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Austrian Law Journal, Band 1/2017
Seite - 17 -
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ALJ 1/2017 Rechtsschutz gegen Akte der Kriminalpolizei 17 V. Überprüfung der hier vertretenen Ansicht und der hM anhand einschlägiger Verfassungsgrundsätze A. Zum Grundsatz der Trennung von Justiz und Verwaltung (Art 94 B-VG) Die hier vertretene Ansicht, wonach die Sicherheitsbehörden und -organe auch bei der Ausfüh- rung einer staatsanwaltschaftlichen Anordnung für die Staatsgewalt Verwaltung tätig werden, führt zu einer im Hinblick auf den Grundsatz der Trennung von Justiz und Verwaltung (Art 94 Abs 1 B-VG) bedenklichen Konstellation. Die Anordnung der Staatsanwaltschaft stellt, legt man die hier vertretene Ansicht zugrunde, eine gewaltenübergreifende Weisung dar. Eine solche ist nach stRsp unzulässig.62 Die Einhaltung des Trennungsgrundsatzes im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren war bereits bisher Gegenstand ausführlicher Diskussion. Die im vorigen Kapitel widerlegte „Zurechnung kraft Auftrags“ wurde dabei häufig als zulässige Umgehung des Trennungsgrundsatzes angesehen. Ein Verstoß gegen das Verbot gewaltenübergreifender Weisungsverhältnisse wird bei Zurechnung kraft Auftrags aufgrund folgender Argumentation verneint: Das Verwaltungsorgan, das den Auf- trag des Gerichts erhält, wird aufgrund der Zurechnung selbst zum Justizorgan. Der Auftrag ver- lässt folglich nicht die Sphäre der Staatsgewalt Justiz.63,64 Diese Argumentation trifft im Hinblick auf das Verbot gewaltenübergreifender Weisungsverhält- nisse zu. Sie übersieht jedoch, dass das Verbot von gewaltenübergreifenden Weisungen nicht der einzige Gehalt des Trennungsgrundsatzes ist: Die Zurechnung kraft Auftrags führt zum Musterfall einer „Mischbehörde“. Die Verwaltungsbehörde wird aufgrund der Zurechnung kraft Auftrags zeitweise für die Staatsgewalt Justiz tätig. Dies ist nach der bekannten Formel des VfGH, derzufolge Art 94 Abs 1 B-VG es verbietet, „ein und dieselbe Behörde gleichzeitig als Gericht und Verwaltungsbehörde einzurichten“,65 unzulässig. Hierbei handelt es sich um den ursprünglichen und zentralen Gehalt des Trennungsgrundsatzes, der von seiner Ent- stehungsgeschichte her primär auf die Abschaffung der „Gemischten Bezirksämter“ zielte. Die Ver- flechtung von Justiz und Verwaltung durch die Rechtsfigur der Zurechnung kraft Auftrags geht so weit, dass häufig unklar ist, welche Staatsgewalt einschreitet, nämlich wenn fraglich ist, ob über- haupt ein gerichtlicher Auftrag vorliegt, oder wenn fraglich ist, ob derselbe überschritten wird. Die Zurechnung kraft Auftrags führt auch zu Parallelzuständigkeiten von Justiz und Verwaltung: Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren kann die Kriminalpolizei manche Ermittlungsmaßnah- men selbstständig setzen.66 Diese werden dann der Verwaltung zugerechnet. Die Staatsanwalt- 62 VfSlg 5630/1967; 7376/1974; 8157/1977; 9590/1982; 10300/1984. 63 In diesem Sinn VwGH 17.2.1993, 92/01/1113; B. Raschauer, Verwaltungsrecht4 Rz 205; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 (2009) 50; Jabloner, ÖJZ 1978, 534; Kranewitter, Sicherheitsbehörden 40; Thienel, Die Aufgaben der Bundesgendarmerie (1986) 38 f. 64 „… womit sich der Verstoß gegen Art 94 B-VG im Nebel verliert. Die Weisung, obschon unzulässig, immunisiert sich selbst.“ So treffend Wiederin, In allen Instanzen getrennt. Zum Verhältnis von Justiz und Verwaltung am Beispiel des strafprozessualen Vorverfahrens, ÖJZ 2011, 351 (355). 65 VfSlg 1423/1931; 2902/1955; 3916/1961; 11259/1987; 12073/1989; 14076/1995; aus der Literatur vgl Adamovich/ Funk/Holzinger/Frank, Staatsrecht II² Rz 27.018. 66 Das hier geschilderte Problem tritt zB bei der Observation gem § 130 Abs 1 StPO auf, gegen die, falls sie von der Kriminalpolizei selbständig durchgeführt wird, die Beschwerde bei der Datenschutzbehörde (§ 31 DSG) zulässig sein könnte. Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt darf die Kriminalpolizei hingegen nur bei Gefahr im Verzug selbstständig setzen. In dem Fall ist Gefahr im Verzug das – wohl taugliche – Abgrenzungskrite- rium zwischen Verwaltungs- und Justizzuständigkeit.
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Austrian Law Journal Band 1/2017
Titel
Austrian Law Journal
Band
1/2017
Autor
Karl-Franzens-Universität Graz
Herausgeber
Brigitta Lurger
Elisabeth Staudegger
Stefan Storr
Ort
Graz
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
19.1 x 27.5 cm
Seiten
56
Schlagwörter
Recht, Gesetz, Rechtswissenschaft, Jurisprudenz
Kategorien
Zeitschriften Austrian Law Journal
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