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ALJ 1/2015 Eigentumsschutz und Verkehrsschutz bei Kunstgegenständen 5
nalen Abkommen wie etwa den Washington Principles von 1998.6 Dazu treten zahlreiche Regeln
zur Rückführung von ins Ausland verbrachten Kulturgütern.7 Diese öffentlich-rechtlichen Aspekte
werden im Folgenden nur am Rande Erwähnung finden.8
II. Zu den Weichenstellungen des Internationalen Privatrechts
In einem ersten Schritt gilt es, die Weichenstellungen des Internationalen Privatrechts näher zu
beleuchten. Maßgeblich ist dabei aus Sicht der österreichischen Gerichte natürlich das österrei-
chische Internationale Privatrecht. Dieses entscheidet über das auf den jeweiligen Erwerbsvor-
gang anzuwendende materielle Recht.
A. Zentrale kollisionsrechtliche Fragestellungen
Das Internationale Privatrecht ist der Anwendung sachrechtlicher Erwerbsvorschriften vorge-
schaltet. Denn zunächst muss feststehen, welches Sachrecht auf einen konkreten Erwerbsvor-
gang anzuwenden ist. Wenn kein Auslandsbezug erkennbar ist, scheint seine Anwendung ent-
behrlich, so etwa, wenn eine Österreicherin ein in Wien gemaltes Gemälde österreichischer
Landschaften innerhalb Österreichs einer anderen Österreicherin verkauft und übereignet. Doch
wenn wir in solchen einfachen Fällen österreichisches materielles Recht anwenden, haben wir die
Entscheidung über das anwendbare Recht implizit getroffen. Bei Kunstgegenständen steht die
Frage nach dem anwendbaren Recht aber oft im Fokus. Der Kunstmarkt ist ein höchst internatio-
nalisiertes Geschäft, für das Staatsgrenzen keine Hürden sind. Zudem kursieren Kunstwerke oft
als Luxusgüter in einem globalen Kreis von Liebhabern. So verlangen Erwerbsvorgänge bei
Kunstgegenständen häufig explizite Antworten des Kollisionsrechts auf die Frage nach dem materi-
ellen Sachenrecht, das über die Eigentumszuordnung und damit den Ausgleich von Eigentums-
schutz und Verkehrsschutz entscheidet.
6 Zu den Washington Conference Principles on Nazi-Confiscated Art Fritsch, Überblick Kunstrestitution in Öster-
reich, in Pfeffer/Rauter (Hrsg), Handbuch Kunstrecht (2014) Rz 10/17; Müller in FS Siehr 150 f; Ernst, JZ 2014, 31 f;
zu internationalen Abkommen Arendholz, Gutgläubiger Erwerb gestohlener Kunstgegenstände, in Hoeren/Holz-
nagel/Ernstschneider (Hrsg), Handbuch Kunst und Recht (2008) 217 (237 ff); Gräwe, Internationaler Kulturgüter-
schutz, in Hoeren/Holznagel/Ernstschneider (Hrsg), Handbuch Kunst und Recht (2008) 355 (355 ff); zum Denkmal-
schutz Anton, Illegaler Kulturgüterverkehr 77 ff; zum Denkmalschutz und zum Kulturgüterschutz als Schnittstelle
zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht Kodek, Divergenz und Konvergenz zwischen allgemeinem Zivilrecht
und öffentlichem Recht im Kulturgüterschutz – Gedankensplitter aus Anlass zweier OGH-Entscheidungen, in FS
Kerschner (2013) 299.
7 BG zur Umsetzung der Richtlinie 93/7/EWG über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines
Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft verbrachten Kulturgütern (Kulturgüterrückgabegesetz), BGBl I
1998/67; BG vom 27. Juni 1969 über die Bereinigung der Eigentumsverhältnisse des im Gewahrsam des Bundes-
denkmalamtes befindlichen Kunst- und Kulturgutes (Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz), BGBl 1971/311;
siehe auch BG über die Rückgabe von Kunstgegenständen und sonstigem beweglichem Kulturgut aus den öster-
reichischen Bundesmuseen und Sammlungen und aus dem sonstigen Bundeseigentum (Kunstrückgabegesetz –
KRG), BGBl I 1998/181; BG vom 15. 5. 1946 über die Nichtigerklärung von Rechtsgeschäften und sonstigen
Rechtshandlungen, die während der deutschen Besetzung Österreichs erfolgt sind (Nichtigkeitsgesetz), BGBl
1946/106; BG vom 26. 7. 1946 über die Rückstellung entzogener Vermögen, die sich in Verwaltung des Bundes
oder Bundesländer befinden (Erstes Rückstellungsgesetz), BGBl 1946/156.
8 Umfassend dazu Anton in M. Weller/Kemle/T. Dreier/Lynen 197 f; Fritsch in Pfeffer/Rauter Rz 10/1 ff; Gräwe in Hoeren/
Holznagel/Ernstschneider 355 ff; Anton, Illegaler Kulturgüterverkehr 489 ff (vor allem aus der Perspektive des
deutschen Rechts); Hartung, Kunstraub 137 ff; Noll, Fortschritt und Versäumnis – Kunstrückgabe in Österreich, ju-
ridikum 2003/1, 31; Rabl, Die Begünstigtenstellung nach dem Kunstrückgabegesetz, JBl 2010, 681; Wilhelm, Ari-
siertes Eigentum verjährt nicht, ecolex 2003, 161.
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Austrian Law Journal
Band 1/2015
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2015
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 188
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal