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Algorithmuskulturen - Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
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2. Die algorithmische Choreographie des beeindruckbaren Subjekts 69 zu entwerfen. Wir haben es mit einem Vorgang zu tun, den Foucault als Sub- jektivierung beschreibt: »Subjektivierung ist ein Internalisierungsprozess, der die Entscheidung für einen be- stimmten Subjekttypus beinhaltet […] Es handelt sich um eine von einem menschli- chen Wesen ausgeführte Aktivität, das als wissendes Subjekt auftritt; beispielhaft wäre ein Subjekt, das sich selbst der Wahrheitszirkulation von [Marken] aussetzt.« (Skinner 2013: 908f.) In diesem Sinne ist die Korrespondenz zwischen Subjekt und Werbung nichts Vermeidbares, sondern etwas aktiv und explizit als informational capital An- genommenes. Es sind verfügbare Mittel, die die Subjekte zur Formung ihres begehrten Selbst, wenn möglich, einsetzen. So verstanden sind die auf dem Bildschirm erscheinenden Werbungen nicht ›nur‹ Werbungen, sie sind gleich- zeitig Anregungen zu dem Subjekt, das ich werden will – insofern die indivi- duierende Assemblage mich ›richtig‹ entwirft. Sofern ich andererseits Wer- bungen auf meinem Bildschirm zu sehen bekomme, die nicht im Einklang zu dem Subjekt stehen, das ich zu werden glaube, könnte ich einwenden: ›Warum bekomme ich diesen Unsinn zu sehen?‹ Was habe ich getan, die Algorithmen glauben zu machen, dass ich dieser oder jener Typ Person bin? Es ist so, dass die Hervorbringung des Subjekts als beeindruckbares Subjekt auch einen Teil des Entwurfs des Selbst als ein bestimmtes und besonderes Subjekt mittels der sorgsamen Kuration von Assoziationen mit Marken darstellt. Es handelt sich um ein andauerndes Projekt der Subjektivierung, in dem das Subjekt stets beides ist: Abhängiges und Hervorbringendes der materiell-diskursiven Cho- reographie. Im Unterschied zu anderen materiell-diskursiven Praktiken wird Macht und Wissen in der online Werbebranche asymmetrisch produziert, und das ist es, was die Choreographie der Handlungsträgerschaft am Laufen hält. Während die Algorithmen vertrauliches Wissen über das Subjekt besitzen, erfährt das Subjekt relativ wenig von den Algorithmen. Das Subjekt wird fortlaufend posi- tioniert, markiert und Werbungen ausgesetzt, die von algorithmisch-maschi- nell produzierten und für das Subjekt unsichtbaren Kategorien erzeugt wer- den. Das soziomaterielle Ganze bleibt zu großen Teilen eine opake Blackbox und das gilt sogar noch für dessen Gestalter, etwa für die Programmiererinnen von Lernalgorithmen (Ziewitz 2016). An welcher Stelle könnte man Beschwer- de einreichen oder etwas anfechten? Selbst wenn man die Programmiererin- nen anklagen und zur Verantwortung ziehen wollte, würden diese nur darauf verweisen, dass es sich um das Werk autonom prozessierender Lernalgorith- men handele, deren Kategorienbildung lediglich die ihnen zur Verfügung ste- henden Daten reflektiert. Die Erwiderung würde auf die algorithmische Neut- ralität und Objektivität der Kategorienwahl verweisen (Gillespie 2014). Das ist
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Algorithmuskulturen Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
Titel
Algorithmuskulturen
Untertitel
Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
Autor
Robert Seyfert
Herausgeber
Jonathan Roberge
Verlag
transcript Verlag
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3800-8
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
242
Schlagwörter
Digitale Kulturen, Medienwissenschaft Kultur, Media studies, Technik, Techniksoziologie, Kultursoziologie, Neue technologien, sociology of technology, new technologies, Algorithmus
Kategorie
Technik
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