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ALJ 1/2016 Waldemar Hummer 18
Kommission88 – gewidmet, die allesamt enorme finanzielle Nachteile aufzeigen. So belegt zB die
Studie der Bertelsmann-Stiftung, dass bei einer Wiedereinführung von Grenzkontrollen die Wirt-
schaftsleistung der gesamten EU in einem Zeitraum von zehn Jahren (2016–2025) zwischen 500
Mrd Euro und 1,4 Bio Euro geringer wäre, als ohne Grenzkontrollen.
Nach Schätzungen der Kommission wiederum würde die vollständige Wiederherstellung der
Grenzkontrollen zur Überwachung des Personenverkehrs im „Schengen“-Raum für die Wirtschaft
in der EU – dh für den Güterkraftverkehr, den Personengrenzverkehr, den Fremdenverkehr und
die Binnengrenzverwaltung – unmittelbare direkte Kosten zwischen 5 und 18 Mrd Euro jährlich
verursachen. Das ifo-Institut schätzt diese auf bis zu 15 Mrd Euro. Des Weiteren würde in den 27
EU-Staaten – noch ohne Kroatien berechnet – der Handel um 576,9 Mrd Euro pro Jahr niedriger
liegen.89
Am stärksten würden sich die neuerlichen Grenzkontrollen naturgemäß auf den Straßengüter-
verkehr auswirken, wo mit jährlichen Zusatzkosten zwischen 1,7 und 7,5 Mrd Euro zu rechnen
wäre. Den Staaten wiederum entstünden durch das für die Grenzkontrollen zusätzlich benötigte
Personal Verwaltungskosten in Höhe zwischen 0,6 und 5,8 Mrd Euro sowie weitere Kosten in Milli-
ardenhöhe für Investitionen in die dafür benötigte Infrastruktur. Es würde in diesem Szenario von
aufwändigen Grenzkontrollen aber auch zu einem massiven Rückgang des Tourismus kommen –
die Kommission schätzt in diesem Zusammenhang eine Abnahme der Touristenübernachtungen
in der EU um mindestens 13 Mio – was die Tourismusbranche insgesamt 1,2 Mrd Euro kosten
würde.90
Sollte Österreich Grenzkontrollen am Balkan und auf der Brennerroute einführen, so würde laut
Berechnungen des Münchner ifo-Instituts der gesamte Außenhandel (Importe und Exporte) um
1,5 Mrd Euro sinken und die Wirtschaftsleistung Österreichs (BIP) würde sich um 80 bis 210 Mio
Euro pro Jahr verringern. Würde Österreich hingegen an allen Grenzübergängen wieder Kontrollen
einführen, würden die jährlichen Importe um 6,9 Mrd Euro sinken und das gesamte Handelsvo-
lumen um 14,8 Mrd Euro schrumpfen. Der Handel mit Kontinentaleuropa alleine würde um 8,4
Mrd niedriger sein. Das BIP würde sich um bis zu 1,96 Mrd Euro vermindern.91
Summiert man die Wachstumsverluste bis zum Jahre 2025, so wären allein für die Bundesrepublik
Deutschland Verluste zwischen 77 und 235 Mrd Euro zu erwarten. In Österreich wiederum würde,
im optimistischen Szenario, ein Minus von 14 Mrd Euro, im pessimistischen Szenario hingegen,
sogar ein Minus von bis zu 43 Mrd Euro entstehen.92
Die vorstehend erwähnten Kosten spiegeln vor allem die sich direkt aus den Grenzkontrollen
ergebenen Auswirkungen erster Ordnung wider. Mittelfristig könnten aber die indirekten Kosten
erheblich höher liegen, wobei die Folgen für die Investitionen, die Mobilität uvm gar nicht abzu-
sehen wären.
88 Siehe nochmals die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den
Rat, Zurück zu Schengen – ein Fahrplan; COM(2016) 120 final vom 4. 3. 2016, 2.
89 Felbermayr/Gröschl/Steinwachs, Handelseffekte 12, 61, 69.
90 COM(2016) 120 final, 4.
91 Vgl 2 Mrd Euro Verlust durch Grenzbalken, Tiroler Tageszeitung vom 19. 4. 2016, 17.
92 Teure Grenzkontrollen, Der Standard vom 23. 2. 2016, 1; Teure Rückkehr zu Grenzkontrollen innerhalb Europas,
Der Standard vom 23. 2. 2016, 7; Hohe Kosten bei Schengen-Aus, Die Presse vom 4. 3. 2016, 2.
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Austrian Law Journal
Band 1/2016
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2016
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 110
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal