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ALJ 1/2016 Die Internationale Norm ISO 19600 Compliance Management Systems 62
stellt keine Hierarchie in Bezug auf die Wichtigkeit der einzelnen Maßnahmen oder eine zeitliche
Reihenfolge in Bezug auf die Implementierung des Systems dar. Schlussendlich liegt es an der Or-
ganisation selbst, nach Maßgabe der Erfordernisse, aber auch der vorhandenen Ressourcen, selbst
über die Vorgehensweise bei der Einführung und der Aufrechterhaltung des CMS zu entscheiden.
A. Bewertung des Umfeldes und der Compliance Risiken
Hier geht es zunächst darum, die organisatorischen Rahmenbedingungen sowie das rechtliche
Umfeld des Unternehmens zu analysieren und die Compliance-Verpflichtungen zu identifizieren.
Diese können sowohl im Bereich der allgemeingültigen gesetzlichen Verpflichtungen liegen (zB
Korruptionsstrafbestände, Kartellrecht etc), sich aber auch aus etwaigen Bedingungen/Auflagen
eines Lizenzgebers (nur um hier ein Beispiel zu nennen) ergeben.
In Verbindung gebracht mit der Analyse der Stakeholder der Organisation und den Aktivitäten der
Organisation, ergibt sich eine Art Compliance-Risikolandkarte für das Unternehmen. Diese Diagno-
se stellt die Basis für alle weiteren Maßnahmen bei der Einrichtung und dem Betrieb des CMS dar.
Hierbei ist es gängige Praxis, dass sich Organisationen auf eine limitierte Anzahl von Rechtsgebieten
beschränken und Maßnahmen, nur auf jene Regeln konzentrieren, bei denen ein Compliance Ver-
stoß eines Mitarbeiters gravierende Auswirkungen für die gesamte Organisation haben kann.
Die Analyse des Umfeldes und der Compliance-Risiken stellt jedoch keine Einmalmaßnahme dar,
sondern muss regelmäßig durchgeführt werden, um auf veränderte Bedingungen im Umfeld der
Organisation, aber auch auf Veränderungen im eigenen Unternehmen (zB die Produktion eines
neuen Produktes) adäquat reagieren und das CMS anpassen zu können.
B. Führung
Die ISO 19600 legt Wert auf die unterschiedlichen Rollen, Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten
innerhalb des Unternehmens und misst hier vor allem der Unternehmensführung (Vorstand und
Aufsichtsorgane) eine entscheidende Rolle zu. Zu allererst muss die Unternehmensleitung die Ent-
scheidung treffen ein System einzuführen, die Ziele und den Rahmen des CMS festzulegen und die
entsprechenden Ressourcen beizustellen. In Unternehmen kommt es sehr auf Vorbildwirkung an.
Bekennt sich die Geschäftsleitung zu sauberem, rechtskonformem Wirtschaften und damit dazu,
rechtswidrige Praktiken zu verhindern und zu ahnden und lebt sie dieses Bekenntnis auch, dann ist
eine wichtige Voraussetzung geschaffen, dass ein Compliance Management System funktioniert.
Weiters hat die Leitung der Organisation dafür zu sorgen, dass die mit dem Betrieb des CMS beauf-
tragten Personen (üblicherweise werden diese Personen als Compliance Officer bezeichnet) ihre
Aufgaben ungehindert erledigen können und mit den nötigen Ressourcen ausgestattet werden.
C. Systemische Steuerungs- und Kontrollmaßnahmen
Zu den systemischen Maßnahmen, die ein Unternehmen setzen muss, gehören interne Regelwerke
wie ein Verhaltenskodex, Prozessbeschreibungen und Handlungsanweisungen. Diese sind abhän-
gig von den Ergebnissen der Risikoanalyse auszuarbeiten und sollten gezielt in Hinblick auf einzelne
Compliance-Risiken gestaltet sein. In den Ablauf integrierte Kontrollschritte (wie zB ein Vier-
Augenprinzip, Ausgabelimits udgl), die die spezifischen Gefahren, denen das Unternehmen ausge-
setzt ist, adressieren, verringern die Wahrscheinlichkeit von Regelverstößen schon im Ansatz.
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Buch Austrian Law Journal, Band 1/2016"
Austrian Law Journal
Band 1/2016
- Titel
- Austrian Law Journal
- Band
- 1/2016
- Autor
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Herausgeber
- Brigitta Lurger
- Elisabeth Staudegger
- Stefan Storr
- Ort
- Graz
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 19.1 x 27.5 cm
- Seiten
- 110
- Schlagwörter
- Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
- Kategorien
- Zeitschriften Austrian Law Journal