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Algorithmuskulturen - Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
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Valentin Rauer 198 kulturellen Raum für Imaginationen über die Existenz von Sozialität jenseits menschlicher Praktiken. Die Schwärme können zwar selbst ihre Bewegungsrichtung bestimmen, gleichwohl bestimmen weiterhin Menschen, welche Ziele erreicht werden sol- len. Den Weg zum Ziel können sie autonom bestimmen, das Ziel oder das Pro- blem, das gelöst werden soll, nicht. Die menschliche Rolle wird immer weiter von der Steuerung der Maschinen entfernt und beschränkt sich nur noch in der Zielbestimmung des kontrollierenden Monitorings. Die Interobjektivität selbst beruht auf der sensorbasierten Datengenerierung, deren Vernetzung und darauf aufbauenden jeweiligen Steuerungsalgorithmen. Die Autonomie ist also keine Zielbestimmungsautonomie, sondern eine interaktive Situations- autonomie. Die Grenzen dieser Autonomie werden allerdings immer dann diffus, wenn Lernalgorithmen in den Prozeß integriert werden. Lernalgorithmen sind in der Lage, stochastisch und non-linear die Kategorien der zu messen- den Relation selbst aus einer Menge aus Daten zu berechnen, d.h. die zu korrelierenden Kategorien werden nicht mehr extern vorgegeben, sondern selbst aus der Datenwolke errechnet. Welcher menschliche Akteur für diese lernalgorithmisch ermittelten Ergebnisse dann noch verantwortlich wird, ist nicht mehr unmittelbar ersichtlich. Es entsteht eine Verantwortungslücke im Interaktionsnetzwerk, oder wie es im englischen Original heißt ein ›respon- sibility gap‹ (Matthias 2004; siehe auch Arkin 2007). Gleichwohl sind in der Regel die Betreiber einer Maschine für deren Schaden verantwortlich, auch wenn sie den Unfall nicht schuldhaft herbeigeführt haben. Dennoch bleibt ein Rest, wenn die Maschine eine von dem Betreiber nicht vorher absehbare Entscheidung getroffen hat, ob dann nicht doch das Netzwerk der Hersteller und Programmierer oder der Datenträger mitverantwortlich sind. Diese Ver- antwortungslücke bleibt offen. In diesem Sinne werden menschliche Akteure graduell wie es heißt aus dem ›loop‹, d.h. aus dem unmittelbaren Handlungsprozess genommen (Sin- ger 2015). Die Maschinen erscheinen immer humanoider, d.h. menschenähn- licher (Lucas 2013). Doch die algorithmische Autonomie ist und bleibt eine sozial ›zugeschrieben Handlungsträgerschaft‹ (Schulz-Schaeffer 2007). Abge- wandelt formuliert: Wenn Autonomie den Objekten zugschrieben wird, so hat diese Zuschreibung reale soziale Effekte. Dieser Effekt wurde im Zusammenhang mit den öffentlichen Repräsen- tationen von statistisch wahrscheinlichen Zusammenhängen beschrieben. Wenn der Rückgang von Storchpopulationen mit dem Geburtenrückgang kor- reliert, heißt dies nicht, dass der Storch die Babys bringt (Höfera/Przyrembel/ Verlegerc 2004, 88). Ähnlich wirken algorithmisch errechnete Wahrschein- lichkeiten aus Big Data. Auch wenn die Statistik korrekterweise als auf Wahr- scheinlichkeiten basierendes Wissen vorgestellt wird, wirken diese Graphiken
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Algorithmuskulturen Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
Titel
Algorithmuskulturen
Untertitel
Über die rechnerische Konstruktion der Wirklichkeit
Autor
Robert Seyfert
Herausgeber
Jonathan Roberge
Verlag
transcript Verlag
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3800-8
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
242
Schlagwörter
Digitale Kulturen, Medienwissenschaft Kultur, Media studies, Technik, Techniksoziologie, Kultursoziologie, Neue technologien, sociology of technology, new technologies, Algorithmus
Kategorie
Technik
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