz eigene soziomaterielle Assemblage, die hier nicht weiter behandelt werden kann. Hier eine Quelle zur allgemeinen Erläuterung: www.computer- world.com/article/2487367/e-commerce/ad-blockers–a-solution-or-a-problem-.html (zuletzt abgerufen am 20. Februar 2016). 28 | Bei der honesty-box (Vertrauenskasse) handelt es sich um einen Behälter, in den die Teilnehmer (oder Käufer) das geforderte Entgelt für die Ware in Abwesenheit des Verkäufers hinterlassen sollen. Sie basiert auf Vertrauen und auf der Ehrlichkeit der Teilnehmer (Käufer).
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Algorithmuskulturen Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
Titel
Algorithmuskulturen
Untertitel
Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
Autor
Robert Seyfert
Herausgeber
Jonathan Roberge
Verlag
transcript Verlag
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3800-8
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
242
Schlagwörter
Digitale Kulturen, Medienwissenschaft Kultur, Media studies, Technik, Techniksoziologie, Kultursoziologie, Neue technologien, sociology of technology, new technologies, Algorithmus
Kategorie
Technik
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