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ALJ 1/2016 Transeuropäische Netze: Staatliche Planung im österreichischen Starkstromwegerecht 26
bemerkenswertes Instrument in das Recht der Errichtung von Stromnetzen ein – die schon länger
von mehreren Seiten geforderte16 Möglichkeit der Trassensicherung für Energieleitungsbauten.
Der vorliegende Beitrag soll einen Überblick über die Inhalte der TEN-E-VO sowie des österrei-
chischen Energie-Infrastrukturgesetzes bieten sowie die Auswirkungen der transeuropäischen
Netzplanungen17 auf das österreichische Starkstromwegerecht darstellen. Im Anschluss sollen
die aus planungsrechtlicher Perspektive besonders interessierende Neuerung der EinfĂĽhrung
eines Trassensicherungsinstruments fĂĽr Vorhaben von gemeinsamem Interesse und daran an-
knĂĽpfende verfassungsrechtliche Fragestellungen aufgegriffen und diskutiert werden.
II. Die TEN-E-VO
A. Primärrechtlicher Rahmen
Primärrechtliche Grundlage der Unionsplanungen sind die Art 170–172 AEUV, wonach die Union
zum Auf- und Ausbau transeuropäischer Verkehrs-, Telekommunikations- und Energienetze bei-
trägt und dabei auf den Verbund und die Interoperabilität der einzelstaatlichen Netze sowie den
Zugang zu diesen zielt.18 Damit sollen vor allem „Flaschenhälse“ zwischen den Netzen ausge-
merzt sowie deren technische Kompatibilität hergestellt werden, um das Funktionieren eines
europaweiten Strommarkts zu ermöglichen.19 Zur Erreichung dieser Ziele werden in „Leitlinien“20
die Ziele, Prioritäten und Grundzüge von in Betracht gezogenen Aktionen erfasst und „Vorhaben
von gemeinsamem Interesse“ ausgewiesen.21
Die Netzplanungskompetenz der Union ist von beschränkter Reichweite: Schon Art 170 AEUV
spricht davon, dass die EU lediglich einen „Beitrag“ zum Auf- und Ausbau der Netze leisten darf,
die Zuständigkeit für Planung und Bau der Infrastrukturen liegt weiterhin primär bei den Mit-
gliedstaaten.22 Auch darf die EU nur „transeuropäische“ Netze behandeln, also solche, die für die
Verwirklichung des Binnenmarkts bedeutsam sind;23 das können sowohl Infrastrukturprojekte
mit als auch ohne grenzĂĽberschreitenden Charakter sein, etwa wenn mit ihnen LĂĽcken oder
Engpässe beseitigt werden.24 Des Weiteren unterliegt die TEN-Kompetenz der geteilten Zustän-
digkeit zwischen Union und Mitgliedstaaten,25 die Union darf also gemäß dem Subsidiaritätsprinzip
nur einschreiten, wenn die grenzüberschreitende Funktion und die europäische Bedeutung eines
16 Siehe Rechnungshof, Bericht Bund 2011/8 „Flächenfreihaltung für Infrastrukturprojekte“ (2011) 444 f; ÖROK,
Flächenfreihaltung für linienhafte Infrastrukturvorhaben: Grundlagen, Handlungsbedarf & Lösungsvorschläge
(2013) 151 ff; Austrian Power Grid AG, Netzentwicklungsplan 2015 (2015) 17 f.
17 Die TEN-E-VO behandelt nicht nur die in diesem Beitrag im Fokus stehenden Stromleitungen, sondern auch
Vorhaben in den Bereichen Gas, Erdöl und CO2; vgl Art 1 Abs 2 lit a TEN-E-VO.
18 Dabei sollen va insulare, eingeschlossene und am Rande gelegene Gebiete mit den zentralen Gebieten der Union
verbunden werden; vgl Art 170 AEUV.
19 Schäfer/Schröder in Streinz (Hrsg), EUV/AEUV2 (2012) Art 170 AEUV Rz 19.
20 Zur Charakteristik von Leitlinien siehe Calliess in Calliess/Ruffert (Hrsg), EUV/AEUV4 (2011) Art 170 AEUV Rz 3;
Schäfer/Schröder in Streinz, EUV/AEUV2 Art 171 AEUV Rz 12; Jürgensen, Gemeinschaftlicher und nationaler Grund-
rechtsschutz bei der Realisierung transnationaler Verkehrsnetze (1998) 59 ff; Bogs, Die Planung transeuropäi-
scher Verkehrsnetze (2002) 152 uva.
21 Art 171 Abs 1 AEUV.
22 Vgl N. Raschauer/Sander, Vorfahrt für Energieinfrastrukturprojekte – Vorschlag der Kommission für eine Verord-
nung zu Leitlinien für transeuropäische Energieinfrastruktur, SPRW 2012 VuV A, 9 (11).
23 Schulenberg, Die Energiepolitik der Europäischen Union (2009) 194.
24 Neumann in Lenz/Borchardt (Hrsg), EU-Verträge Kommentar6 (2013) Art 170 AEUV Rn 7.
25 Art 4 Abs 2 lit h AEUV.
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Austrian Law Journal
Band 1/2016
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2016
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 110
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal