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Austrian Law Journal, Band 1/2016
Seite - 56 -
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Seite - 56 - in Austrian Law Journal, Band 1/2016

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ALJ 1/2016 Ermessen im starkstromwegerechtlichen Bau- und Betriebsbewilligungsverfahren 56 B. Abgrenzung nach der Normstruktur (Traditionelle Abgrenzungsdogmatik) Der VwGH103 hat nun in Bezug auf § 7 StarkstromwegeG NÖ ausgesprochen, dass der Behörde bei der Anwendung derselben Bestimmung kein Ermessen eingeräumt ist. Diese Feststellung des VwGH ist vor dem Hintergrund ergangen, dass die entsprechende Bestimmung eine (!) bestimmte Rechtsfolge bei Vorliegen der Bewilligungsvoraussetzungen im Tatbestandsbereich der Norm anordnet (arg „hat“). Die entsprechenden Feststellungen des VwGH lassen sich auch auf die entsprechenden Bewilligungstatbestände der StarkstromwegeG der übrigen Länder sowie auch auf § 7 StWG 1968 übertragen. Die Rechtsauffassung des VwGH baut auf der Überlegung, dass sich der rechtsdogmatische Ermessensbegriff auf gesetzlich vordefinierte Handlungsoptionen im Rechtsfolgenbereich einer Norm beschränkt – ein Konzept, das zwar der traditionellen Ermessensdogmatik und der bis- lang noch nicht ausdrücklich aufgegebenen Auffassung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts entspricht,104 aber in der öffentlich-rechtlichen Dogmatik zumindest abseits der Lehr- buchliteratur in zunehmendem Maße ausdrücklich angezweifelt wird. Dies freilich nicht nur deshalb, weil die Lehre vom Rechtsfolgeermessen schon auf einer unterkomplexen Vorstellung davon beruht, wie sich Recht vollzieht105 und sich dieselben Entscheidungsspielräume aus legisti- scher Sicht zumeist auch problemlos zwischen Tatbestands- und Rechtsfolgenbereich einer Norm verschieben lassen,106 sondern gerade auch weil die Abgrenzung der Letztentschei- dungskompetenzen zwischen Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit nach der Norm- struktur in der Tat noch nicht einmal in der Judikatur des VwGH selbst – und zwar nicht einmal vor dem Hintergrund eines durchgängig konditional-strukturierten Normenprogramms107 – durchgehalten wird. Insofern ist in sinngemäßer Übereinstimmung mit einem immer größer werdenden Teil der österreichischen Lehre108 davon auszugehen, dass die Frage des Bestands eines allfälligen Ermessens der Behörde schon an sich und damit letztlich auch bei der Anwen- dung des § 7 StWG 1968 und der korrespondierenden Bewilligungstatbestände der Stark- stromwegeG der Länder nicht allein aufgrund normstruktureller Überlegungen beantwortet werden kann. 103 VwSlg 18465 A/2012. 104 Dazu etwa Fuchs in Holoubek/Lang 242 f; Kahl/Weber, Allgemeines Verwaltungsrecht5 (2015) Rz 170 („Nach hL ist die Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe von der Einräumung von Ermessen zu unterscheiden.“) Aus der Judikatur siehe zB VwGH 20. 5. 2008, 2006/12/0202: („Insbesondere unterscheiden sich Ermessensentscheidun- gen von der Auslegung unbestimmter Gesetzesbegriffe dadurch, dass in Ansehung der letzteren im Wesentlichen die Präjudizien der zuständigen Gerichte maßgeblich sind.“); aus der Lehrbuchliteratur Mayer/Kucsko-Stadlmayer/ Stöger, Bundesverfassungsrecht11 Rz 575. 105 Jestaedt, Das doppelte Ermessensantlitz. Eine rechtstheoretische Vermessung des administrativen Entscheidungs- freiraums, ZfV 2015, 339 (341). 106 Jestaedt, ZfV 2015, 341. 107 Zum unbestimmten Gesetzesbegriff zB VwSlg 2681 A/1952; VwGH 23. 12. 1955, 3278/53; 27. 6. 1990, 90/18/0044; Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11 Rz 579. Inhaltlich gleichgelagerte Judikate finden sich auch hinsichtlich Abwägungsentscheidungen, die auf Tatbestandsseite einer Norm angesiedelt und an deren Ergebnis eine bestimmte Rechtsfolge geknüpft ist; siehe dazu VwGH 22. 12. 2011, 2008/07/0123; 28. 6. 1993, 93/10/0019; 31. 1. 1994, 92/10/0041; 21. 11. 1994, 94/10/0076; 22. 10. 2012, 2011/03/0112; 24. 10. 2013, 2013/07/0053 (insb Punkt 4.3.). Siehe zu alledem Fuchs in Holoubek/Lang 243 ff, 246 ff. 108 ZB Rill in Kneihs/Lienbacher (Hrsg), Rill-Schäffer-Kommentar zum Bundesverfassungsrecht (1. Lfg, 2001) Art 18 B-VG Rz 62; Potacs, Devisenbewirtschaftung 156; Grabenwarter, Verfahrensgarantien 323; Stoll, Ermessen im Steuer- recht2 (2001) 62 ff, insb 64.
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Austrian Law Journal Band 1/2016
Titel
Austrian Law Journal
Band
1/2016
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
110
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
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