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Algorithmuskulturen - Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
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4. Die Online-Stimmen von Verbrauchern in Form bringen 109 indes auf die Heterogenität verstreuter, subjektiver Beiträge und betont die ent- scheidende Rolle von Algorithmen bei der Konstruktion von bedeutsamen Be- urteilungen, Gesamt-Punkteständen und Rankings (Orlikowski/Scott 2014). Diese Analysen unterstützen die Perspektive breiterer Überlegungen zu kol- lektiver Intelligenz, stellen die ausschlaggebende Rolle von algorithmischer Synthese und Berechnungen generell bei der Aggregation von Subjektivitäten in den Vordergrund und sie legen nahe, dass Beitragende im Großen und Gan- zen isoliert und von irreduzibler Subjektivität geleitet agieren, dass sie, statis- tisch gesprochen, unabhängig voneinander sind. Seit kurzem ziehen webbasierte Plattformen wie OCR-Webseiten die Auf- merksamkeit der Wissenschaft auf sich, weil sie Information organisieren und die Bedeutung von Nutzerbeiträgen herausarbeiten können. Durch das Aggre- gieren und Sortieren der Beiträge mithilfe von selbstentwickelten und oftmals geheimen Algorithmen vermögen diese Webseiten in großem Maß Kultur zu formen (Striphas 2015). Mithilfe ihrer Algorithmen sind sie imstande, in vielen Kultur- und Informationsindustrien Beurteilungen und Vorlieben um- zuverteilen, ohne dass dies demokratisch diskutiert oder angefochten werden könnte (Gillespie 2010; Morris 2015). Obwohl diese Analysen einen ganz ent- scheidenden Punkt ansprechen – nämlich unsere Fähigkeit, darüber zu dis- kutieren, was in unserer Kultur einen Wert hat – tendieren sie doch dazu, von einem geschlossenen und unstrittigen Effekt des Algorithmus’ auszugehen. Aus einer Foucaultschen Perspektive betonen sie die Macht der Webplattfor- men, die Informationen ihrer Nutzer zu organisieren, und betrachten den Al- gorithmus als das Ergebnis einer expliziten Strategie; im Gegenzug werden die Benutzer in erster Linie als passive Subjekte wahrgenommen. In diesem Kapitel versuchen wir diese Perspektive zu modifizieren, indem wir die Rolle der Benutzer bei der Gestaltung algorithmischer Bewertung unterstreichen. Wie Oudshoorn und Pinch (2003) festgestellt haben, spielen Benutzer eine Rolle in der Gestaltung von Technologien; in unserem Fall formt ihr Verhal- ten diese Plattformen auf mindestens zwei Weisen. Erstens interpretieren sie die Informationen, die von der Plattform bereitgestellt werden; sie wählen aus und gewichten auf eine Art und Weise, die von der Seite nicht gänzlich ge- skripted ist. Ihre Interpretationen basieren auf ihrer eigenen Erfahrung und sie haben gute Gründe, sich an die Bewertungsstandards der Seite zu halten (oder eben nicht). Zweitens formen Nutzer die Plattform durch ihre Beiträge, dadurch dass sie wählen, ob sie deren Richtlinien folgen, und dadurch dass sie die Auswirkungen ihrer Handlungen antizipieren. Daraus folgt, dass die ›algo- rithmische‹ Bewertung von der Seite und ihren Nutzen gemeinsam produziert wird – in einem Zusammenspiel, das nicht als reine Passivität und Entfrem- dung ausgelegt werden kann. In Anlehnung an MacKenzie (2011, 2014) lassen sich die Interpretationsschemata und Praktiken, die von Nutzern rund um die Webseite entwickelt werden, als »Bewertungskultur« bezeichnen.
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Algorithmuskulturen Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
Titel
Algorithmuskulturen
Untertitel
Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
Autor
Robert Seyfert
Herausgeber
Jonathan Roberge
Verlag
transcript Verlag
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3800-8
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
242
Schlagwörter
Digitale Kulturen, Medienwissenschaft Kultur, Media studies, Technik, Techniksoziologie, Kultursoziologie, Neue technologien, sociology of technology, new technologies, Algorithmus
Kategorie
Technik
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