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ALJ 1/2016 Daniel Heitzmann 25
die Nutzung der Wasserkraft traditionell hoch liegt,4 wird bis 2020 zu einer Steigerung auf 34 %
verpflichtet.5
Zur Erreichung dieser Ziele ist nicht nur ein Umbau der Stromerzeugung vonnöten, es braucht
auch leistungsstarke Netze, um die oft abseits der Verbrauchszentren erzeugte elektrische Ener-
gie aus erneuerbaren Energieträgern – man denke dabei nur an Offshore-Windparks in den nörd-
lichen Meeren oder solarthermische Kraftwerke im Mittelmeerraum6 – in die Zentren des Ener-
gieverbrauchs zu bringen.7 Die mit der Ausnutzung erneuerbarer Energiequellen einhergehende
Schwankung und erschwerte Prognostizierbarkeit der Stromversorgung8 sowie die weiter stei-
gende Nachfrage9 belasten die jetzt schon an ihren physikalischen Grenzen arbeitenden10 Netze
zusätzlich und erfordern massive Investitionen in die Netzinfrastruktur.11
Da die Bewältigung dieser Herausforderungen nicht mehr wie bisher alleine den Netzbetreibern
aufgebürdet werden kann, entschloss sich die Europäische Union, ihre Planungsbefugnisse im
Bereich der transeuropäischen Netze12 verstärkt auszuschöpfen. Die VO zu Leitlinien für die
transeuropäische Energieinfrastruktur13 (TEN-E-VO) legt vorrangige transeuropäische Infrastruk-
turkorridore fest, innerhalb derer Ausbauprojekte zu sog Vorhaben von gemeinsamem Interesse
bestimmt wurden; diesen wird ex lege ein öffentliches energiepolitisches Interesse zuerkannt,
ihre Genehmigungsverfahren sind beschleunigt und konzentriert bzw koordiniert durchzufĂĽhren.
Diese europarechtliche Vorgehensweise legt erstmals eine Ebene staatlicher Planung auf das
österreichische Starkstromwegerecht, das sich bisher weitgehend auf die Genehmigung von durch
Vorhabenträger14 geplanten Netzausbauprojekten beschränkte. Die Auswirkungen der TEN-E-VO
auf nationale Genehmigungsverfahren werden im am 24. 2. 2016 in Kraft getretenen Energie-
Infrastrukturgesetz15 ausgestaltet. Neben der verfahrensrechtlich notwendigen Konkretisierung der
europäischen Vorgaben bringt das Gesetz ein weiteres aus der Sicht des (Fach-)Planungsrechts
4 Dieser Anteil betrug im Jahr 2005, dem Referenzjahr fĂĽr die EU-Zielsetzung, bereits 23,3 % des Bruttoendener-
gieverbrauchs, vgl Anhang I RL 2009/28/EG vom 23. 4. 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneu-
erbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG,
ABl L 2009/140, 16; zur weiteren Entwicklung siehe BMWFJ/BMLFUW (Hrsg), Energiestrategie Ă–sterreich (2010) 21.
5 Siehe Anhang I RL 2009/28/EG ABl L 2009/140, 16.
6 Vgl Hermes, Planung von Erzeugungsanlagen und Transportnetzen, in Schneider/Theobald (Hrsg), Recht der Ener-
giewirtschaft4 (2013) 329 (Rz 2).
7 Vgl Austria Power Grid AG, Masterplan 2030 (2013) 15 f, abrufbar unter https://www.apg.at/de/netz/netzausbau/
masterplan/ (abgefragt am 7. 3. 2016).
8 Vgl Austria Power Grid AG, Masterplan 2030 (2013) 16 f.
9 Vgl ENTSOE, Ten-Year Network Development Plan 2010-2020 (2010) 11, abrufbar unter https://www.entsoe.eu/
major-projects/ten-year-network-development-plan/tyndp-2010/ (abgefragt am 7. 3. 2016).
10 Vgl Europäische Kommission, Mitteilung „Vorrangiger Verbundplan“, KOM(2006) 846 endg 5.
11 Die Kommission bezifferte den Investitionsbedarf in die Energietransportnetze bis 2020 mit rund 200 Mrd Euro;
vgl Europäische Kommission, Mitteilung „Energieinfrastrukturprioritäten bis 2020 und danach – ein Konzept für
ein integriertes europäisches Energienetz“, KOM(2010) 677 endg 9.
12 Art 170–172 AEUV.
13 VO (EU) 347/2013, ABl L 2013/115, 39.
14 Der Begriff „Vorhabenträger“ bezeichnet gem Art 2 Z 6 TEN-E-VO „a) einen Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetz-
betreiber oder Verteilernetzbetreiber oder sonstigen Betreiber oder Investor, der ein Vorhaben von gemeinsamem
Interesse entwickelt oder b) im Falle mehrerer Ăśbertragungs- bzw. Fernleitungsnetzbetreiber, Verteilernetzbe-
treiber, sonstiger Betreiber, Investoren oder einer Gruppe dieser Akteure, diejenige Einrichtung mit Rechtspersön-
lichkeit nach dem geltendem nationalen Recht, die durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen ihnen benannt
wurde und die befugt ist, im Namen der Parteien der vertraglichen Vereinbarung rechtliche Verpflichtungen ein-
zugehen und für sie die finanzielle Haftung zu übernehmen“; siehe auch die beinahe wortgleiche Formulierung
in § 4 Abs 1 Z 5 E-InfrastrukturG (siehe FN 15).
15 Bundesgesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) 347/2013 zu Leitlinien für die europäische Infrastruktur
(Energie-Infrastrukturgesetz – E-InfrastrukturG), BGBl I 2016/4.
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Austrian Law Journal
Band 1/2016
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2016
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 110
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal