Seite - 117 - in Algorithmuskulturen - Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
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4. Die Online-Stimmen von Verbrauchern in Form bringen 117
die von der Seite auch aufgezeichnet werden. Aber es stimmt auch für TripAd-
visor, wenngleich nicht so einhellig, dessen Bewertungen aufgrund der schie-
ren Menge an Beiträgern als verlässlich eingestuft werden. Die quantitative
Untersuchung (Beauvisage/Beuscart 2015) kam zu einem ähnlichen Ergebnis:
Obwohl 90 % der Internetnutzer zugeben, dass sie schon einmal eine (oder
mehr) Fake-Rezensionen(en) gesehen haben, glauben 76 %, dass »dies nicht
verhindere, einen guten Eindruck« von der Qualität des Restaurants zu bekom-
men. Das vorherrschende Narrativ lautet demnach: LaFourchette und TripAd-
visor bieten ein befriedigendes Erlebnis und hochgradig verlässliche Urteile.
Zur gemeinschaft beitragen
Man kann in verhältnismäßig kurzer Zeit eine Rezension schreiben, wobei die
Nutzer im Schnitt zwischen fünf und zehn Minuten damit verbringen, in der
Regel noch am gleichen Tag oder am Tag nach der Erfahrung. So gesehen ist
die Erinnerungs-Email, die Nutzer dazu auffordert, nach dem Essen ihre Mei-
nung abzugeben, ein effizientes Mittel, um Nutzer zum Schreiben zu bewe-
gen: mehrere Interview-Partner erwähnten dies als Grund für ihr Mitwirken.
Hinsichtlich ihrer Motivation beschrieben einige Mitwirkende (7 von 33) die
Freude, die ihnen das Schreiben von Rezensionen bereitet. Mehrere Themen
traten dabei zutage: Das Aufschreiben ihrer Meinung verlängere und vertiefe
das Erlebnis des Essengehens; diejenigen, die gerne schreiben, empfinden die
Wahl der richtige Worte an sich schon als Vergnügen; im weiteren Sinn macht
es vielen Spaß, Ratschläge zu geben. Als Beispiele folgen hier einige Auszüge
von Antworten von LaFourchette-Beiträgern, die die Freude am Schreiben und
an der Interessensbekundung an einem Kulturbereich betonen:
»Es gefällt mir sehr. Ich teile wirklich gerne, das macht mich glücklich« (E33); »Es ge-
fällt mir wirklich, ich gebe ständig meine Meinung ab« (E25); »Wir machen es, weil es
Spaß macht, sonst würden wir es überhaupt nicht machen« (E1); »Ich habe große Freude
am Rezensionenschreiben« (E10); »Ja, es macht Freude« (E15); »Es ist unterhaltsam«
(E20).
Im Vergleich zur Forschungslage spielt dieser Aspekt des Vergnügens in unse-
ren Untersuchungen jedoch eine vergleichsweise untergeordnete Rolle. Ein
anderes in der vorhandenen Forschungsliteratur dominantes Motiv, die Suche
nach Anerkennung, fehlt in unserer Untersuchung völlig. Dies lässt sich zum
Teil mit LaFourchettes Seitengestaltung erklären, die zum Zeitpunkt unserer
Untersuchung keine Charakteristika sozialer Netzwerk-Seiten anbot wie Ver-
linkungen zwischen ›Freunden‹ oder ›Followern‹, Kommentare, Likes, Favo-
riten und so weiter. Aber es beruht auch auf den gesammelten Wahlentschei-
Algorithmuskulturen
Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
- Titel
- Algorithmuskulturen
- Untertitel
- Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
- Autor
- Robert Seyfert
- Herausgeber
- Jonathan Roberge
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3800-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 242
- Schlagwörter
- Digitale Kulturen, Medienwissenschaft Kultur, Media studies, Technik, Techniksoziologie, Kultursoziologie, Neue technologien, sociology of technology, new technologies, Algorithmus
- Kategorie
- Technik